Die Autohersteller setzen in ihren Margensystemen wieder verstärkt auf Volumen. Das zeigt eine aktuelle Bestandsaufnahme des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen-Geislingen. Demnach legten die Boni für Absatzvolumen, Marktausschöpfung und Zielerreichung ("quantitative Boni") im Vergleich zur vorangegangenen Studie im Jahr 2011 von 3,0 auf 3,8 Prozent zu. Dagegen nahmen die Boni für Erfüllung von Hersteller-Standards ("qualitative Boni") deutlich ab: von 4,3 auf 3,7 Prozent.
"Der Verdrängungswettbewerb auf dem deutschen Markt ist in vollem Gange. Um hier zu bestehen, müssen die Hersteller ihren Händlern Anreize geben, den Markt aggressiver als in der Vergangenheit zu bearbeiten", erklärte IFA-Direktor Willi Diez am Freitag. Verstärkt werde der Trend noch durch die zahlreichen, zumeist zeitlich befristeten Verkaufsprämien für einzelne Modelle. Der Branchenexperte schätzt deren Höhe auf drei bis fünf Prozent des Listenpreises.
Diez: "Auffällig an der diesjährigen Untersuchung ist daher auch, dass die Nachverfolgung von Kaufinteressenten durch die Händler, das sogenannte Lead-Management, bei vielen Herstellern bonifiziert wird." So würden beispielsweie Händler, die Kundenanfragen innerhalb von 24 Stunden bearbeiten, Zuwendungen von bis zu einem Prozent des Listenpreises erhalten. Darüber hinaus würden die Dokumentation und das Bearbeiten von Interessenten in nahezu allen Margensystemen vergütet.
Der Studie zufolge hat sich die maximal erreichbare Gesamtmarge gegenüber 2011 kaum verändert. Im Schnitt liegt die Handelsspanne bei 19,8 Prozent, vor vier Jahren waren es 19,7 Prozent. Das IFA hatte zum vierten Mal die Margen- und Bonussysteme unter die Lupe genommen. Die 16 untersuchten Marken decken rund 65 Prozent des deutschen Automarktes ab.
Hohe Komplexität
Die Regelungsdichte in den Margensystemen sei insgesamt weiterhin sehr hoch, betonte Diez. "Kaum eine Aktivität des Händlers, die nicht bonifiziert wird." Der Newsletter-Versand würde ebenso finanziell belohnt wie die systematische Marktanalyse und der Einsatz der vom Hersteller empfohlenen Dealer Management Systeme (DMS). Einen breiten Raum nehme nach wie vor auch die Einhaltung von baulichen Standards ein.
Dementsprechend komplex sind die meisten Margensysteme. "Der Aufwand für den Nachweis, dass die bonifizierungsrelevanten Tatbestände eingehalten wurden ist für den Händler ebenso hoch wie der korrespondierende Kontrollaufwand bei den Herstellern", sagte Diez. Er plädiert deshalb für eine Vereinfachung der Systeme. Dadurch seien auf beiden Seiten erhebliche Kosteneinsparungen möglich.
Elektroautos: unattraktive Margen
Erstmals untersuchte das IFA die Margen für Elektroautos. Überraschendes Ergebnis: Mit rund acht Prozent liegt die Gesamtmarge für die Stromer deutlich unter der für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Diez hält dies angesichts des höheren Vermarktungsaufwands für wenig plausibel. "Das erklärt, warum die Händler auch ein geringes Interesse am Verkauf dieser Fahrzeuge haben dürften. Offensichtlich unterstellen die Hersteller, dass bei Elektrofahrzeugen geringere Rabatte eingeräumt werden, so dass die Händler trotz einer niedrigeren Handelsspanne am Verkauf Geld verdienen können." Mittlerweile würden die niedrigen Margen aber teilweise durch Verkaufsprämien aufgestockt. (rp)
2011 | 2014 | ||
Grundrabatt | 11,6 % | 11,8 % | |
Quantitative Boni | 3,0 % | 3,8 % | |
Qualitative Boni | 4,3 % | 3,7 % | |
Sonstige Boni | 0,8 % | 0,5 % | |
Maximale Gesamtmarge | 19,7 % | 19,8 % |
Michael Kühn