Ausgabe 19/2021: Einfach mal was ausprobieren

Das markengebundene Autohaus ist nicht der richtige Ort, um ältere Gebrauchtwagen zu vermarkten", sagt Dirk Steeger, Geschäftsführer der Gotthard König GmbH. Bislang hat das Berliner Autohaus diese Fahrzeuge daher gleich ins B2B-Geschäft weitergeschoben. Eine vertane Chance, fand Steeger - und schuf eine unabhängige Vertriebsmarke für dieses Segment. Der erste, 7.000 Quadratmeter große Gebrauchtwagenmarkt unter dem "CaptainCar"-Banner liegt in der Berliner Innenstadt. Im Interview gibt Steeger Einblick in seine Ziele und die Entwicklung der Vertriebsmarke. GW: Wie entstand die Idee zu einer eigenen Vertriebsmarke? D. Steeger: Wir wollten das Segment der Gebrauchten zwischen sieben und zehn Jahren separat aufstellen, weil der Ablauf im markengebundenen Autohaus für dieses Segment umständlich und zeitaufwändig war. Die Kunden haben hier einen unheimlich hohen Anspruch und bemängeln, dass hier etwas klappert und dort etwas fehlt. In der Folge haben wir diese Fahrzeuge bisher oft an Händler abgegeben. Sie bieten aber ein hohes Potenzial, deshalb haben wir uns dafür entschieden, mit einer Sekundärmarke einen Raum zu öffnen, in dem wir nicht so schnell in Diskussionen mit den Kunden kommen und preislich attraktive Fahrzeuge schneller drehen können. GW: Sie haben die Eigenmarke in sechs Wochen entwickelt. Wie haben Sie das so schnell hinbekommen? D. Steeger: Ich habe meiner Marketingabteilung weitgehend freie Hand gelassen und die hatten großen Spaß daran, endlich einmal frei gestalten zu können. Sonst sind wir ja Franchisenehmer und können bei Marketingaktionen nicht wirklich viel gestalten, da das meiste vom Hersteller vorgegeben ist. Umso mehr haben meine Kreativen es genossen, völlig losgelöst von Diktaten etwas Eigenes zu schaffen. Und was Spaß macht, geht auch schnell. GW: Was ist die Botschaft? D. Steeger: Wir versuchen, jedem Bereich ein Gesicht zu geben. Für unser Autohaus haben wir als Figur, die unsere Marke verkörpert, den Froschkönig. Analog dazu haben wir jetzt die Werbefigur des Superhelden geschaffen, der über den GW-Platz herrscht: "CaptainCar - Dein Superheld für super günstige Gebrauchtwagen". Das Logo dazu kommt aus dem Comic-Bereich. Inhaltlich haben wir uns von der Werbung der 50er und 60er Jahre inspirieren lassen, die uns teilweise noch heute in den Köpfen herumspukt, obwohl es die Slogans schon lange nicht mehr gibt. Wir haben daher mit Schüttelreimen experimentiert, die sich als Ohrwurm festsetzen. Alles in allem müssen wir uns klar darüber sein, dass es nur um einen GW-Platz geht, dem wir eine Marke verpassen. Es ist also kein großes Risiko, hier einfach mal etwas auszuprobieren. GW: Als Werbebudget stehen eine Million Euro zur Verfügung - wie wird das eingesetzt? D. Steeger: Wir schalten vor allem Radiospots und Bannerwerbung in den einschlägigen Gebrauchtwagen-Börsen. Hier klinken wir uns ein und machen Kunden aufmerksam, dass es auf der Website captaincar.de auch eine regionale Alternative gibt. GW: Apropos regional - bleibt Ihr Angebot im Umfeld, oder spricht es auch überregional Kunden an? D. Steeger: Im Gebrauchtwagenbereich sinkt die Kaufbereitschaft proportional zur Entfernung. Wir machen also Interessenten aus der Nähe aufmerksam und generieren klassische Leads, vor allem über E-Mail. Gerade am Wochenende sind viele Kunden aktiv und interessieren sich für ein Fahrzeug. Wichtig ist es, schnell zu reagieren, Richtwert ist am selben Tag, am Wochenende am nächsten Werktag. GW: Welche Marken bieten Sie an? D. Steeger: Wir konzentrieren uns auf unser Inzahlungnahme-Geschäft, und da die Kunden ihrer Marke meist treu bleiben, bleiben wir größtenteils im Bereich unserer vertretenen Marken. Da sind viele Renaults dabei, aber da wir eine Vielzahl von anderen Marken im Portfolio haben, wird unser Angebot schon bunter. Wir vermarkten in diesem Segment auch viele Leasingrückläufer. Diese sind ein guter Ertragsbringer, wenn man im Vorfeld schon die spätere Vermarktung mitbedenkt. Kleinwagen mit einer Leasinglaufzeit von fünf Jahren zum Beispiel ermöglichen lukrative Geschäfte. GW: Kaufen Sie gezielt Gebrauchte über Auktionen und Börsen zu? D. Steeger: Nein. Wir haben genug Ware aus unseren eigenen Inzahlungnahmen und Rückläufern. 15.000 Gebrauchte kommen über diese Schiene in unsere Betriebe. Das ist eine sehr komfortable Situation. GW: Ihre Preisstrategie bei CaptainCar? D. Steeger: Wir versuchen, unter der Grenze 10.000 Euro zu bleiben, um unsere Ware schnell zu drehen. Auch Finanzierung bieten wir natürlich an. GW: Momentan verkaufen Sie durchschnittlich 100 Fahrzeuge im Monat über CaptainCar. Wie wollen Sie den Absatz steigern? D. Steeger: Das geht nur über eine Erweiterung der Fläche. Wir haben da auch schon zwei, drei Standorte im Auge. Einer liegt im äußersten Nordwesten, in Berlin Spandau. Gerade in Berlin, dessen reiner Stadtbereich 45 mal 50 Kilometer abdeckt, spielt Regionalität eine große Rolle. In jedem Bezirk wohnen unterschiedliche Menschentypen, die wechseln für einen Gebrauchten nicht den Bezirk. Deshalb müssen wir Stützpunkte in verschiedenen Bezirken aufbauen. GW: Wie geht es weiter, was planen Sie für das kommende Jahr? Laut eigener Aussage wollen Sie es 2022 ja "so richtig krachen lassen". D. Steeger: Wir wollen erst einmal lernen. Wir schauen jetzt, ob die Vertriebsmarke so funkioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Dabei gehen wir ganz offen an das Thema Gebrauchtwagenvermarktung heran. Kann sein, dass eine andere Vermarktungsform viel erfolgversprechender ist. Dann können wir immer noch einen verkaufsoffenen Sonntag anbieten, Gebrauchte über Auto-Abo vermarkten oder Inzahlungnahme-Aktionen starten, im Rahmen derer Gebrauchte beim Kauf eines neuen Gebrauchten in Zahlung gegeben werden können und vieles mehr. An Ideen fehlt es uns nicht. Und an Gelassenheit auch nicht. Wir sind offen dafür, aus Fehlern zu lernen. Vielleicht lassen wir es auf andere Weise krachen: Kann sein, dass wir kommendes Jahr einfach die Marke CaptainCar kaputtgehen lassen und etwas Neues aufbauen. Ich bin jetzt alt genug, ein Start-up aufzubauen und gegebenenfalls auch damit zu scheitern. Und dann ziehe ich einfach ein neues auf. GW: Herr Steeger, vielen Dank für dieses Gespräch. Autohaus König Mit aktuell 54 Standorten in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Hamburg zählt das Autohaus König zu den größten Handelsgruppen Deutschlands. In den Betrieben werden 1.173 Mitarbeiter beschäftigt. Zum Portfolio gehören die Automarken Renault, Dacia, Fiat, Fiat Professionell, Jeep, Abarth, Kia und Ape sowie die Motorroller-Hersteller Vespa und Piaggio.

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