Audi-Gebrauchtwagen: Plus-Zentrum München: "Die Rivalen haben bemerkt, dass ein neuer Akteur am Markt ist"

Stolze 45.000 Quadratmeter Fläche, 54 Millionen Euro Baukosten, 700 Ausstellungsfahrzeuge und 119 Mitarbeiter: Dem Audi Gebrauchtwagen :plus Zentrum München mangelt es nicht an Superlativen. Audis erster reiner Gebrauchtwagenstandort ist der größte seiner Art weltweit. Das Zentrum in Eching gehört zur Audi München GmbH, einer Gesellschaft der Volkswagen Group Retail Deutschland (VGRD). In diesem Jahr feiert es nun sein fünfjähriges Jubiläum. Zeit für eine Bilanz. AUTOHAUS sprach deshalb mit Markus Schuster, dem Leiter des Business Development Gebrauchtwagen bei Audi, sowie mit Verkaufsleiter Kurt Klostermann und Betriebsleiter Oliver Riedel über das Konzept und die wirtschaftliche Entwicklung des Standorts. AH: Das Audi-Gebrauchtwagenzentrum an der Autobahn A9 bei Eching feiert in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag. Warum hat sich Audi damals entschieden, einen reinen Gebrauchtwagenstandort zu eröffnen? M. Schuster: Das Thema Gebrauchtwagen ist für den gesamten Automobilmarkt über die letzten zehn Jahre immer wichtiger geworden. Dementsprechend hat es auch bei Audi einen zunehmend höheren Stellenwert bekommen und wurde in seiner Qualität deutlich aufgewertet. Wir unterscheiden nicht zwischen Neuwagenkunden und Gebrauchtwagenkunden. Für uns gibt es nur Audi-Kunden. Und gerade bei jungen Gebrauchtwagen haben diese die gleichen Erwartungen an Audi wie im Neuwagenbereich. Deswegen haben wir damals beschlossen, einen Leuchtturmbetrieb zu schaffen, in dem wir das Thema in der absolut professionellsten, qualitativ hochwertigsten Form spielen. Wir wollen den Idealzustand zeigen: So sollen junge Gebrauchtwagen verkauft werden, um den Kunden die bestmögliche Kauf-Erfahrung zu bieten. Zentrum als Best-Practice-Beispiel AH: Das Zentrum ist also ein Praxisbeispiel für andere Audi-Vertragshändler? Nach dem Motto: Kommen Sie nach Eching und sehen Sie sich das an - so würden wir uns das vorstellen. M. Schuster: Absolut! Wir erwarten selbstverständlich nicht überall Händlerbetriebe in dieser Dimension - ein Vorbild soll das Zentrum aber definitiv sein. Und viele Händler nehmen das auch so wahr. Es gibt etliche Audi-Partner aus Deutschland und auch aus dem Ausland, die nach Eching kommen und schauen, wie wir das Thema Gebrauchtwagen hier handhaben. Daneben nutzen wir das Zentrum in Eching auch als Versuchsfeld, auf dem wir neue Projekte pilotieren. Bewähren sie sich, rollen wir sie später auch bei anderen Gebrauchtwagenpartnern in Deutschland aus. Ein Beispiel: Hier in Eching haben wir erstmals einen Bereich nur für Audi Sport reserviert. Damit wollten wir diese Modelle räumlich von den anderen abheben und so deren Exklusivität unterstreichen. Weil das bei den Kunden gut ankommt, rollen wir das nun auch bei anderen Audi Gebrauchtwagen :plus Partnern in Deutschland aus. Umsatz in drei Jahren verdoppelt AH: Wie hat sich das Zentrum in den letzten Jahren wirtschaftlich entwickelt? K. Klostermann: In unserem ersten vollen Geschäftsjahr 2014 haben wir rund 2.800 Fahrzeuge ausgeliefert und 34.000 Werkstattstunden verkauft. 2017 liegen wir bei einem Volumen von etwa 5.300 Autos sowie 57.000 Werkstattstunden. Das ist fast eine Verdoppelung in nur drei Jahren. Das Personal ist in dieser Zeit dagegen nur von 100 auf 119 Mitarbeiter gewachsen. O. Riedel: Das zeigt, was alles möglich ist, wenn Mitarbeiter zueinander finden und Prozesse richtig organisiert werden. Aber das musste sich anfangs erst einmal einrütteln. Das war unsere erste große Aufgabe. Mittlerweile ist aus den 100 beziehungsweise 119 Einzelnen aber ein eingespieltes Team geworden. AH: Zur Eröffnung im Jahr 2013 sagte der damalige Vertriebsleiter Wayne Griffiths, Audi wolle mit dem Zentrum ein Zeichen an den großen Konkurrenten vor Ort senden. Hat er es gehört? O. Riedel: Ich denke, alle Lokalrivalen haben bemerkt, dass hier ein neuer Akteur am Markt ist. Von denen haben wir uns durch unseren Fokus auf junge Gebrauchte klar abgesetzt. Man muss am Markt immer eine Lücke finden. Und da war schon etliches besetzt. Trotzdem haben wir hier in kurzer Zeit eine enorme Erfolgsstory hingelegt. K. Klostermann: Ich würde sagen, dass wir fast 50 Prozent mehr junge Gebrauchte verkaufen als unsere Wettbewerber hier in der Nähe. Es gibt also sicher Marktverschiebungen durch uns. Die Größe erzeugt einen Nachfragesog AH: Worauf führen Sie den wirtschaftlichen Erfolg zurück? O. Riedel: Angebot schafft Nachfrage. Mit unseren rund 700 ständig verfügbaren Fahrzeugen auf 45.000 Quadratmetern Fläche erzeugen wir allein durch unsere Größe einen Nachfragesog. Denn die führt dazu, dass sich die Menschen mit Audi beschäftigen. Und wenn sie das tun, dann verkaufen wir letztendlich mehr Autos. Zudem wissen die Kunden dank der 700 Fahrzeuge: Wenn sie hierher kommen, werden sie nicht enttäuscht. Sie werden ein Auto finden, das zu ihnen passt. K. Klostermann: Und selbst wenn nicht, gelingt es unserer Verkaufsmannschaft in kurzer Zeit das passende zu beschaffen. Die Mitarbeiter sind ein weiterer, entscheidender Erfolgsfaktor. Es ist ihr Verdienst, dass wir es schaffen, die Kunden immer richtig abzuholen, zu betreuen und zu beraten. Wir haben es mit dem Counterpersonal an unseren zwei Eingängen zum Beispiel geschafft, dass kein Kunde bei uns hereinkommt, ohne dass er Kontakt hat und ihm geholfen wird. Die menschliche Note ist neben Qualität und Preis entscheidend. Das wird im Gebrauchtwagenbereich oftmals noch nicht so stark gelebt wie hier. Dabei ist es doch dieser Punkt, der zu Wiederkäufen führt. Am Anfang kamen 60 Prozent unserer Kunden zu uns, weil sie uns von der Autobahn A9 aus gesehen hatten. Dort fahren täglich 150.000 Menschen vorbei. Dieses Potenzial ist aber begrenzt. Die enorme Umsatzsteigerung war darum nur möglich, weil uns viele der einmal gewonnenen Kunden treu bleiben und auch ihr zweites und drittes Auto bei uns kaufen. Marktanteile gewonnen AH: Haben die Marktverschiebungen, die Sie ausgelöst haben, dazu geführt, dass auch andere Audi-Partner in der Region Kunden verloren haben? M. Schuster: Wir haben in Deutschland eine relativ konstante Zahl von Gebrauchtwagen :plus Partnern. Und das Gebrauchtwagengeschäft hat sich in den letzten Jahren volumenseitig extrem positiv entwickelt. Das heißt: Es ist immer mehr Geschäft dazugekommen. Vor drei Jahren hatte die Audi-Handelsorganisation bei Gebrauchtwagen unter fünf Jahren einen Anteil von zirka 50 Prozent an allen Audi-Gebrauchtwagen-Besitzumschreibungen in Deutschland. Mittlerweile ist dieser Anteil bei mehr als zwei Dritteln. Das Gebrauchtwagenzentrum in Eching hat dem restlichen Netz also nicht geschadet, sondern ganz im Gegenteil unseren Wachstumspfad unterstützt. Das belegt auch die auf lange Sicht stabile Preisentwicklung hierzulande. Die spricht klar gegen einen Intramarkenwettbewerb. AH: Befürchten Sie nicht, dass das Engagement im Geschäft mit den jungen Gebrauchten dem Neuwagenabsatz schadet? M. Schuster: Im Gegenteil. Wir bedienen konsequent die Wünsche unserer Kunden. Viele Menschen sind mit einem jungen Gebrauchtwagen sehr gut unterwegs. Wir bieten ihnen die Wahl. Zudem bedeutet für viele der Gebrauchte den Einstieg in die Marke Audi, später kaufen sie dann einen Neuwagen. O. Riedel: Welches Fahrzeug es dann wird, entscheidet sich ohnehin oft aufgrund der Lebensumstände des Käufers. Für Gewerbetreibende ist es beispielsweise nicht so sinnvoll, einen jungen Gebrauchten anstatt eines Neuwagens zu kaufen. Und bei vielen Privatleuten erlauben es gerade die attraktiven Gebrauchtwagenkonditionen, dass sie ihre Wunschmarke Audi fahren können. K. Klostermann: Ich denke, ein großer Aspekt ist auch das Thema Lieferzeit. Manche Kunden wollen zum Beispiel ihren RS6 jetzt sofort. Das ist häufig eine emotionale Geschichte. Oder wenn jemand schlicht schnell Ersatz für sein vorheriges Auto braucht: Wir können in zwei Wochen liefern. Das ist ein wichtiges Argument. Letztlich sucht sich jeder für seine Bedürfnisse das richtige Auto. Grenze des Wachstums bald erreicht AH: Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft werfen: Welche Absatzziele haben Sie sich für die kommenden Jahre gesetzt? O. Riedel: Jedes Autohaus erreicht irgendwann einmal eine Grenzkapazität, ab der mit der bestehenden Zahl an Stellplätzen nicht mehr Autos verkauft werden können. Hier am Standort Eching liegt die Grenze bei etwa 5.500 bis 5.600 Fahrzeugen pro Jahr. Die wollen wir bald erreichen. Danach wird es vermutlich noch ein leichtes Wachstum geben, weil unsere Mitarbeiter Ideen für bessere Prozesse haben und Stellplätze schneller frei werden. Viel wird das aber nicht mehr sein. Die Stückzahl weiter zu steigern wäre nicht sinnvoll, weil die Komplexität und damit die Prozesskosten überproportional stark steigen würden. Das Ganze wäre für uns nicht mehr handhabbar und würde sich auf die Kundenzufriedenheit auswirken. AH: Gibt es angesichts dieses wirtschaftlichen Erfolgs Pläne für weitere Gebrauchtwagenzentren wie das in Eching? M. Schuster: Wir haben 2016 ein zweites Gebrauchtwagenzentrum in Stuttgart eröffnet, das mittlerweile ebenfalls sehr erfolgreich läuft. Wir analysieren gemeinsam mit Investoren weltweit laufend Marktpotenziale und Standorte. Besonders in großen Metropolen sehen wir noch Wachstumspotenzial. Wenn es wirtschaftlich Sinn macht, sind Gebrauchtwagen :plus Zentren auch an anderen Standorten denkbar. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Kurzfassung Ausschlaggebend für die gute Entwicklung des Gebrauchtwagenzentrums sind nach Ansicht der Verantwortlichen die Größe der Auswahl und die gute Kundenbetreuung, die zu vielen Wiederkäufern führt. Audi selbst sieht das Zentrum längst als Best-Practice-Beispiel für andere Audi-Partner. Um Marktpotenziale zu erschließen, sind für die Zukunft vor allem in Metropolen weitere "Gebrauchtwagen-:plus-Zentren" denkbar.

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