Dem Kfz-Gewerbe Baden-Württemberg bereitet die Stimmungsmache gegen das Automobil in Deutschland und Europa zunehmend Sorge. "Die Hatz auf das Auto muss aufhören", sagte Landesverbandspräsident Michael Ziegler am Donnerstag bei der Online-Delegiertenversammlung der Organisation. "Wir brauchen Klimaschutz, das ist keine Frage. Aber wir müssen ihn so organisieren, dass wir einen deutlichen Nutzen fürs Klima haben und ökonomisch vertretbar handeln."
Der Ausbau der Batterieelektrik sei zwar sinnvoll, aber nur, wenn zum einen das Stromladenetz in gleicher Geschwindigkeit ausgebaut und zum anderen der Strommix zügig in Richtung erneuerbarer Energien verändert werde, so der Branchenvertreter. Hinsichtlich beider Punkte gebe es insbesondere auf der Zeitschiene der Implementierung noch ungelöste Fragen. Ziegler: "Man muss für schnelle Klima-Erfolge beim Bestand ansetzen und da sind synthetische Kraftstoffe das Mittel der Wahl." In der Folge könnten dann Hybride, reine Stromer und Brennstoffzellen den Markt durchdringen.
In diesem Zusammenhang plädierte Ziegler für eine "strikte Technologieoffenheit" bei der Motorentechnik künftiger Autos. Synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff und Batteriemobilität müssten gleichberechtigt nebeneinanderstehen, erklärte Ziegler. Oberstes Ziel müsse es sein, den Wettbewerb und die individuelle Mobilität zu garantieren, letztere sei "für die Menschen ein hohes Gut und unersetzlich".
Green Deal führt weg vom Wettbewerb
Ziegler ging auch auf den Fahrplan der EU-Kommission zur Klimaneutralität ein. Es zeichne sich ab, "dass der 'Green Deal' auf verschiedenen Ebenen der EU dazu genutzt werden soll, die Entwicklung in Richtung batterieelektrischer Autos zu treiben". Die jüngst über die Medien aufdeckte Euro-7-Strategie sei dabei nur ein Teil: "Wenn diese 2021 so umgesetzt wird wie berichtet, dann ist das ein Verbrennerverbot durch die Hintertür, dabei bleibe ich." Das Vertrauen des Verbandes in eine Technologieoffenheit auf Seiten der EU-Kommission sei nicht nur durch die Euro-7-Diskussion erschüttert.
Bei der virtuellen Versammlung kamen außerdem die Vorgaben für die Kreditvergabe durch Banken zur Sprache, die auf EU-Ebene derzeit fortentwickelt werden. "Wenn auf der Basis von Basel IV und der Taxonomie-Verordnung Kredite knapper und gleichzeitig nur noch grüne, sprich batterieelektrische Autos finanziert werden, wird unser technologieoffenes Geschäftsmodell von allen Seiten in die Zange genommen", unterstrich Ziegler. Autohäuser verkauften den Kunden die Autos, die diese haben wollen. Und weiter: "Ich sage, dass wir dieses Modell verteidigen wollen. Ich sage aber auch, dass sich unsere Betriebe darauf einstellen müssen, dass ihnen von der Politik vorgeschrieben wird, was den Kunden zu gefallen hat, wenn der Green Deal weiter den Weg weg vom Wettbewerb einschlägt."
Vor diesem Hintergrund forderte Ziegler eine starke Branchenvertretung in Brüssel. Er gehöre der Arbeitsgruppe des ZDK an, die die Strategie erarbeiten soll, mit der der Zentralverband sein politisches Gewicht stärken wolle, erklärte er. Bei aller Kritik setze der Verband auch Hoffnungen in die europäischen Entscheider. Mit Blick auf die Neuordnung der beiden Gruppenfreistellungsverordnungen sagte Ziegler: "Die ersten Zwischenberichte der Kommission sind positiv, weil alle unsere eingebrachten Themen aufgegriffen wurden." Die Enquete-Kommission des ZDK sei für die weitere Arbeit reaktiviert worden, daran sei er ebenfalls beteiligt. Brüssel sei entscheidend für die Rahmenbedingungen von Werkstattthemen wie der Typgenehmigungsverordnungen, der Telematik oder der Datenstrategie. An letzterer hänge die Existenz der Kfz-Betriebe. (rp)
Manfred Freier