Die großen Autohäuser Europas treiben ihre Internationalisierung mit Vehemenz voran. Wie die Forscher vom International Car Distribution Programme (ICDP) auf Basis ihrer Top-50-Händleranalyse für das Geschäftsjahr 2023 berichten, ist jeder gelistete Branchenakteur mittlerweile in durchschnittlich 2,3 Märkten vertreten – verglichen mit 1,7 vor zehn Jahren. Top-Player wie Emil Frey, Hedin und Van Mossel seien mittlerweile echte paneuropäische Unternehmen.
Wie sehr sich der internationale Fokus der Gruppen verändert hat, zeigt Experte Steve Young in einem aktuellen Blog-Beitrag auf: "2013 waren 80 Prozent der Gruppen nur in einem einzigen europäischen Markt aktiv, heute sind es kaum mehr als die Hälfte – und ich vermute, dass sie nächstes Jahr eine Minderheit sein werden." Obwohl grenzübergreifende Synergien begrenzt seien, gebe es Möglichkeiten, Gebrauchtwagen über verschiedene Märkte zu handeln oder bei der regionalen Ersatzteilverteilung Skaleneffekte zu erzielen.
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Laut Young trifft die aktuelle Branchenkonsolidierung Händler in ganz Europa. "Diejenigen, die nicht organisch oder durch Konsolidierung wachsen, fallen zurück", schreibt der Forscher. Der Prozess verlaufe hinsichtlich Tempo und Umfang zwar zwischen den Märkten unterschiedlich, aber kein Markt bleibe davon unberührt. "Zumindest in Kontinentaleuropa sind Gruppen viel eher bereit, grenzüberschreitend zu agieren, selbst wenn dies sehr regional ist, wie etwa zwischen Deutschland und der Schweiz."
Die 10 größten Autohändler Europas 2023 (nach Umsatz)
BildergalerieWichtige Triebkräfte für die Entwicklungen sieht Young im Risikomanagement und in der Diversifizierung. Viele Autohäuser, die in der Vergangenheit fest in Beziehungen mit nur einer Marke oder einer Markenfamilie verwurzelt waren, seien zuletzt sowohl mit bestehenden OEM-Partnern als auch mit neuen Partnern gewachsen. Er verweist auf die Erschließung neuer Marktgebiete oder die Übernahme bestehender Geschäfte, auch mit chinesischen Newcomern. Young: "Die durchschnittliche Anzahl der Marken pro Gruppe ist um über 50 Prozent gestiegen und die Zahl der Franchisepunkte hat sich mehr als verdoppelt." Das bedeute, dass die durchschnittliche Anzahl der Standorte pro Marke um über ein Drittel gestiegen sei.
Die Superliga des europäischen Autohandels
Unangefochtener Spitzenreiter bleibt laut IDCP die Emil Frey Gruppe mit einem geschätzten Gesamtumsatz von 17 Milliarden Euro im Jahr 2023 – das waren fast 15 Prozent mehr als im Jahr davor. Dahinter rangiert Penske Automotive Europe mit 10,1 Milliarden Euro (plus neun Prozent). Neuer Drittplatzierter ist die Hedin-Gruppe (7,1 Milliarden Euro; plus 43,4 Prozent), eine Verbesserung um zwei Positionen in der Rangliste. Die Schweden expandierten im vergangenen Jahr mit der Übernahme der Torpedo-Gruppe auch im deutschen Automobilgeschäft.
Aufsteiger des Jahres ist die Van-Mossel-Gruppe auf Platz vier (2022: 11.). Die Niederländer erwirtschafteten zuletzt 5,83 Milliarden Euro Umsatz (plus 39,3 Prozent). Hierzulande sorgten sie 2023 mit dem Erwerb des Hamburger Autohauses Hugo Pfohe für Aufsehen, vor wenigen Monaten folgte dann Nord-Ostsee Automobile (wir berichteten). Und ein Ende der Einkaufstour ist nicht in Sicht: Van Mossel hat bereits weitere Übernahmen angekündigt.
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Deutliche Zuwächse bei den Erlösen zeigen sich unter anderem auch bei den Autohausgruppen D'leteren (5,35 Milliarden Euro) und AMAG (5,3 Milliarden Euro). Einziger Verlierer unter den Top-10-Handelsriesen Europas ist Arnold Clark, das britische Kfz-Unternehmen verfehlt seinen Vorjahresumsatz um 1,2 Prozent (5,7 Milliarden Euro). Größter Megadealer aus Deutschland ist erstmals die Feser-Graf-Gruppe mit einem Umsatz von 2,75 Milliarden Euro auf Platz 20. Den Sprung unter Europas Top 50 schaffen zudem die Gruppen AVAG, Gottfried Schultz, Alphartis, Avemo, Scherer und Lueg.
Weitere Details zu der Studie sind auf der IDCP-Website abrufbar!