Ausgabe 21/2010: Die neuen Sternstunden

Die neuen SternstundenMercedes-Benz E Vertriebschef Joachim Schmidt freut sich über einen Gewinn in 2010 und kündigt für 2011 etliche Neuheiten an. von Prof. Hannes Brachat Wer gegenwärtig mit den Top-Managern von Mercedes-Benz im Gespräch ist, erhält deutliche Signale, die nichts mit Gesundbeten zu tun haben. „Das Beste oder nichts“ ist interner wie externer Anspruch. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach darüber mit Dr. Joachim Schmidt, Mitglied der Geschäftsleitung Mercedes-Benz Cars, Vertrieb und Marketing.AH: Herr Dr. Schmidt, Sie sind in Ihrer Aufgabe angetreten, dem Mercedes-Stern den alten Glanz zurückzubringen. Daraus entstand eine neue Marken-Kampagne mit der neuen Dreidimensionalität des Markenlogos. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im Hause des Sterns alle zwei Jahre der Konzernname, das Logo, ja die Philosophie geändert wird. Was steht dahinter?J. Schmidt: Hier sollte man zunächst zwischen Marke und Unternehmen unterscheiden. Unser Mutterkonzern hat seinen Namen aus nachvollziehbarem Grund gewechselt. Die Marke selber heißt ja schon seit dem Zusammenschluss von Gottlieb Daimler und Carl Benz im Jahre 1924 Mercedes-Benz. Was sich jetzt geändert hat, ist der Auftritt. Damit haben wir ein Fundament gelegt, das über viele Jahre tragen wird und eine hervorragende Basis für die große Produktoffensive der kommenden Jahre darstellt: Bis Ende 2011 kommen allein 16 neue Modelle auf den Markt. Parallel arbeiten wir weiter intensiv an unserer Produkt- und Servicequalität und neuen Technologien. Das spiegelt sich auch in der neuen Positionierung unserer Marke wider. Dazu haben wir den Führungsanspruch, der Mercedes-Benz als Erfinder des Automobils von jeher ausmacht, fest verankert und um die Markenwerte Verantwortung, Faszination und Perfektion ergänzt. Konkret bedeutet das: Es geht jeweils um die Suche nach der besten Lösung und darum, unseren Kunden in der Summe das beste Angebot zu machen. Das Herz dazu liegt in einer hohen Ingenieurskunst – im schwäbischen Tüftlertum. Diesen Anspruch bringen wir weltweit mit dem Slogan „Das Beste oder nichts“ zum Ausdruck. Er entspricht unserer Herkunft und unterstreicht und stärkt die Einzigartigkeit unserer Marke. Das wurde intern mit sehr hoher Akzeptanz angenommen und seit Mitte dieses Jahres konsequent auch extern in entsprechenden Kampagnen umgesetzt. AusstattungsdetailsAH: Sieht man die neuen Mercedes-Benz-Erfindungen wie das Sicherheitssystem „Pre-Safe“, den aktiven Totwinkel-Assistenten, den Müdigkeitsdetektor „Attention Assist“, den aktiven Spurhalteassistenten oder Fernlichtassistenten, dann findet man diese in der Oberliga ihrer Modelle. Für den Normalfahrer ist das aber nicht bezahlbar?J. Schmidt: Wir können und wollen die A-Klasse natürlich nicht genauso ausstatten wie die S-Klasse, denn die Bedürfnisse der Kunden unterscheiden sich sehr stark von Segment zu Segment. Ob Motor oder Insassensicherheitssysteme, wir wollen mit unseren Produkten den Kunden bezogen auf das jeweilige Segment jeweils das beste Angebot machen. Entsprechend stellen wir in unserer Marketingkommunikation künftig verstärkt die Innovationen und Produktfeatures heraus und betonen so den unmittelbaren Kundennutzen. AH: Wenn Sie ab 2015 pro Jahr 1,5 Millionen Fahrzeuge verkaufen wollen, sind davon bestimmt 300.000 Einheiten im unteren Segment angesiedelt. Die bedürfen dennoch diverser Ausstattungsdetails?J. Schmidt: Wir werden deshalb z. B. aktive Fahrerassistenzsysteme Stück für Stück auch in der Kompaktwagenklasse einführen. Man kann Innovationen auch aus technischen Gründen nicht immer sofort in allen Baureihen umsetzen, denn dazu ist oftmals auch die neueste elektronische Plattform notwendig.WettbewerberAH: Wer ist für Sie der größere Wettbewerber, Audi oder BMW? Mehr und mehr Dienstwagenfahrer bevorzugen beispielsweise den Audi A4.J. Schmidt: Natürlich beobachten wir beide Premiumwettbewerber. Es gibt dabei von Land zu Land und von Region zu Region Unterschiede. In den ersten neun Monaten dieses Jahres liegen wir in Deutschland beim Marktanteil beispielsweise weit vorne, in China wachsen wir am schnellsten und in den USA haben wir mehr Autos verkauft als die beiden Wettbewerber. Wir sind weltweit Marktführer mit unseren C-, E- und S-Klasse-Limousinen. Das ist aber für uns kein Grund, sich zurückzulehnen. Wir sind sehr guter Dinge, dass wir mit unseren gegenwärtigen und zukünftigen Produkten gut im Wettbewerb stehen werden. Und grundsätzlich geht es uns nicht allein um Stückzahlen, sondern vielmehr um nachhaltige Profitabilität. Wirtschaftsjahr 2010AH: Sie können in 2010 weltweit auf eine gute Zulassungsentwicklung schauen. 2009 schrieb der Konzern noch 1,9 Milliarden Euro Verlust, 2010 werden es voraussichtlich 6 Milliarden Euro Gewinn sein. China heißt der Rettungsanker. Genügt das? Beispiel: Der Smart ist jetzt 12 Jahre alt und MB fällt immer noch kein Nachfolgemodell ein? Wie soll ein Händler von einem einzigen Modell überleben können?J. Schmidt: Die Profitabilität von Mercedes-Benz-Cars ist in der Tat wieder auf einem Premium-Niveau angelangt. Die Erfolge kommen aber nicht allein von China. Wir wachsen auch in den übrigen asiatischen Ländern, wie beispielsweise Südkorea, Taiwan und Japan sowie in den anderen BRIC-Staaten Indien, Brasilien und Russland. Hier liegen die Steigerungsraten in diesem Jahr bisher zwischen 40 und 80 Prozent. In den USA, wo wir sehr stark sind, steigt unser Absatz seit Jahresbeginn zweistellig. Aber auch in Westeuropa ohne Deutschland konnten wir zuletzt im September um sieben Prozent wachsen. Ferner haben wir durch den weltweiten Erfolg unserer E- und S-Klasse eine sehr hochwertige Absatzstruktur. Unser erklärtes Ziel ist es, ab 2013 nachhaltig zehn Prozent Umsatzrendite über den Produktzyklus zu erreichen. Ab 2015 wollen wir pro Jahr 1,5 Mio. Fahrzeuge verkaufen.Zu Smart: Der ist keineswegs alt, wir sind ja bereits in der zweiten Generation und haben gerade auch eine Modellpflege aufgelegt. Die ersten Fahrzeuge wurden im September ausgeliefert. Wir erwarten dadurch eine Belebung der Nachfrage. Weltweit lag der Absatz zuletzt im September sieben Prozent über dem Vorjahr, in Deutschland ist der Smart Fortwo seit über einem halben Jahr durchgängig die Nummer eins in seiner Vergleichsklasse. Und wir arbeiten intensiv an der dritten Generation, für die wir unser Portfolio ja auch um einen 4-Sitzer erweitern. Bis diese Fahrzeuge auf den Markt kommen, werden wir uns noch einiges einfallen lassen. Denken Sie an den Elektro-Smart, mit dem wir Vorreiter sind. Wir werden diesen ab 2012 in Serie produzieren. Wir werden die Marke Smart halten und kultivieren. Sie können sicher sein, dass wir 2015 deutlich über 100.000 Smart verkaufen werden.Kooperation RenaultAH: Verträgt sich das Mercedes-Benz-Markenimage mit den Abstrahleffekten vom neuen Kooperationspartner Renault?J. Schmidt: Grundsätzlich gilt: Zur Bewahrung der Einzigartigkeit unserer Marken gehen wir keine Kompromisse ein, auch nicht unter Kooperationsaspekten. Bezogen auf die Zusammenarbeit mit Renault-Nissan geht es ja vor allem um Smart und nicht um Mercedes-Benz. In jedem Fall können wir auf Basis gemeinsamer, technischer Konzepte durchaus unterschiedliche und markentypische Produkte entstehen lassen – bei Fahrzeugen und Motoren. Dadurch stellen wir sicher, dass die Identitäten der Marken unberührt bleiben. Das gilt auch für einen kleinen Vierzylinder Motor, den wir als Teil dieser Kooperation für Mercedes-Benz entwickeln.Modelleinführungen 2011AH: Welche neuen Modelle stehen für 2011 vor der Tür?J. Schmidt: Anfang des Jahres kommt der neue CLS, im Frühjahr folgen der neue SLK und die neue Generation der C-Klasse und des C-Klasse Coupés, später kommt die neue M-Klasse und Ende des Jahres die neue B-Klasse. Schon ab Ende dieses Jahres haben wir drei Elektrofahrzeuge in Serienproduktion: den Smart Fortwo electric drive, die A-Klasse E-Cell und die B-Klasse F-Cell. Parallel dazu führen wir effiziente und verbrauchsreduzierte Motoren und neue Technologien ein. In der Werbung werden wir künftig noch deutlicher herausstellen, was wir bei diesem Thema alles bewegen: Flächendeckende und serienmäßige Start-Stopp-Einführung, modernste Diesel, Siebengangautomatik. Unser Anspruch: Wir wollen in jedem Segment die verbrauchsgünstigsten Fahrzeuge anbieten. AH: Herr Dr. Schmidt, vielen Dank für das Gespräch!einige Kernaussagen1. Der Auftritt „Das Beste oder nichts“ soll die Marke viele Jahre tragen. Er unterstreicht den Führungsanspruch von Mercedes und transportiert die Markenwerte Verantwortung, Faszination und Perfektion.2. BMW und Audi werden genau beobachtet; in Deutschland hat Mercedes den größten Marktanteil.3. Die Profitabilität von Mercedes-Benz-Cars ist wieder auf hohem Niveau angelangt. Starke Wachstumsraten erzielt man in Asien und den BRIC-Staaten, ebenso in den USA.4. Ab 2013 sollen zehn Prozent Umsatzrendite über den Produktzyklus erreicht werden.5. Von der Modellpflege des Smart erwartet Schmidt eine Belebung der Nachfrage. Der Elektro-Smart kommt ab 2012 in Serie.

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