Sachmängel: Haftung für vereinbarte Beschaffenheit

KURZFASSUNG 1. Der BGH hält an seiner gefestigten Rechtsprechung fest, dass sich die Vereinbarung eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung im Fahrzeugkaufvertrag nicht auf die Vereinbarung konkreter Beschaffenheiten beziehen kann. 2. Das Alter eines Fahrzeuges oder seiner Bauteile können keine Ausnahme rechtfertigen, die Reichweite eines Gewährleistungsausschlusses auf vereinbarte Beschaffenheiten auszudehnen. 3. Kaufvertragliche Vereinbarungen zur Beschaffenheit eines Fahrzeuges lassen sich außerhalb des Kaufvertrages selbst auch aus Angaben in der Werbung oder aus Fahrzeugbeschreibungen auf Internetplattformen ableiten. Beim Verkauf von Fahrzeugen ist die nähere Beschreibung tägliche Praxis. In der Werbung, mit dem Verkaufsangebot im Internet oder im Kaufvertrag sind detaillierte Angaben zu Leistungsmerkmalen, Fahrzeugausstattung und sonstigen Eigenschaften üblich und erforderlich, um das Kaufinteresse zu wecken. An solchen Beschreibungen muss sich der Fahrzeugverkäufer rechtlich dann aber auch festhalten lassen. Dies gilt insbesondere auch bereits für Fahrzeugbeschreibungen in Internetangeboten. Mit einem aktuellen Urteil zum Gebrauchtwagenkauf bestätigt der BGH den Vorrang vereinbarter Beschaffenheiten vor einem Ausschluss der Sachmängelhaftung. Ausnahmen erteilt er eine Absage. Zusagen wie solche zur Funktionsfähigkeit bestimmter Fahrzeugbauteile werden von einem vertraglichen Gewährleistungsausschluss auch dann nicht erfasst, wenn der Käufer beispielsweise wegen des hohen Fahrzeugalters und üblichem Verschleiß eigentlich nicht mehr mit einer einwandfreien Funktion rechnen konnte (BGH, Urteil vom 10.4.2024 -Az. VIII ZR 161/23). Der Fall Der Beklagte hatte Anfang 2021 im Internet einen knapp 40 Jahre alten Mercedes 380 SL mit ca. 150.000 Kilometern aus Privatbesitz zum Verkauf angeboten. In der ausführlichen Beschreibung wurde das Garagenfahrzeug unter anderem mit einer absolut rostfreien Karosserie und einem sehr guten Zustand als scheckheftgepflegt und sofort fahrbereit angeboten. Dies insbesondere auch mit der Aussage "Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung". Im Rahmen einer gemeinsamen Probefahrt bestätigte der Beklagte dem Kläger die Funktionstüchtigkeit der Klimaanlage. Ob diese anlässlich der Probefahrt tatsächlich ordnungsgemäß arbeitete, war später strittig. Der Kläger kaufte jedenfalls das Fahrzeug Anfang März 2021 für 25.000 Euro. Von der Klimaanlage wurde nichts in den Kaufvertrag aufgenommen, wohl aber ein Ausschluss der Sachmängelhaftung. Im Mai bemerkte der Käufer, dass die Klimaanlage defekt ist. Nachdem der Verkäufer alle Ansprüche und jede Verständigung zurückwies, ließ der Käufer den defekten Klimakompressor für rund 3.500 Euro ersetzen und verlangte vom Verkäufer unter Anrechnung einer Wertverbesserung Schadensersatz in Höhe der hälftigen Reparaturkosten. Die Vorinstanzen Die Klage wurde vom Amtsgericht Wetzlar und in der Berufungsinstanz vom Landgericht Limburg abgewiesen mit der Begründung, der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung würde vorliegend in Anbetracht des Alters von Fahrzeug und Klimaanlage vorrangig gelten vor einer Zusage des Beklagten im Inserat zur einwandfreien Funktion der Klimaanlage. Der Beklagte habe für einen solchen Zustand auch im weiteren nicht garantiemäßig einstehen wollen und der Kläger habe in Anbetracht der für die Klimaanlage bereits abgelaufenen Lebenserwartung nicht davon ausgehen können, dass kein Instandsetzungsbedarf vorliegt oder eintritt. Der Wunsch nach dem Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung sei - ersichtlich auch bereits aus der Internetanzeige - ein maßgebliches Anliegen gewesen, das deshalb in diesem Fall auch für die Klimaanlage gelte. Ein vom Kläger angebotener Beweis, dass der Klimakompressor bereits bei Übergabe des Fahrzeuges defekt gewesen sein musste, wurde vor dem Hintergrund dieser Beurteilung nicht erhoben. Der BGH Der BGH erteilt einer solchen Sichtweise eine deutliche Absage. Er verweist auf seine gefestigte Rechtsprechung, nach der in Fällen einer konkret vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache ein gleichrangig daneben vereinbarter allgemeiner Ausschluss der Sachmängelhaftung dahingehend auszulegen ist, dass er sich nicht auf das Fehlen der Beschaffenheit, sondern lediglich auf gegebenenfalls übrige Mängel beziehen kann. Dies hat auch im vorliegenden Fall einer zugesagten Funktionsfähigkeit der Klimaanlage zu gelten, da ansonsten Sinn und Wert der damit getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung entfallen würde mit nicht sachgerechter Reduzierung der Bedeutung außerhalb des Kaufrechts allenfalls noch für den Bereich der Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung. Auch das hohe Alter eines Fahrzeuges oder eines Fahrzeugbauteils und typischerweise zu erwartender Verschleiß können die Reichweite des Gewährleistungsausschlusses nicht ausdehnen und keine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Beschaffenheitsvereinbarung rechtfertigen. Bei Überlegungen zum Fahrzeugalter kann es sich deshalb lediglich um Maßstäbe zur Beurteilung der üblich zu erwartenden Beschaffenheit eines Fahrzeuges handeln, konkret gegebene Zusagen werden hiervon nicht berührt. Das Berufungsurteil des LG Limburg wurde somit aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Bedeutung für die Praxis Der vom BGH entschiedene Fall bezieht sich auf die "alte" Rechtslage vor Einführung des geänderten Sachmangelbegriffs mit dem ab 2022 geltenden Kaufrecht. Die Entscheidung ist jedoch uneingeschränkt übertragbar, auch wenn der Mangelbegriff nunmehr nicht mehr gestuft nach vereinbarter Beschaffenheit und nach üblichen Beschaffenheiten definiert ist. Die nunmehr zur Beurteilung eines Sachmangels gleichrangige Geltung von subjektiven und objektiven Anforderungen hat hier im Ergebnis keine Änderung gebracht. Aus Zusagen zur Funktionsfähigkeit eines Fahrzeuges oder einzelner Bauteile ergibt sich weiterhin eine Vereinbarung zur Beschaffenheit des Fahrzeuges oder seines Bauteils als nunmehr subjektiv vom Käufer zu beanspruchende Anforderung an das Fahrzeug. Dabei gilt maßgeblich auch weiterhin, dass solche Zusagen zur Beschaffenheit auch dann verbindlich sind, wenn sich hierzu in der Kaufvertragsurkunde selbst nichts findet, die Fahrzeugbeschreibung auf der Internetplattform aber - wie im entschiedenen Fall - entsprechende Aussagen enthält. An solchen Beschreibungen muss sich der Verkäufer nach aktueller Rechtslage als "öffentliche Äußerung" zur Bewerbung eines Fahrzeuges zusätzlich auch im Rahmen der objektiven Anforderungen des zweiteiligen Mangelbegriffs festhalten lassen. Einen Ausschluss der Sachmängelhaftung kann der Verkäufer dem Fehlen vereinbarter Beschaffenheiten auch hier nicht entgegenhalten. Rechtsanwalt Robert Glocker Rechtsanwalt Robert Glocker, Rechtsanwälte G. Haug & Partner, www.haug-partner.de KOMMENTAR Nach Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits wird das Landgericht Limburg im weiteren Verfahren die Vorgaben des BGH zu berücksichtigen haben. Konkret wird es die Klage des Fahrzeugkäufers auf Schadensersatz für Mängelbehebungskosten nicht nochmals mit der Begründung abweisen können, die Parteien hätten vorrangig vor einer konkret zugesagten Funktionsfähigkeit der Klimaanlage des Fahrzeuges einen Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart. Maßgeblich wird es nunmehr darauf ankommen, ob ein Defekt des Klimakompressors bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorgelegen hat. Dies wird ein Sachverständiger zu klären haben. Beweiserleichterungen kommen dem Kläger dabei nicht zugute, da es sich vorliegend um einen Privatverkauf handelte und dem Kläger deshalb nicht die Erleichterungen des Verbrauchsgüterkaufs behilflich sind.

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