Erbschaftsteuer: Bürokratiewelle durch Erbschaftsteuerpläne?

Mit dem Titel "Entlasten, vereinfachen, neue Bürokratie vermeiden" hat im Oktober 2014 das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau vorgelegt. Unter anderem sollte die Grenze für sofort abschreibbare geringwertige Wirtschaftsgüter von 410 EUR auf 800 EUR erhöht werden. In einem Beschluss des Bundeskabinetts aus Dezember 2014 über "Eckpunkte zur weiteren Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie" ist offensichtlich aus fiskalischen Gründen dieser Vorschlag nicht mehr enthalten. Doch im Übrigen stellt das vom BMWi vorgelegte Bürokratieentlastungsgesetz unseres Erachtens nur mehr ein Placebo dar. Kleinste Änderungen beim Lohnsteuerabzugsverfahren und die Anhebung der Buchführungsgrenze für kleine Betriebe von 500.000 Euro Jahresumsatz auf 600.000 Euro Jahresumsatz sind Lächerlichkeiten im Vergleich mit zunehmendem Bürokratieaufwand an anderer Stelle. BMF als Kostentreiber Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und namentlich Herr Schäuble will offensichtlich die von der EU geforderte Ankurbelung der Wirtschaft durch Bürokratieaufbau erreichen. Angefangen bei der kostentreibenden E-Bilanz, mit den dabei künftig bei Personengesellschaften (der Mehrzahl der in Deutschland organisierten Mittelständler) erforderlichen Kapitalkontenaufgliederungen, Kapitalkontenentwicklungen, Ergänzungsbilanzen, Sonderbilanzen neben der von der Handelsbilanz abweichenden Steuerbilanz, bis hin zur geplanten Neufassung des Schenkung-/Erbschaftsteuergesetzes erleben wir den Wunsch des BMF zu Bürokratieaufbau ohne Ende! Und besonders bei der Umsatzsteuer lauern für jedes Unternehmen erhebliche Steuerfallen: sei es bei der Umkehr der Schuldnerschaft für die Umsatzsteuer, bei der Steuerhaftung für Subunternehmer oder bei der Einbindung eines Unternehmers in eine Lieferung über die Grenze - Umsatzsteuerrisiken ohne Ende! All dies erzeugt nicht nur ständigen Fortbildungsaufwand, Überwachungspflichten mit Kosten und nicht zuletzt schon das geschilderte enorme Haftungsrisiko für die Steuer anderer Unternehmer. "Kampf um jeden Euro Verwaltungsvermögen" Bisher konnten sehr viele Schenkungen und Erbschaften von Unternehmen aufgrund der gesetzlichen (aber verfassungswidrigen) Entlastungs- bzw. Befreiungsvorschriften ohne großen bürokratischen Aufwand abgewickelt werden: Die eigentlich hohen pauschalen Bewertungen durch die Finanzverwaltung haben im Ergebnis wegen dieser Begünstigungsvorschriften nicht zu einer Steuer geführt, doch dies wird sich künftig nach allen bisher bekannten Plänen drastisch verschärfen, insbesondere wenn man die bisherigen Verlautbarungen des BMF hierzu betrachtet. Denn auch künftig soll zwischen begünstigtem echten operativen Betriebsvermögen und sogenanntem Verwaltungsvermögen, das nicht unmittelbar dem eigenen Betrieb dient, unterschieden werden. Allerdings bestand bisher eine Grenze, ab der das Verwaltungsvermögen unschädlich war, während künftig dieses sogenannte Verwaltungsvermögen praktisch immer zu einer Steuer führen soll. Dann aber wird es künftig einen Kampf um jeden Euro Verwaltungsvermögen geben. Dabei wird dann zum einen um die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vom operativen Vermögen genauso gekämpft werden wie um die Frage der Bewertung, also der Wertermittlung des Verwaltungsvermögens gegenüber dem Betriebsvermögen. Personal- oder Lohnsumme Das damalige Zugeständnis an die SPD, die Erbschaftsteuer für Betriebe von der Aufrechterhaltung der Lohnsumme im Betrieb abhängig zu machen, soll weiter verschärft werden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat zwar generell anerkannt, dass an der Erhaltung von Arbeitsplätzen ein volkswirtschaftliches Interesse bestehen kann und insoweit die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen auch zum Gegenstand steuerlicher Entlastungen gemacht werden könne. Doch ist die derzeitige konkrete Lohnsummenklausel deshalb verfassungswidrig, weil in der Praxis die überwiegende Mehrzahl aller Unternehmen gar nicht unter diese Klausel fällt, somit das Gesetz gleichheitswidrig wirkt. Nun meint der BMF, durch Absenkung von Lohnsummengrenzen mehr Betriebe in diese Lohnsummenkontrolle mit einzubeziehen. Ob damit verfassungskonforme Lösungen erreicht werden, dürfen wir bezweifeln: Was kann ein Erbe dafür, dass zur Zeit die Bundesregierung einen Exportstopp nach Russland verhängt hat, wenn dadurch ein davon abhängiger Betrieb nunmehr Personal abbauen muss? In solchen Fällen kann dann der zusätzliche Anfall von Erbschaftsteuer aufgrund der Lohnsummenklausel zum persönlichen Ruin des Erben führen. Oder was kann zum Beispiel der Erbe dafür, dass sein Vater das Unternehmen saniert hatte, aber unmittelbar danach gestorben ist. Der Sohn als Erbe kann nunmehr die vor der Sanierung hohe Lohnsumme nicht mehr erreichen und verliert die Erbschaftsteuerbegünstigung. Und wie sind solche Lösungen im Hinblick auf unsere Rechtsstaatlichkeit mit der geforderten Planbarkeit und Vorhersehbarkeit einer Steuer zu vereinbaren? Kommentar Die von vielen Seiten beschworene Lösung, das Erbschaftsteuergesetz nur "minimalinvasiv" zu ändern, um nur den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen, versperrt den Blick für Verwaltungsvereinfachung und gerechte Lösungen: Bleibt man nämlich dem Grunde nach im bisherigen System, wonach sowohl eine Personal-/Lohnsummenbedingung erfüllt werden muss, als auch eine Abgrenzung von "echtem" Betriebsvermögen zum Verwaltungsvermögen zu erfolgen hat, so wird der Bürokratismus mit Abgrenzungsproblemen und Überwachungsarbeiten auf die Spitze getrieben und es werden vermehrt Streitfälle mit der Finanzverwaltung auftreten.Tragisch ist der derzeitige Diskussionsstand insbesondere deshalb, weil sich praktisch kein Politiker und kein Vertreter von Verbänden traut, das bisherige System von Lohnsummenklauseln und Verwaltungsvermögensabgrenzung völlig über Bord zu werfen und eine einfache und gerechte Lösung vorzuschlagen. Denn eine vereinfachte Lösung könnte womöglich auch die Betriebe zu einer Steuer verpflichten, die zum breiten Mittelstand gehören und bisher möglicherweise völlig steuerfrei waren.Dabei wird leider die Kostenfolge des bürokratischen Aufwands und die Zufallsabhängigkeit der vorgeschlagenen Lösungen völlig übersehen, anstatt dem Bedürfnis von Unternehmern Rechnung zu tragen, gegebenenfalls eine mäßige, geringe Steuer einzukalkulieren, die aber planbar und bezahlbar wäre. Vor allem aber sind die derzeit bekannten Lösungen alle wiederum verfassungsrechtlich problematisch, wenn nicht sogar offensichtlich verfassungswidrig. Ein Umdenken bei unseren Politikern wäre dringend erforderlich!Barbara Lux-Krönig, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterinm www.raw-partner.de

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