Strafzölle, Elektromobilität, Bürokratie: Das Kfz-Gewerbe in Baden-Württemberg schlägt angesichts der enormen Herausforderungen für die Branche Alarm. "Die deutsche Automobilwirtschaft steht vor ihrer größten Transformation seit der Erfindung des Autos. Dafür brauchen wir bessere Rahmenbedingungen", sagte Landesverbandspräsident Michael Ziegler in der vergangenen Woche im Autohaus Südstern-Bölle in Donaueschingen. "Unser Wirtschaftsmotor läuft nicht mehr rund."
In dem Mercedes-Betrieb kamen Kfz-Profis aus Verband und Unternehmen mit Thorsten Frei, dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zusammen, um die aktuellen Probleme zu diskutieren und Lösungsansätze aufzuzeigen. Frei unterstrich: "Die Automobilbranche ist ein Eckpfeiler unserer Wirtschaft. Die aktuellen Entwicklungen geben Anlass zur Sorge." Die Teilnehmenden verwiesen beispielhaft auf den geplanten Stellenabbau bei ZF und Volkswagen sowie auf die Netto-Investitionsabflüsse aus Deutschland von über 300 Milliarden Euro in den vergangenen drei Jahren.
Verlässliche E-Förderung nötig
Im Fokus des Gesprächs standen laut Verbandsmitteilung auch die schwierigen Marktentwicklungen bei Elektroautos. Südstern-Bölle-Vorstand Ingo Engel erklärte: "Der Markt spricht eine klare Sprache: Ohne Subventionen pendelt sich der E-Auto-Anteil bei etwa 15 Prozent ein, getragen vor allem von gewerblichen Kunden. So werden wir die ambitionierten Ziele der Bundesregierung nur schwerlich erreichen. Wir brauchen mehr Technologievielfalt, um die Wünsche der Kundinnen und Kunden bedienen zu können." Ziegler ergänzte: "Zusätzlich brauchen wir eine verlässliche Förderung der E-Mobilität und einen beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur. Planungssicherheit muss für alle Beteiligten gewährleistet sein, um auf dem E-Auto-Markt dauerhaft vorankommen."
Grundsätzlich sei der deutsche Automarkt weiterhin Lichtjahre vom Vor-Corona-Niveau entfernt, so der Verbandschef weiter. "Und aktuell trifft der Rückgang bei Ausrüstungsinvestitionen unsere Branche ins Mark. Jeder nicht gekaufte Firmenwagen ist ein Schlag für unsere Betriebe und die gesamte Wertschöpfungskette." Das habe auch strukturelle Auswirkungen. "Wenn die europäischen Hersteller schwächeln und gesamtwirtschaftlich die Investitionen zurückgehen, schadet das auch den Händlernetzen im Kfz-Gewerbe", stellte Ziegler klar.
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Zu bedenken gab der Branchenvertreter außerdem, dass in Deutschland immer weniger Autos gebaut würden: "Wir sehen innerhalb weniger Jahre einen Rückgang von 5,7 Millionen Einheiten im Jahr 2017 zu 4,1 Millionen in 2023. Das geht zu Lasten des Wirtschaftsstandortes. Wir sind mitten in einer Deindustrialisierung mit allen negativen Folgen für Handwerk und Mittelstand." Besonders kritisch äußerten sich die Gesprächspartner zu den Strafzöllen in der EU auf chinesische Produkte. Ziegler sprach von einem "Eigentor für den Automobilstandort Deutschland". Man müsse die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken, nicht den Markt abschotten.
Ein Dauerbrenner-Thema im Kfz-Gewerbe bleibt der Abbau bürokratischer Hürden. "Unsere Betriebe ächzen unter der Last von Überregulierung und ausufernder Bürokratie", sagte Hauptgeschäftsführer Carsten Beuß mit Blick auf Doppelprüfungen bei der technischen Fahrzeugüberwachung, Geldwäscheprävention und Datenschutzauflagen. "Die Unternehmer wollen das nicht mehr. Wir haben diesbezüglich längst einen Kipppunkt erreicht." Nur noch ein kleiner Teil derjenigen, die aktuell eine Meisterprüfung ablegten, wolle einen Betrieb gründen oder übernehmen. Beuß: "Die Rahmenbedingungen mit viel Bürokratie, langen und komplizierten Verfahren und hohen Steuern schrecken zunehmend ab."
Enger Dialog und ganzheitliche Strategien
Nach dem rund zweistündigen Austausch betonten beide Seiten die weitgehende Übereinstimmung in den diskutierten Themen und die Notwendigkeit eines weiterhin engen Dialogs zwischen Politik und Wirtschaft. Frei resümierte laut Verband: "Dieses Gespräch hat mir verdeutlicht, wie zentral das Kfz-Gewerbe für unsere Wirtschaft ist. Wir müssen die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft insgesamt, aber auch für diese Schlüsselbranche verbessern." Dazu gehöre auch eine Senkung der Steuerlast auf internationales Durchschnittsniveau für Unternehmen und die Entlastung der Arbeitnehmer, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu beleben. Er fügte hinzu: "Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie, die Innovationen fördert, Bürokratie abbaut und gleichzeitig die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt."