Von AUTOHAUS-Redakteurin Doris Plate
Die Geschäfte waren im Corona-Jahr ohnehin schwierig. Derzeit haben die Jaguar Land Rover-Händler aber noch mit einem anderen Problem zu kämpfen. Nach einem Rundschreiben des Jaguar Land Rover Händlerverbands (VDJL), das AUTOHAUS vorliegt, und das sich auf die Berechnungen von Jaguar Land Rover Deutschland (JLRD) beruft, wäre eine Absenkung der Jahreszielvorgabe bei Jaguar um 23 Prozent, bei Land Rover um 32 Prozent vertragskonform.
Die so genannte "Wasserlinienanpassung", die laut Vereinbarung im September stattfinden soll, sehe vor, dass, wenn das per Ende September kumulierte Ist-Ergebnis vom Soll-Ergebnis der am Jahresanfang vereinbarten Gesamtjahreszielvorgabe aller Jaguar und/oder Land Rover Händler um mehr als plus/minus fünf Prozentpunkte abweicht, das händlerindividuelle Jahresverkaufsziel um diesen abweichenden Wert korrigiert wird, heißt es dort. Der VDJL legt dar, dass nach dieser Regelung trotz der bereits coronabedingt erfolgten Absenkung im Juni die Jahreszielvorgabe bei Land Rover um weitere acht Prozentpunkte und bei Jaguar um weitere sechs Prozentpunkte abgesenkt werden müsste. Dazu sei der Importeur aber nicht bereit und gefährde damit für viele Händler die Zielerreichung und den damit verbundenen Bonus.
Händler sind enttäuscht
Willi Bonke, Geschäftsführer von Premium Cars Rosenheim, ein Unternehmen der Eder-Gruppe, sieht die Sache zum Beispiel so: "Laut Auskunft des Anwalts des VDJL ist gemäß dem Margenleitfaden der Hersteller verpflichtet, die Anpassung der Jahresverkaufsziele vorzunehmen. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre dies ein Vertragsbruch – und wir wären sehr enttäuscht darüber. Dies würde das Vertrauen in das Management sehr stark reduzieren und die gesamte Organisation frustrieren und demotivieren. In schwierigen Zeiten ist eine Lösung für beide Parteien von großem Interesse, damit wir auch ohne große Störungen und Energieverlust das Jahr 2021 bewältigen können."
Der Importeur ist anderer Meinung
Auf Anfrage von AUTOHAUS teilte der Importeur dazu mit: "Der Händlerbeirat bat JLRD im Sommer 2020 darum, eine vorzeitige Absenkung des Jahresverkaufsziels (JVZ) aufgrund der spezifischen, Corona bedingten Situation vorzunehmen. Dieser Bitte ist JLRD nachgekommen und hat eine Absenkung auf 79 Prozent vorgenommen. Dies wirkte sich sehr positiv auf eine mögliche Zielerreichung in den Quartalen eins bis drei aus, der Bonus für das zweite Quartal wurde sogar garantiert. Weitere Maßnahmen zur erleichterten Zielerreichung wurden von JLRD über das Angebot alternativer Bestellziele ermöglicht, die Zulassungsziele ersetzen konnten. Die neue JVZ wurde von allen Händlern unterzeichnet. Die Wasserlininenüberprüfung erfolgte dann wie üblich nach neun Monaten auf der Basis der vereinbarten, abgesenkten 'Corona-JVZ'. Das zugelassene Volumen entsprach der abgesenkten JVZ in den Monaten Januar bis September 2020; eine weitere Anpassung war – der normalen Absenkungslogik folgend – nicht notwendig."
JLRD hoffe auf weitere Gespräche mit dem Händlerbeirat, zumal Kompromissvorschläge vorlägen, heißt es aus Kronberg. Den Angaben zufolge liegt der aktuelle Kundenauftragsbestand deutlich über dem Auftragsbestand des Jahres 2019.
Nicht vom Händler verschuldete Probleme
Für die Händler ist das Verhalten von Jaguar Land Rover nicht ganz nachvollziehbar. Denn außer den der Pandemie geschuldeten Verlusten sei ein nicht unerheblicher Anteil der jetzt zu Erfüllung des Jahresvolumenziels fehlenden Stückzahlen auch auf Probleme des Herstellers zurückzuführen. "Teilweise können Fahrzeuge nicht mehr in diesem Jahr geliefert werden, teilweise haben wir Verträge verloren, weil Konfigurationen nach der Bestellung so nicht mehr gebaut werden", erläuterte Bonke. Hinzu kämen Probleme mit den Zulassungsstellen. Alles Dinge, die die Händler nicht zu verantworten haben.
VDJL will klagen
Der Vorstand des VDJL ist entschlossen gegen den Importeur zu klagen, um die Regelung gerichtlich klären zu lassen. Satzungsgemäß ist er dazu berechtigt. Nach Auskunft des Vorstandsmitglieds Rolf Weinert will der Verband zuvor aber noch mit einer schnellen Umfrage ein Händlervotum hierzu einholen. Denn mittlerweile zeichnet sich ab, dass viele Händler Einzellösungen mit dem Importeur abschließen. Diese könnten jedoch schlechter als die vertragliche Lösung sein, heißt es in dem Rundschreiben, und müssten deshalb genau geprüft werden.
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