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E-Mobilität unter Strompreis-Schock: Das kann teuer werden

27.01.2023 09:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
E-Mobilität unter Strompreis-Schock: Das kann teuer werden
Vertagskunden können bei Ionity günstig Strom tanken. Andere Kunden müssen an den schicken Ladesäulen hingegen stolze Preise zahlen.
© Foto: VW

E-Auto-Besitzer fuhren lange Zeit sehr entspannt durchs Leben. Auch wegen der niedrigen Energiekosten. Doch damit ist es nun für viele vorbei.

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Lange galt der Umstieg aufs Elektroauto in Hinblick auf die Energiekosten als lukrativ. Die heimische Wallbox lieferte die Kilowattstunde für unter 30 Cent, weshalb bei sparsamen Modellen zum Teil sogar deutlich weniger als fünf Euro pro 100 Kilometer anfielen. Auch aufgrund zwischenzeitlich kräftig steigender Spritpreise galt der Wechsel vom schmutzigen Verbrenner zum sauberen Stromer als lohnendes Investment. Doch seit vergangenem Jahr hat sich in vielen Fällen der einstige finanzielle Vorteil ins Gegenteil verkehrt. Vor allem für Laternenparker sind die Energiekosten der sauberen E-Mobilität explodiert. Auch Langstreckenfahrer wären aktuell oftmals besser dran, wenn sie mit Diesel statt mit Strom fahren würden. Noch gibt es Potenziale, mit einem E-Auto seine Energiekosten niedrig zu halten. Doch heben können sie längst nicht alle. Für viele, so steht zu befürchten, dürfte das E-Auto deshalb aus finanzieller Sicht zunehmend unattraktiv werden.

Gut zehn Jahre ist es her, als die E-Mobilität mit neuen Modellen wie Tesla Model S oder BMW i3 allmählich Fahrt aufgenommen hat. Die Elektro-Ikone i3 zum Beispiel verursachte mit einem Verbrauch von rund 12 Kilowattstunden bei einem damaligen Preis von 25 Cent pro kWh rund gut drei Euro Energiekosten auf 100 Kilometer. Ein Benziner mit dem Leistungsniveau eines i3 verbrauchte um sieben Liter, was angesichts von damaligen Spritpreisen um 1,60 Euro pro Liter rund dreifach höhere Energiekosten verursachte. Autoexperten und Hersteller von E-Autos rechneten damals gerne vor, wie schnell sich die Mehrinvestition in ein elektrisch angetriebenes Modell amortisieren kann. Doch mit dieser Schönrechnerei ist es nun vorbei. In den letzten zehn Jahren sind die Preise für Benzin lediglich geringfügig gestiegen. Zwischenzeitlich kletterten die Spritpreise vergangenes Jahr aufgrund der Ukraine-Krise zwar in schwindelerregende Höhen, doch Ende 2022 bewegten sich die Benzinpreise in Deutschland nur noch leicht über dem Jahresmittel von 2012. Anders sieht es bei Preisen für Strom aus. Laut Verivox-Verbrauchspreisindex kostete die Kilowattstunde Ende 2012 im Bundesdurchschnitt noch 24,93 Cent. Zehn Jahre später waren es 43 Cent, was einem Plus von 72 Prozent entspricht. In einigen Fällen, etwa beim Kölner Unternehmen Rheinenergie, wurde Anfang 2023 der Preis der Kilowattstunde in der Grundversorgung von 31 auf sogar 55 Cent angehoben, ein Plus von 77 Prozent. Allerdings auf einem Schlag.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Zahl verbrauchsintensiver E-Autos am Markt wächst. Ein Grund dafür sind zunehmend größere Batterien für größere Reichweiten. Das ist der Alltagstauglichkeit zwar zuträglich, doch viele BEV-Modelle entfernen sich damit vom Verbrauchsideal eines BMW i3. 20 kWh pro 100 Kilometer sind in der Praxis mittlerweile eher Regel denn Ausnahme. Ist man im Winter auf der Autobahn mit noch moderaten 120 km/h und aktivierter Klimaanlage unterwegs, sind auch 30 kWh pro 100 Kilometer keineswegs abwegig. Angesichts der gestiegenen Strompreise geht mit solchen Verbrauchswerten bereits mit Strom aus der heimischen Wallbox der einstige Kostenvorteil verloren.

Unterwegs tanken kann teuer werden

Sogar richtig teuer kann es werden, wenn man unterwegs tanken muss. Das gilt vor allem an den mittlerweile entlang von Autobahnen zahlreich vorhandenen Schnellladesäulen. Der dort angebotene Gleichstrom ist seit jeher teurer als der Strom aus AC-Ladern oder der heimischen Wallbox. Hinzu kommt ein intransparenter Markt für Ladesäulen-Fahrstrom. Nicht jeder E-Auto-Fahrer hat für jede Konstellation den optimalen Roaming-Vertrag. In extremen Fällen kann es mittlerweile passieren, dass man bei exotischen Anbietern für eine Kilowattstunde sogar bis zu 1,00 Euro zahlen muss, wie eine aktuelle Recherche über die App Ladefuchs zeigt. Doch auch bei großen Fahrstrom-Anbietern wie EnBW wurden die zuvor noch moderaten Preise Mitte Januar deutlich erhöht. Wer zum Laden die EnBW-App "mobility+" mit Basistarif nutzt, muss an nicht von EnBW betriebenen Ladesäulen statt 45 Cent nun für die Kilowattstunde 65 Cent zahlen. An den Autobahn-Schnellladern von Ionity bleibt es hingegen bei den ohnehin schon happigen 79 Cent. Ob nun 65, 79 oder 98 Cent - mit einem verbrauchsintensiveren E-Auto können auf langer Fahrt leichthin 20 Euro oder mehr Energiekosten pro 100 Kilometer anfallen. Das ist in etwa doppelt so viel, wie man derzeit für einen vergleichbaren modernen Diesel-Pkw zahlen muss.

Wer weiterhin günstig elektrisch fahren will, sollte sich deshalb bei der Wahl des Modells vor allem über deren Praxisverbräuche informieren. Hier gibt es mittlerweile große Unterschiede. E-Autonutzer sind außerdem gut beraten, wenn sie im deutschen Fahrstrom-Tarif-Dschungel immer mal wieder nach günstigeren und für sie passenderen Angeboten suchen. Flexibilität und mehrgleisige Strategien können dabei nicht schaden. EnBW hat zum Beispiel parallel zur Preisanhebung drei Tarifstufen eingeführt. Für den neuen Tarif L werden Grundgebühren von 18 Euro pro Monat fällig, zugleich sinkt der Preis für eine Kilowattstunde auf 39 Cent an von EnBW betriebenen Ladesäulen sowie auf 50 Cent bei Fremdanbietern. Wer lange Strecken fährt, sollte als Nutzer der mobility+-App zum Beispiel in diesen Tarif wechseln. Bereits bei einer längeren Fahrt kann sich das rechnen. Alternativ ist es interessant, nach speziellen Angeboten zu schauen. Innerhalb des Ionity-Netzwerks werden zum Beispiel über Autohersteller wie Audi, Hyundai oder Mercedes gesonderte Konditionen angeboten, bei denen weiterhin kWh-Preise von 29 Cent möglich sind.

Supermärkte haben auf Bezahlmodus umgestellt

Die noch bessere Alternative ist kostenloser Fahrstrom. Unter anderem Supermarktketten haben in den vergangenen Jahren von sich Reden gemacht, da sie E-Auto-Nutzern beim Einkauf diesen zur Verfügung stellen. Zu diesen Anbietern gehörte bis vor kurzem auch die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland. Ende 2022 wurde allerdings hier auf ein Bezahlmodus umgestellt. Mittlerweile sind nur noch wenige Anbieter kostenlosen Fahrstroms übrig - wie etwa Aldi Süd, wo man an den Ladesäulen während der Geschäftsöffnungszeiten mittlerweile reges Treiben sowie gelegentlich auch eine gereizte Stimmung erleben kann. Eigentlich ist das Angebot bei Aldi Süd für Supermarkt-Kunden gedacht, doch mittlerweile kommen viele Tankgäste, zum Teil sogar täglich, um kostenlosen Fahrstrom abzugreifen. Sie belegen längerfristig den Ladeplatz, während mancher Aldi-Kunde leer ausgeht. Insofern sollte es nicht wundern, wenn auch dieses Kostenlos-Angebot bald eingestellt wird.

Anders als etwa bei den Spritpreisen, die nach Rekordhöhen im Frühjahr 2022 wieder deutlich gesunken sind, ist eine Entspannung am Strommarkt und eine Rückkehr zu alten Preisen zumindest mittelfristig nicht zu erwarten. Experten gehen vielmehr davon aus, dass sich Verbraucher an die in jüngster Zeit stark gestiegenen Strompreise gewöhnen müssen. Wohl auch deshalb gilt mittlerweile die Solaranlage als das probateste Mittel, die Kosten für Fahrstrom zu senken. Wer zuhause lädt und zusätzlich zum Strom vom Versorger vor allem Strom aus der eigenen Solaranlage tankt, kann seine Fahrkosten sogar deutlich senken.

Laut ADAC bewegen sich die Preise für eine Kilowattstunde Solarstrom zwischen acht und 18 Cent und damit deutlich unter dem aktuellen Niveau für Strom aus dem Netz. Nicht getankter Strom der Solaranlage wird zudem ins Netz eingespeist und mit 7,1 bis 8,2 Cent pro kWh vergütet, was die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage weiter erhöht.

Für Hausbesitzer mit PV-Anlage ist das E-Auto eine attraktive Alternative 

Die Möglichkeit, Fahrstromkosten mit einer eigenen PV-Anlage zu senken, hat allerdings längst nicht jeder. Der seit einigen Jahren weiter fortschreitende Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur ist unter anderem dazu gedacht, Autofahrern ohne Eigenheim und Zugang zu einer eigenen Wallbox die alltagstaugliche Nutzung eines E-Autos zu ermöglichen. Doch wer auf das Tanken an öffentlichen Ladesäulen angewiesen ist, könnte angesichts der stark gestiegenen Preise für Fahrstrom zumindest in finanzieller Hinsicht seinen Umstieg aufs E-Auto überdenken. Eine finanziell attraktive Alternative ist das E-Auto derzeit und perspektivisch vor allem für Eigenheimbesitzer, die in eine eigene PV-Anlage investieren.

Allerdings bleiben auch die Spritpreise nicht zwingend auf dem aktuell relativ günstigen Niveau. Wie schnell der Markt auch dort auf Preissteigerungschancen reagiert, zeigte ja das vergangene Jahr.


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KOMMENTARE


Alex Kramer

31.01.2023 - 11:12 Uhr

Als Beispiel dafür, dass die Benzinpreise nur leicht gestiegen sind, die extremen Preise des Iran Ölembargo Jahres 2012 heranzuziehen, ist allerdings ein interessanter Schachzug. Alle Arten von Energie ist teurer geworden und die derzeitige Mangellage an Technik und Installationskräften für erneuerbare Energie wird ein schnelles Umschalten darauf auch nicht ermöglichen. Es wird Zeit, dass die Autohersteller nicht permanent versuchen E-Autos auf Leistung zu trimmen, sondern sich an den immer stärker werdenden Temporegulierungen und den preissensiblen Verbrauchern anzupassen. Die meisten E-Autos sind Leistungsmäßig den Verbrennern deutlich überlegen, ohne dass die Fahrer das Potential jemals ausschöpfen würden. Auch wenn moderne Technik immer nur einen Bruchteil der möglichen Gesamtleitung abruft, müssen sämtliche Bauteile auf die Maximalleistung abgestimmt werden. Das kostet. Hier würde ich mir ein Umdenken der Verbraucher und Hersteller wünschen, damit ich nicht immer denken muss "Warum hat dieses Auto jetzt 230 kW Leistung, wird aber bei 180 Km/h abgeriegelt"?


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