Der Porsche-Vertrieb wird sich auch in Zukunft auf ein starkes Vertragshändlernetz stützen. Daran ließ Barbara Vollert, Europa-Vertriebschefin des schwäbischen Sportwagenherstellers, am vergangenen Mittwoch bei einem Besuch an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) keinen Zweifel. Das klassische Autohaus habe lange noch nicht ausgedient. Vorteilhaft am Vertragshändlersystem sei, dass sich die Betriebe in die besonderen Gegebenheiten und Herausforderungen des jeweiligen Standorts einfügen würden, sagte die Managerin vor 250 Zuhörern in Geislingen.
Trotzdem müssen sich Händler wie Hersteller auf massive Veränderungen einstellen. "Die Automobilindustrie steht vor dem größten Wandel aller Zeiten", betonte Vollert, die bei Porsche außerdem das Management und die Weiterentwicklung des Vertriebsnetzes weltweit verantwortet. Und weiter: "Der Aufbruch in die neuen Zeiten wird keine Reise sein, die schnell beendet ist." Denn es würden sich nicht nur die Technologien ändern. Auch der Umgang damit unterliege einem nachhaltigem Wandel.
"Virtuellen Erlebniswelten" wird nach Darstellung von Vollert künftig gerade im Vertrieb eine viel größere Bedeutung zukommen. Porsche-Zentren müssten als "Multi-Erlebnislandschaften" ausgebaut werden. Zusätzlich würden neue Kundenkontaktpunkte realisiert, um die vielfältigen Kontaktmöglichkeiten der "Customer Journey" auszunutzen. Die 54-Jährige verwies dabei auf neue Formate wie den als Loft konzipierten Showroom auf der Urlaubsinsel Sylt. In Beirut würden die Porsche-Modelle wie auf einem Laufsteg "posieren" – im chinesischen Guangzhou stünden sie schillernd wie übergroße Juwelen im Zentrum einer Mall.
Porsche Automotive Campus 2017
BildergalerieAuf Wachstumskurs
Porsche hatte 2016 das erfolgreichste Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte eingefahren. Die Zuffenhausener legten beim Absatz gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent auf 237.778 Fahrzeuge zu und erzielten einen Umsatz von 22,3 Milliarden Euro (plus 4 Prozent). Die Belegschaft wurde ebenfalls aufgestockt – gegenüber 2015 um 13 Prozent auf 27.612 Beschäftigte. Vollert: "Wir sind super unterwegs."
Aber Grund, sich auf dem Erfolg auszuruhen, gibt es nicht. Im Gegenteil. Die Liste der bevorstehenden Herausforderungen ist bekanntlich lang: Elektromobilität, Digitalisierung, Vernetzung, Emissionsauflagen, überlastete Verkehrsnetze, autonomes Fahren. Die Antwort von Porsche darauf: "Wir wollen weg von der Wahrnehmung als Hersteller. Wir wollen die weltweit führende Marke für sportliche und innovative Mobilität werden", erklärte Vollert. In Sachen "E-Performance" verspricht die Vertriebsmanagerin bis Ende des Jahrzehnts einen Porsche mit völlig neuer Batterie- und Ladetechnologie. Damit diese in der Praxis auch genutzt werden kann, forciere der Sportwagenhersteller den Aufbau der dafür nötigen Infrastruktur.
Der Sprit, der die künftigen Entwicklungen auch in der Autobranche antreibt, sind die Daten. "Umso mehr wir über den Kunden wissen, umso gezielter können wir diese ansprechen und passgenaue Angebote machen", erläuterte Vollert. Um auch die jüngere Generation zu erreichen, gebe Porsche gerade auf dem Feld der sozialen Medien "richtig Gas".
Der Fachvortrag war eines der Highlights im Geislinger Automobilsommer 2017 mit insgesamt zwölf Events. Gleichzeitig bildete er die Auftaktveranstaltung für die neue Runde zum Porsche Automotive Campus (PAC), der durch das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) betreut wird. Zusammen mit IFA-Chef Prof. Willi Diez und Studiendekan Prof. Stefan Reindl überreichte Vollert den neuen PAC-Stipendiaten ihre Ernennungsurkunden. (rp)
Maria mehlhorn