Finanzkennzahlen 2021: Gar nicht so schlecht

Beim ersten Blick auf die Zahlen für das Jahr 2021 lassen sich zwar statistisch Trends ermitteln, aber die Daten sind doch nach Marke, Betrieb und Abteilung sowie nach den Auswirkungen der zum Teil mangelnden Lieferfähigkeit und pandemischen Auswirkungen recht unterschiedlich. Die Marken waren in 2021 zum Teil unterschiedlich lieferfähig, die Betriebe sind qualitativ recht unterschiedlich mit den Krisenauswirkungen (u. a. Gebrauchtwagenzukauf, Digitalisierung von Prozessen) umgegangen und das hat sich auch in den Zahlen und unterschiedlichen Entwicklungen der Abteilungen niedergeschlagen. Zwei so anspruchsvolle (Krisen-)Jahre hintereinander hinterlassen natürlich Spuren - und so scheint sich die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Neuzulassungen bewegen sich 2021 auf einem niedrigen Niveau. Laut KBA sind die gegenüber dem Vorjahr erfolgreichsten Marken Polestar und Tesla, die bereits auf Direktvertrieb setzen, sowie Smart (Direktvertrieb ab 2023 geplant). Die Besitzumschreibungen erreichen in etwa das Vorjahresniveau. Trotz eines gefühlt schwierigen Jahres ist es umso erstaunlicher, dass die Umsatzrendite gestiegen ist - und dies vorrangig aufgrund des GW-Geschäfts. Aber auch das Neuwagengeschäft lief im Ergebnis bei den Premiummarken nicht so schlecht. Neuwagen Wer hat diesen Verlauf zu Beginn des Jahres voraussehen können. Anfang Januar 2021 rechnete der Branchenverband VDA noch mit einem Absatz von 3,15 Millionen neuen Pkw in Deutschland (plus acht Prozent gegenüber 2020). Doch dann kam die "Chipkrise" mit Lieferproblemen wichtiger Bauteile für die Autoindustrie. Aufgrund des pandemiebedingt erwarteten Einbruchs bei den Aufträgen in 2020 stornierten bzw. drosselten viele Autohersteller ihre Bestellungen von Bauteilen. Die Nachfrage zog aber dann wieder stark an, auch gerade bei den E-Autos. Daneben stieg der Bedarf auch in anderen Branchen. Folge war, dass vom Hersteller zum Teil Kundenfahrzeuge angeliefert wurden, die den Bestellungen nicht ganz entsprachen, zum anderen wurden Fahrzeuge zum Termin gar nicht angeliefert oder es kamen irgendwelche Fahrzeuge. Für den Handel problematisch war die fehlende Berechenbarkeit der Auslieferungen. Am Ende steht ein Umsatzrückgang von 8,7 Prozent gegenüber 2020 bei den Neuwagen. Stückzahlenbedingt liegt der Rückgang sogar bei rund 15 Prozent, da die Hersteller, insbesondere die Premiummarken, teurere Modelle und Elektrofahrzeuge vorrangig in den Markt gebracht haben, um die Stückerlöse zu steigern sowie den CO2-Flottenwert zu optimieren und Strafzahlungen zu vermeiden. Auch machen die Stückbestände an Neuwagen einschließlich Vorführ- und Mietwagen etwa 40 Prozent weniger gegenüber dem Vorjahr aus (vorbehaltlich noch nicht bekannter Auslieferungen an die Händler bis zum Jahresende). Statistisch gesehen entspräche das einer Reichweite von 2,5 Monaten, dann wäre der Hof leer. Insgesamt konnte der Bruttoertrag pro Fahrzeug zwar gesteigert werden, aber die Fixkosten sorgten für einen nur geringfügigen Anstieg des Deckungsbeitrags dieser Abteilung. Ein weiterer Nebeneffekt mit Blick auf die Verkäufergehälter sind die rückläufigen Verkaufsprovisionen im Neuwagenbereich. Eine Steigerung gelingt nur den Verkäufern, die auch Zuständigkeit im Gebrauchtwagengeschäft haben. Auf der anderen Seite haben die Mitarbeiter, die Kurzarbeitergeld (KUG) beziehen mussten, sowieso schon Einbußen gehabt. Vor dem Hintergrund der auch in anderen Branchen (Hotel- und Gaststättengewerbe) zu beobachtenden Mitarbeiterabwanderung sollte das Augenmerk auf die Mitarbeiterbindung nicht verloren werden. Die Verkaufsziele wurden bei vielen Herstellern bisher nicht angepasst und es bleibt offen, welche Auswirkungen sich für die Bilanz ergeben. Gebrauchtwagen Wie geschnitten Brot lief dagegen der Gebrauchtwagenbereich. Es konnte gar nicht genug Ware herangeschafft werden, um die Nachfrage wegen der mangelnden Lieferfähigkeit im Neuwagenbereich zu befriedigen. Aber es gibt auch Kunden, die vor dem Umstieg auf die Elektromobilität wegen der fehlenden Infrastruktur und Reichweite einfach noch abwarten wollten und ebenfalls noch mal einen Gebrauchtwagen gekauft haben. Die Nachfrage hat wie so oft die Branche geweckt, alle möglichen Zukaufsquellen (Zukauf, Inzahlungnahme, GW- und Leasingplattformen, Kontakt ins Ausland) zu erschließen. Eben eine typische positive Eigenschaft des freien Händlers, der sich von dem markenbezogenen und herstellerabhängigen Vertrieb abgrenzt. Während die verkauften Einheiten um rund fünf Prozent abgenommen haben, sind die Abgabepreise um 14 Prozent gestiegen. Das hat dazu geführt, dass auch die Nebenerlöse wie Leasing- und Finanzierungsprovisionen gestiegen sind. Der Gebrauchtwagenverkäufer konnte sich über eine entsprechende Verkaufsprovisionen freuen. Andere Effekte der sinkenden Bestände sind sinkende Bestandskosten unter anderem für Einkaufsfinanzierung. Insgesamt haben die Fahrzeuge mit Standtagen über 60 Tagen um ein Drittel abgenommen. Damit ist auch die Reichweite des Bestandes auf fast zwei Monate gesunken. Auch unter diesem Gesichtspunkt dürfte für viele Betriebe 2022 zur Herausforderung werden, wenn die Versorgung mit Gebrauchtwagen rückläufig ist, da unter anderem Leasingverträge weiterhin verlängert werden und auch die Zulassungszahlen der Mietwagenrückläufer weiterhin auf niedrigem Niveau (2020 insgesamt 286.697, per Oktober 2021 rund 235.115 Zulassungen) verharren werden. Werkstatt Wie bereits im Vorjahr ist das Werkstattwie auch das Teilegeschäft trotz weiterhin bestehender pandemiebedingter Einschränkungen der Ertragsbringer, auch wenn Umsatz und der Anteil am Gesamtdeckungsbeitrag (insbesondere wegen des guten Gebrauchtwagenergebnisses) geringfügig gesunken sind. Dies ist aber eher eine Folge der weniger Kilometer laufenden Dienst- und Flottenwagen. Und auch die Aufwendungen für Garantiearbeiten sind sichtbar zurückgegangen als Folge des abnehmenden Absatzvolumens, aber auch geringerer Laufleistungen und Qualitätsverbesserungen der Produkte. Der Anteil der Arbeiten an Karosserie und Lack ist weiterhin gesunken, was im Wesentlichen auf rückläufige Unfallschäden durch das geringere Verkehrsaufkommen zurückzuführen sein dürfte. Die Auslastung ist erfreulich gegenüber dem Vorjahr auf etwa 83 Prozent gestiegen, allerdings ist die Anzahl der Durchgänge sowie der Mitarbeiter leicht zurückgegangen. Die Stundenverrechnungssätze sind weiter leicht gestiegen. Als Folge dieses Rückgangs ist auch der Teileumsatz geringfügig gesunken und vor diesem Hintergrund auch das Handelsgeschäft. Wichtige Marktkennzahlen für diese Abteilungen sind die Anzahl zugelassener Pkw und das Durchschnittsalter zugelassener Pkw, das auf 9,8 Jahre gestiegen ist. Da die Verbrenner und die Hybridfahrzeuge auch in 2021 den größten Teil des Gesamtbestandes von 48,2 Millionen Pkw ausmachen, bleibt Aftersales aber weiterhin wichtigstes Standbein in den nächsten Jahren für die Kundenbindung im Autohaus. Eigenkapitalsituation Einer der wenigen erfreulichen Nebeneffekte eines Fahrzeugstückzahlen-rückläufigen Marktes ist der Anstieg der Eigenkapitalquote, die im Wesentlichen auch auf die in Summe guten Ergebnisse zurückzuführen ist. Im Durchschnitt ist die Eigenkapitalquote - vorbehaltlich noch überraschender Belieferungen im Dezember 2021 - um rund fünf Prozentpunkte angestiegen. Entsprechend haben sich auch die mit dem Eigenkapital zusammenhängenden Kennzahlen wie etwa Verschuldungsgrad, Anlagendeckung und Eigenkapitalrendite verbessert. Daneben ist anzumerken, dass langfristige Zinsen durch Aufnahme unter anderem von KfW-Darlehen bzw. Umfinanzierungen durch Ausnutzen des niedrigen Zinsniveaus gestiegen sind, während Mieten für Immobilien gesunken sind. Offensichtlich sind gerade bei Vermietungen durch Gesellschafter oder nahestehende Personen entsprechende Mietreduktionen vereinbart worden. Durch die Maßnahmen hat sich auch die Zahl der Betriebe mit einer negativen Umsatzrendite um rund sieben Prozent verringert. Es ist anzumerken, dass keine weiteren Änderungen der für die ab 2023 Banken neue Eigenkapitalanforderungen (Basel IV) beschlossen worden sind. Es ist weiter davon auszugehen, dass dies zu einem höheren Zins und auch zu einer Einschränkung der Kreditvergabe führen wird. Zu beobachten bleibt in diesem Zusammenhang auch die Zinsentwicklung schlechthin. Zwar hat die US-Notenbank Fed in den USA schon Zinserhöhungen nicht mehr ausgeschlossen und die EZB hat bekannt gegeben, den zentralen Leitzins trotzdem vorläufig bei null Prozent zu lassen. Auf der anderen Seite ist nicht ausgeschlossen, dass eine auch in 2022 länger anhaltende Inflation von über drei Prozent die EZB nicht doch zum Handeln zwingen wird. Die Entwicklung sollte man sorgfältig verfolgen, da diese gerade kurzfristige Betriebsmittelkredite sowie Einkaufsfinanzierungen betrifft. Doch trotz dieser an sich positiven Entwicklung ist zu beachten, dass gerade bei einer Geschäftsvolumenverminderung zwei Effekte eintreten. Zum einen passen sich Fixkosten nicht so schnell an, zum anderen führen Tilgungen von Finanzierungen und insbesondere Umsatzsteuerzahllasten schnell zur Liquiditätskrise trotz noch durchaus positiver Ertragszahlen. Dieser Umstand wirkt sich noch nicht auf die Insolvenzmeldungen im Kfz-Gewerbe aus. Laut Statistischem Bundesamt sind die Insolvenzen im Kfz-Gewerbe von Januar bis September 2021 im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Doch hängt das vermutlich damit zusammen, dass von Anfang März 2020 die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021 ausgesetzt war. Aussicht für 2022 Für 2022 lassen die Vorzeichen eigentlich ein gutes Jahr im Autohandel erwarten. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und die mangelnde Lieferfähigkeit sollte, soweit man den Aussagen dazu glauben schenken darf, spätestens ab Mitte des Jahres überwunden sein. Ansonsten droht ein gegenüber 2021 noch schwierigeres Jahr für den stationären Autohandel. Zugleich wurden Ende 2021 rechtzeitig noch die Maßnahmen zur Förderung von Hybrid- und reinen Elektrofahrzeugen verlängert. Allerdings werden durch die Anhebung der Voraussetzungen für Hybridelektrofahrzeuge ab dem Jahr 2022 (Kohlendioxidemission höchstens 50 g/km oder eine elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern) einige Fahrzeuge die Förderbedingungen nicht mehr erreichen. Für bis Ende 2021 angeschaffte Hybridfahrzeuge ändert sich im Jahr 2022 nichts, da maßgebend der Anschaffungszeitpunkt (= Lieferzeitpunkt) ist. Für die Bestellungen, bei denen die Auslieferung im Jahr 2021 nicht mehr erfolgen konnte, ist zum Teil zu vernehmen, dass der Hersteller den zu erwartenden Kundenunmut durch Unterstützungen mildern wird. Aber insgesamt ein für den Handel vor Ort unerfreuliches Thema. Was den Gebrauchtwagenmarkt angeht, dürfte das neue Gewährleistungsrecht neben der Verknappung für weiterhin steigende Preise sorgen. Zumindest das erste Halbjahr dürfte im Fahrzeughandel noch mit angezogener Handbremse gefahren werden. Gut, wer über Substanz verfügt. Schlecht für den, der schon immer Probleme mit dem Geschäftsmodell hatte. Es sei den Händlern noch mal ans Herz gelegt, in dieser Situation eine realistische Ertrags- und Finanzplanung über zwei Jahre zu implementieren. Gerade auch die leidige Umsatzsteuer führt in einer Zeit, in der mehr Umsatzsteuerüberhänge produziert und die Bruttofahrzeugfinanzierung dazu abzulösen ist, schnell zu überraschenden finanziellen Engpässen. Das seit Anfang 2021 geltende Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) hat die Vorgaben und damit die Haftung für Geschäftsführer jetzt auch rechtlich fixiert. Da die Bundesregierung das KfW-Sonderprogramm inklusive des KfW-Schnellkredits über den 31. Dezember 2021 hinaus bis zum 30. April 2022 verlängert hat, sollte man ggfs. die Hausbank kontaktieren, ob zur Liquiditätssicherung nicht eine Inanspruchnahme möglich wäre. Aber das sollte eben im Rahmen einer Planung erfolgen. Weiterhin werden die Themen Elektromobilität, Digitalisierung und Agenturmodell den Autohandel verfolgen. Trotzdem stellt sich auch die Frage, ob nicht zwei Jahre der Pandemie und Homeoffice bzw. Videokonferenzen nicht auch das Mobilitätsverhalten und damit die Nachfrage nachhaltiger beeinflussen werden. Und nicht zuletzt die wichtigere Frage, wie die Hersteller darauf reagieren. Es wird sicherlich kurzfristig Nachholeffekte geben, aber langfristig dürfte doch davon auszugehen sein, dass die Rahmenbedingungen (neue Marktteilnehmer und Direktvertrieb) sich so weit ändern werden, dass der Markt sich verkleinert. Umso mehr gehört das Geschäftsmodell heute auf den Prüfstand des Unternehmers. Kurzfassung Am Jahresende steht ein Umsatzrückgang von 8,7 Prozent gegenüber 2020 bei den Neuwagen. Wie geschnitten Brot lief dagegen der Gebrauchtwagenbereich. Wie bereits im Vorjahr ist das Werkstatt- wie auch das Teilegeschäft der Ertragsbringer. Insgesamt stieg die durchschnittliche Umsatzrendite im Autohandel auf 1,6 Prozent.

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