Unabhängig von den Diskussionen über Umweltschutz und alternative Mobilitätslösungen bleibt der eigene Pkw für die große Mehrheit in Deutschland alternativlos. Laut des am Dienstag in Berlin vorgestellten DAT-Reports 2024 bestätigen 81 Prozent aller von der Deutschen Automobiltreuhand (DAT) befragten Pkw-Halter, dass das Auto unverzichtbar sei als Begleiter im Alltag.
Das Automobil sei daher primär kein Luxusartikel, sondern häufig die einzige Möglichkeit, den Mobilitätsbedarf zu decken, kommentieren die Studienmacher. Das Auto habe auch 2023 für 90 Prozent der Pkw-Halter eine elementare Rolle gespielt, weil es für sie Freiheit und Unabhängigkeit garantiere. Zudem bestätigten 84 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass das Autofahren Spaß mache; 73 Prozent freuten sich jedes Mal, wenn sie ihr Auto gesehen haben.
"Meist hochpreisig in der Anschaffung, technisch komplex und für viele mit einer emotionalen Komponente versehen, begleitet der Pkw seinen Halter im Schnitt etwa sieben Jahre", heißt es im neuen Report. "Doch aufgrund aktueller Diskussionen über den Klimaschutz gerät die individuelle Mobilität zunehmend in den Fokus." So sei die Beziehung der Pkw-Halter zum Auto zuletzt auch von Ängsten, Unsicherheiten und umwelt- sowie verkehrspolitischen Gedanken geprägt. Aufgrund aktueller Entwicklungen wie hoher Kosten – etwa bei Kraftstoffpreisen, Pkw-Unterhaltskosten oder hohen Zinsen – gab knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Halter an, Angst zu haben, sich bald keinen Wagen mehr leisten zu können.
Kompromisse und Umdenken beim Autokauf
Für viele, die sich im vergangenen Jahr für ein neues Auto entschieden, war die Anschaffung dringend erforderlich. Nachdem sich in der Mangellage des Jahres 2022 der Autokauf als enorm schwierig erwiesen hatte, gaben nun 54 Prozent der Neuwagen- und 68 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer an, dass ihr Kauf im Jahr 2023 absolut notwendig war. Mit 90 Prozent war vor allem für die Gebrauchtwagen-Erstkäufer die Pkw-Anschaffung unausweichlich.
Zudem mussten viele Autokäufer 2023 Flexibilität beweisen: Trotz verbesserter Lieferfähigkeit und Verfügbarkeit von Pkw kauften 40 Prozent der Neuwagen- und 56 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer letzten Endes anders als geplant. Laut der DAT-Umfrage mussten die Autokäufer vor allem mehr Geld ausgeben als ursprünglich gewollt. Viele nahmen am Ende zudem eine andere Marke mit nach Hause als geplant. Viele entschieden sich letztendlich auch für eine höhere Ausstattung.
DAT-Report 2024 - Charts
BildergalerieAuch wenn der Höhenflug der Gebrauchtwagenpreise 2023 zu einem Ende kam, da wieder genügend gebrauchte Fahrzeuge verfügbar waren, blieben die Autos teuer und kosteten durchschnittlich 18.620 Euro (minus ein Prozent im Vergleich zu 2022). Diejenigen, die sich zum ersten Mal einen Gebrauchtwagen kauften, gaben fast 10.000 Euro aus. Im Gegensatz zum durchschnittlichen Gebrauchtwagenpreis stieg der Anschaffungspreis bei den Erstkäufern von Gebrauchtwagen um zwölf Prozent gegenüber 2022 auf 9.430 Euro.
Weiter gestiegen sind laut der Marktbeobachter von der DAT die Neuwagenpreise. Privatkäufer bezahlten im Durchschnitt 44.630 Euro (plus vier Prozent im Vergleich zu 2022). Ein rein batterieelektrischer Neuwagen kostete mit durchschnittlich 50.060 Euro rund 15.000 Euro mehr als ein neuer Benziner.
Pkw-Halter warten in Sachen E-Mobilität ab
Das ist auch einer der Gründe, warum die Deutschen beim Thema E-Auto skeptisch bleiben. So warten 80 Prozent aller Pkw-Halter die Entwicklung der E-Mobilität weiter ab und fahren ihr Auto länger. Drei Viertel aller Pkw-Halter finden die Technologie un ausgereift. Für 80 Prozent gilt der Akku als Unsicherheitsfaktor, und für 87 Prozent ist die Anschaffung eines BEV zu teuer. "Die alleinige Fokussierung der Politik auf Elektromobilität gepaart mit dem noch fehlenden Vertrauen in die Technologie sorgt für Unsicherheit", so die DAT-Experten.
Nur drei Prozent aller Pkw-Halter besitzen mittlerweile ein E-Auto. Von den restlichen 97 Prozent können sich 39 Prozent einen Umstieg zwar grundsätzlich vorstellen, davon aber nur fünf Prozent in den nächsten zwölf Monaten. Für die große Mehrheit (47 Prozent) der Umstiegswilligen kommt ein Wechsel auf ein BEV erst in mehr als fünf Jahren infrage. Etwa ein Drittel (34 Prozent) kann sich einen Umstieg noch gar nicht vorstellen.
Aus diesem Grund entschied sich auch die Mehrheit der privaten Neuwagenkäufer 2023 noch für ein Modell mit einem Verbrennermotor. Für sie blieb 2023, wie im Vorjahr auch, die begrenzte Reichweite der Hauptgrund gegen die Anschaffung eines batterieelektrischen Pkw. Des Weiteren wurden oft die hohen Anschaffungskosten, die unausgereifte Infrastruktur und die langen Ladezeiten angeführt. Mehr als die Hälfte der Neuwagenkäufer, die sich bewusst für einen neuen batterieelektrischen Pkw entschieden haben, gaben als Hauptanschaffungsgrund das Nutzen der Förderprämien an. Der im Vorjahr noch an erster Stelle genannte Umweltgedanke rutschte dadurch mit 38 Prozent (2022 waren es noch 56 Prozent) auf den zweiten Rang ab. Knapp dahinter mit 37 Prozent folgt die Aussage, dass ein E-Auto zum eigenen Mobilitätsbedarf passe.
Die DAT fragte Neu- und Gebrauchtwagenkäufer außerdem danach, ob ein gebrauchtes BEV für sie infrage käme. Neun Prozent der Neu- und 13 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer können sich das demnach vorstellen. Die Mehrheit würde ein E-Auto entweder nur als Neuwagen kaufen oder sich grundsätzlich gegen ein E-Auto entscheiden. Dabei spielt auch eine Rolle, dass 38 Prozent aller Gebrauchtwagenkäufer keine Garage, Tiefgarage oder Carport haben – und damit auch keine Möglichkeit, das Auto privat zu laden.
Skepsis gegenüber neuen Marken
Skeptisch zeigen sich die Deutschen auch gegenüber den neuen chinesischen Marken. Lediglich 14 Prozent bereits Erfahrungen gesammelt haben, z.B. durch eine Probefahrt oder einen Mietwagen. Für 88 Prozent der Befragten käme ein Kauf eher nicht in Frage.
Auch mit dem Online-Kauf werden die Deutschen nur langsam warm. Zwar lässt sich ein Fahrzeugerwerb schon seit einigen Jahren über Online-Plattformen abwickeln, doch nur zehn Prozent der Neuwagenkäufer nutzt diesen Weg. Immerhin 30 Prozent der Neuwagenkäufer könnten sich künftig einen kompletten Online-Kaufprozess vorstellen. Knapp zwei Drittel (62 Prozent) wären dagegen nicht bereit, den Kaufprozess komplett online zu durchlaufen.
Im Gebrauchtwagenmarkt gewinnt unterdessen der freie Handel Marktanteile. Noch vor fünf Jahren hatte der Markenhandel einen Marktanteil von über 50 Prozent. 2023 lag er mit 37 Prozent nur noch knapp über dem freien Handel. In Zeiten hoher Gebrauchtwagenpreise suchen Kunden sehr gezielt nach passenden Angeboten – und werden offenbar im freien Handel fündig. Sein Marktanteil stieg 2023 auf ein Allzeithoch von 34 Prozent. Schwach zeigte sich der Privatmarkt, dessen Anteil 2023 auf ein historisches Tief von 29 Prozent fiel.
Weitere Ergebnisse des neuen DAT-Reports aus den Bereichen Werkstattservice und After Sales lesen Sie bei unserem Schwesterdienst asp Online: DAT-Report 2024: Reparaturarbeiten auf historischem Tiefstand