Kfz-Gewerbe: Der Kampf gegen Fahrverbote

Die Diskussion um Dieselfahrverbote hält die Republik und in ihren Auswirkungen das Kraftfahrzeuggewerbe in Atem. Laut Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe haben die Betriebe noch einen Bestand von mehr als 300.000 Euro 5-Dieselautos im Wert von rund 4,5 Milliarden Euro im Bestand. Diese Fahrzeuge sind zurzeit kaum oder nur mit hohen Abschlägen zu verkaufen. Mit der Vorlage der Entwürfe für die neuen Luftreinhaltepläne in Düsseldorf und Stuttgart ist das Verfahren in Sachen Fahrverbote jetzt in eine neue Runde gegangen. Eine bundesweite Lösung ist aber weiterhin nicht in Sicht, denn die beiden Städte positionieren sich komplett unterschiedlich: In Düsseldorf soll es gar keine Einfahrtverbote für Diesel geben, in Stuttgart im gesamten Innenstadtgebiet für Euro 4 Diesel abwärts. Bemerkenswert: Obwohl die Deutsche Umwelthilfe (DHU) massiv Druck in diese Richtung macht, blieben Euro 5 Diesel auch im Ländle nach derzeitigem Stand verschont. Verschnaufpause Das Kfz-Gewerbe in Nordrhein-Westfalen sieht im Verzicht der Landesregierung auf Fahrverbote lediglich eine kurze Verschnaufpause im verwaltungsgerichtlichen Ringen mit Lobbyorganisationen wie der DUH. In Stuttgart prüft der Landesverband Baden-Württemberg rechtliche Schritte wegen der Existenzgefährdung der Betriebe in den von Fahrverboten betroffenen Gebieten. In beiden Städten werden erneute Klagen der DUH vor dem Bundesverwaltungsgericht erwartet. Und diese werden auch nicht in kurzer Zeit für Klarheit sorgen. Im Gegenteil: Experten gehen davon aus, dass die Verfahren diesmal noch länger dauern werden als beim letzten Mal, weil eine Beweisaufnahme nötig werden wird. Es geht um die Frage: Sind die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen der Städte geeignet, den in der EU seit 2010 geltenden Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel zu erreichen? Der Unsicherheit der Verbraucher ein schnelleres Ende setzen könnte lediglich eine bundesweite Regelung, die Klarheit schafft. Hardwarenachrüstung hilft Hoffnung gibt es aber in Sachen Hardwarenachrüstung. Diese wird von den Funktionären des Deutschen Kfz-Gewerbes schon lange gefordert. ZDK-Präsident Jürgen Karpinski wird nicht müde, dieses Thema immer und immer wieder auf allen Ebenen anzusprechen. Pluspunkt bei diesem Thema: Auch die DUH ist für die Hardwarenachrüstung. Nach Auskunft des Baden-Württembergischen Verkehrsministeriums steht nun folgender Satz im aktuellen Entwurf für den Luftreinhalteplan von Stuttgart: "Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro 5/V mit Hardware-Nachrüstung werden unbegrenzt und Kraftfahrzeuge mit Softwareupdate werden für eine Übergangszeit von zwei Jahren von Verkehrsverboten ausgenommen." Damit wäre klar: Wer einen Euro 5 Pkw oder Lkw beispielsweise mit SCR-Katalysator nachrüstet, hat dauerhaft freie Fahrt. Bundesweite Regelung erforderlich Torsten Treiber, Obermeister der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart, rechnet fest damit, dass spätestens im September solche Anlagen auch lieferbar sind: "Soweit wir wissen, haben die Hersteller HJS und Proventia bereits eine Allgemeine Betriebserlaubnis vom Kraftfahrt-Bundesamt für Anlagen erhalten." Die Hersteller Twintec/Baumot stünden ebenfalls in den Startlöchern. Dass die Kraftfahrzeugbetriebe einbauen können, was der Markt anbietet, bekräftigen die Branchenvertreter schon lange. Mit der Ankündigung, im Luftreinhalteplan freie Fahrt für diese Fahrzeuge festzuschreiben, gibt das Land Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hoffentlich eine Richtung vor. Denn dieser müsste für die verwaltungstechnischen Voraussetzungen sorgen. Frank Mund, Präsident des Kfz-Gewerbes NRW, bringt es so auf den Punkt: "Schafft endlich bundesweit die verordnungsrechtliche Voraussetzung zur Umrüstung älterer Diesel-Pkws und ihrer abgasnormrelevanten Neuklassifizierung!" Hardwarenachrüstung lohnt sich Bei der Frage, wer die Nachrüstung bezahlen soll, kommt auch Bewegung in die Debatte: Treiber meint, dass sich angesichts von Fahrzeugen, die derzeit vier-, fünf- oder sechstausend Euro an Wert verloren haben, die Nachrüstung für zirka 2.500 Euro immer lohnt. Und zwar für Privatkunden wie für Händler. Abgesehen davon gäbe es für private Dieselbesitzer noch eine Variante, wenn die Bundesregierung keine Lösung finde: "Nachrüstsatz einbauen und dann den Hersteller auf Ersatz der Kosten verklagen. Das wird im Moment schon diskutiert." Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bis Ende September eine Entscheidung in dieser Sache angekündigt. Stuttgarter Autohäuser bedroht Neben der bundesweit geltenden Problematik des Wertverlustes bei Dieselfahrzeugen würden die Auswirkungen der Dieselfahrverbote für die Stuttgarter Autohäuser aber noch viel schlimmer sein: Es soll nämlich nach dem aktuellen Planentwurf keine freie Zufahrt für Euro-4-Diesel-Kunden zu den rund 120 Kraftfahrzeugbetrieben geben, die in der Stuttgarter Umweltzone liegen, wenn dort ab 1. Januar 2019 ein Fahrverbot für Euro-4-Diesel gilt. "Damit werden die 120 Stuttgarter Betriebe mit ihren rund 2.000 Beschäftigten akut in ihrer Existenz gefährdet", sagen Carsten Beuß und Christian Reher, Geschäftsführer der Innung Stuttgart. Ihre Konsequenz: "Wir werden allen Betrieben, die durch die Fahrverbote möglicherweise vor dem Ruin stehen, raten, gegen den Luftreinhalteplan zu klagen." Das Möhringer Autohaus Lutz zum Beispiel, dessen Geschäftsführer Roger Schäufele gleichzeitig Stuttgarter Kreisvorsitzender der Innung ist, hat mehr als 50 Prozent seiner Kunden außerhalb der Umweltzone. Diese würden nach den Planungen der Regierung am 1. Januar 2019 mit einem Schlag abgeschnitten. Schäufele schätzt, dass zwischen 200 und 250 Kunden mit Euro-4-Dieseln in der ersten Fahrverbotsphase bei ihm wegfallen. Im April 2019 werde es dann noch schlimmer. Das sind die Zahlen für einen Familienbetrieb mit 42 Arbeitsplätzen. Größere, wie zum Beispiel die Schwabengarage, die ihre Zentrale am Stuttgarter Neckartor hat, trifft es noch härter. Härtefallregelung Nachdem der Verband des Kfz-Gewerbes deswegen vorstellig geworden war, hat das Landesverkehrsministerium nun eine Härtefallregelung angeboten: Sofern Betriebe durch die Verkehrsbeschränkungen "nachweislich in ihrer Existenz bedroht sind, kann eine Einzelgenehmigung bei der Stadt Stuttgart beantragt werden." Dazu müsse die begründete Stellungnahme eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers vorgelegt werden. Kunden mit Dieseln unter Euro 5 könnten dann mit einer Terminbestätigung der Werkstatt in die Umweltzone auf direktem Weg einund ausfahren. Eine generelle Ausnahme sei nicht möglich. So eine Härtefallregelung für einzelne Betriebe ist für das Kraftfahrzeuggewerbe zwar "ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber wahrscheinlich keine ausreichende Lösung des Problems, dass alle Stuttgarter Werkstätten von ihren Euro-4-Kunden abgeschnitten werden", erklärt Beuß dazu. Denn: "Einzelgenehmigungen brächten nicht nur einen hohen bürokratischen Aufwand, sie haben auch große Schwächen." Seiner Meinung nach wäre es schwierig für die Stadt zu entscheiden, ob 20, 30 oder 50 Prozent voraussichtliche Umsatzeinbuße existenzgefährdend sind. Die rechtliche Auffassung des Verbandes ist, dass eine generelle Ausnahmegenehmigung für alle Betriebe im Luftreinhalteplan möglich ist und Land und Kfz-Gewerbe diese rechtliche Position auch in Gerichtsverfahren halten können. Kurzfassung In Baden-Württemberg kämpft der Landesverband des Kfz-Gewerbes nachdrücklich für verträgliche Lösungen für die Autohäuser im Rahmen des neuen Luftreinhalteplans. In Düsseldorf sind keine Einfahrverbote vorgesehen. Dennoch ist noch kein Ende der Diskussion in Sicht.

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