Händlerporträt: Frische Ideen

Seit 30 Jahren gibt es das Autohaus Bellendorf in Bottrop. Damals wie heute wird dort viel Wert darauf gelegt, "die Dinge ein klein wenig anders zu machen", wie Geschäftsführer Tobias Bellendorf erklärt. Schon sein Vater ist unkonventionelle Wege gegangen. Der Seat-Händlervertrag wurde im heimischen Wohnzimmer unterschrieben, die ersten Neuwagen ins Wohngebiet geliefert. Jahrzehnte liegt das inzwischen zurück. Längst ist das Seat/Cupra-Autohaus eine feste Größe in der Region - die unkonventionelle und gleichermaßen erfolgreiche Art des Familienunternehmens setzt sich auch in der zweiten Generation fort. Dass man sich abseits festgetretener Trampelpfade nach Geschäftsmöglichkeiten umsieht, die für Kunde und Autohaus einen gewissen Mehrwert bieten, gehört für Tobias Bellendorf "ein Stück weit zur Unternehmens-DNA." Bei der Umsetzung bekommt der umtriebige Geschäftsführer Unterstützung von seiner Frau. Katharina Bellendorf ist für die Außenwirkung des Familienbetriebs verantwortlich, bespielt die Social-Media-Kanäle und rührt die Werbetrommel für Events. Und Events gibt es im Autohaus Bellendorf jede Menge. Modenschau und Erste Hilfe für Kinder Gemeinsam mit einer örtlichen Boutique funktionierte sie im vergangenen Jahr den Showroom kurzerhand zum Laufsteg um. Das erklärte Ziel: Hemmschwellen abbauen, mit Leuten ins Gespräch kommen und die Vorteile eines Familienbetriebs herausarbeiten. "Die Leute kommen vielleicht für die Modenschau, aber beim nächsten Autokauf wissen sie, wo sie hingehen", erklärt Bellendorf. Er ist sich sicher, dass damit die entscheidende erste Hürde genommen ist. Haben die Eventteilnehmer erst einmal die Scheu abgelegt, ein unbekanntes Autohaus zu betreten, könne man im Verkaufsgespräch eine gemeinsame Vertrauensbasis aufbauen. Klar ist aber auch: Events wie diese sind mittlerweile nötig, denn der Kunde, sein Anspruch und seine Bedürfnisse haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Ein schöner Glaspalast allein wirkt in den Augen der Bellendorfs längst nicht mehr als Kundenmagnet. "Diese Zeiten sind vorbei", erklärt er. Was es also braucht, um die Kundschaft von morgen zu akquirieren, ist die ein oder andere gute Idee. Und die hat man im Autohaus Bellendorf schon seit jeher, wie auch die Idee, einen Erste-Hilfe-Kurs für Kinder im Autohaus anzubieten, beweist. Auch hier spielt er die Vorteile eines Familienbetriebs aus. Eine gute Idee, die noch besser wird, führt man sich vor Augen, wer die Kurse im Autohaus besucht. Das seien in erster Linie junge Familien, erklärt Bellendorf. Genau jene Zielgruppe also, die sich mittelfristig mit dem Thema Autokauf beschäftigen dürfte. Eine "Win-win-win-Situation." Ein ganz ähnliches Konzept verfolgen die beiden bei der 300 Meter vom Stammbetrieb entfernten Gebrauchtwagen-Verkaufsfläche. Auch hier werden die Kunden von morgen nicht mit dem Thema Autokauf zum Händler gelockt. Vielmehr werden sie mit dem Event "Kinder-Flohmarkt" auf das Gelände gelotst. Das alles sind Kleinigkeiten, die kaum Arbeit machen, die letztlich aber dafür sorgen, dass das Autohaus im Gespräch bleibt und die Kunden die Hemmschwellen verlieren. Elektromobilität als Chance Hemmschwellen will Bellendorf auch an anderer Stelle abbauen. Für ihn ist die Sache klar: Die Zukunft der PS-Branche ist elektrisch, die Weichen hierfür sind längst gestellt. Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müsse man sich also anpassen, erklärt der Geschäftsführer, der auch in diesem Fall ganz bewusst neue Wege geht und das Image der Elektromobilität durch viele kleine Schritte aufpoliert. Das Fundament, um mit der Elektromobilität durchstarten zu können, hat er längst. Die Ladesäulen sind auf dem Gelände und auch die Mitarbeiter entsprechend geschult. Ihm geht es daher in erster Linie um das richtige Mindset und die Einstellung der Kunden. Der Kunde müsse eben abgeholt werden - und zwar dort, wo er ist, und nicht dort, wo man ihn gerne hätte. Damit das klappt, sieht er auch sein Team in der Pflicht. Die Elektromobilität müsse glaubhaft vermittelt werden. Und das gehe eben nur, wenn das Autohaus selbst mit gutem Beispiel vorangehe, erklärt er. Dabei helfe es auch, die Kunden mit der neuen Technologie in Kontakt zu bringen. Bei der Ersatzmobilität setzt der Unternehmer daher in erster Linie auf elektrifizierte Fahrzeuge. Beschwerden darüber habe es noch keine gegeben, erklärt er. Im Gegenteil: "Wer das erste Mal mit einem Stromer unterwegs ist, ist hinterher begeistert und schwärmt davon, wie leise das Fahrzeug und wie zügig die Beschleunigung ist", so Bellendorf. Angst davor, dass mit der Elektromobilität das Ende des Autohauses, wie wir es kennen, kommt, und die Werkstatt rote Zahlen schreibt, haben er und seine Frau indes nicht. Studien zeigen, so der Geschäftsführer, dass mit wegbrechenden Werkstatteinnahmen nicht zu rechnen ist. "Der Wertschöpfungsfaktor bleibt gleich." Umplanen müsse man aber trotzdem. Die Fahrzeuge haben andere Eigenschaften, sind leiser, agiler und verschleißen an anderen Stellen. So werde das "Wartungsthema an Bedeutung verlieren und auch weniger Öl verkauft werden, Reifen, Bremsen und Fahrwerksteile werden nach Meinung des Geschäftsführers jedoch reparaturbedürftiger. Mit der leiseren Art der Fortbewegung werde zudem die "Geräuschaffinität" der Kunden zunehmen, so seine Prognose. Auch hier tun sich also neue Möglichkeiten auf, den Umsatz weiter oben zu halten. Positiv in die Zukunft blicken Möglichkeiten, den Wandel zur Elektromobilität erfolgreich zu gestalten, gibt es in den Augen Bellendorfs also mehr als genug. Woran es in der Branche derzeit in erster Linie mangelt, sei Überzeugung. Ohne eigene Überzeugung und damit verbundenes Engagement wird der Wandel allerdings schwer. Den Kopf in den Sand stecken hilft nicht. Es gilt also, sich an die eigene Nase zu fassen und vom Narrativ, dass mit dem Wandel etwas verloren gehe, wegzukommen. Dabei helfe es, den Fokus auf die positiven Aspekte der Elektromobilität zu lenken und sich Gedanken um die Wertschöpfungskette zu machen. Mit Blick auf die kommenden Jahre und dem damit verbundenen Voranschreiten der Elektrifizierung sieht Bellendorf eine seiner größten Aufgaben darin, "das Personal mitzunehmen und die Leute damit in Berührung zu bringen." Sein Appell an die Branche lautet daher: "Mutiger werden und Sachen ausprobieren."

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