Mehr verkaufte Autos, mehr Serviceaufträge: Das Jahr 2015 hat sich für die Autohäuser und Werkstätten besser entwickelt als erwartet. Der Branchenumsatz stieg um 6,2 Prozent auf 156,5 Milliarden Euro, wie der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) am Donnerstag in Berlin mitteilte. "Das Jahr 2015 ist sehr gut gelaufen, trotz des Skandals um manipulierte Emissionswerte", sagte Präsident Jürgen Karpinski. "Sowohl bei den Neuzulassungen als auch im Gebrauchtwagengeschäft haben wir Zuwachsraten zu verzeichnen. Und auch das Servicegeschäft hat sich nach dem Einbruch in 2014 wieder erholt und ist gewachsen. Insofern ist beim Umsatz alles okay."
Allerdings habe die Rendite davon leider nicht entsprechend profitiert. Vor allem die Preisnachlässe drückten auf den Gewinn. Die Umsatzrendite, die den Umsatz ins Verhältnis zum Gewinn setzt, stieg nur leicht von 1,3 Prozent auf 1,4 Prozent. Notwendig seien jedoch drei Prozent, betonte Karpinski, "um in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, in moderne Werkstatttechnik und nicht zuletzt in Glas, Stahl und Steine nach den Vorgaben der Hersteller für den Neuwagenvertrieb zu investieren".
Im Neuwagengeschäft verkauften die Autohäuser fast 170.000 Wagen mehr, der Umsatz stieg entsprechend um 4,5 Prozent auf 58,2 Milliarden Euro (2014: 55,7 Milliarden Euro). Getragen wurde der Zuwachs von den gewerblichen Zulassungen der Vermieter, Autoflotten, Hersteller und Händler mit einem Anteil von 65,8 Prozent (Vorjahr: 63,8 Prozent). Die Zahl der Privatkunden ist seit 2010 von 42,7 Prozent auf inzwischen nur noch 34,2 Prozent zurückgegangen. Sie bedienen sich immer häufiger im Bereich der jungen Gebrauchtwagen.
An den 7,33 Millionen Besitzumschreibungen (plus 3,7 Prozent) hatte das Kfz-Gewerbe einen Anteil von 61 Prozent. Das ergab einen Umsatz von 57,8 Milliarden Euro, eine Steigerung von 11,4 Prozent im Vergleich zu 2014 (51,9 Milliarden Euro). Der Anstieg sei vor allem auf die wachsende Anzahl junger und damit hochwertiger Gebrauchtwagen zurückzuführen, die sich aus dem über 980.000 Einheiten umfassenden Pool der Händler- und Herstellerzulassungen speisten, so Karpinski. Deren Anteil an den Neuzulassungen lag bei 30,6 Prozent und damit noch über dem hohen Niveau des Jahres 2014 (29,8 Prozent).
Renditebringer Servicegeschäft
Erholt zeigte sich das Werkstattgeschäft. Die Umsätze stiegen um 1,2 Prozent auf 30,3 Milliarden Euro (2014: 29,9 Milliarden Euro). Im Durchschnitt waren die Betriebe im vergangenen Jahr um zwei Prozentpunkte besser ausgelastet als in 2014.
Nach Einschätzung des ZDK wird sich der Automobilmarkt in Deutschland auch im laufenden Jahr stabil zeigen. So rechnet der Verband für das Jahr 2016 wieder mit insgesamt 3,2
Millionen Pkw-Neuzulassungen. Der Schwerpunkt dürfte sich jedoch weiter auf den gewerblichen Bereich verlagern. Zugleich geht der ZDK für 2016 von 7,3 bis 7,4 Millionen Pkw-Besitzumschreibungen und von einem stabilen Werkstattgeschäft auf dem Niveau des vergangenen Jahres aus.
Die Gesamtzahl der Betriebe im Kfz-Gewerbe sanke 2015 leicht um 100 auf insgesamt 38.400. Davon waren 17.450 fabrikatsgebundene Betriebe und 20.950 freie Werkstätten. Die Zahl der Mitarbeiter lag mit 460.800 entsprechend um 1.200 unter dem Wert von 2014 (462.000). Das Kfz-Gewerbe hat im vergangenen Jahr 2,5 Prozent mehr Auszubildende eingestellt als im Jahr 2014. Bis zum 30. September 2015 wurden insgesamt 27.639 Ausbildungsverträge und damit 687 mehr abgeschlossen als im Jahr 2014 (26.952). Insgesamt bilden die Autohäuser und Werkstätten zurzeit rund 89.500 junge Menschen in technischen und kaufmännischen Berufen aus.
Auswirkungen des Diesel-Skandals noch nicht eindeutig
Auswirkungen des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen von VW ließen sich noch nicht eindeutig feststellen, sagte Karpinski. "Wir haben den einen oder anderen Gebrauchten, den wir nicht umrüsten können, und den wir nicht verkaufen können. Das ist schon ein Problem." Die Verkäufe seien in den letzten Wochen auch leicht zurückgegangen. Aber das könne auch am Wetter liegen.
In der anhaltenden Debatte über die Einführung einer Kaufprämie für Elektrofahrzeuge bleibt der ZDK bei seiner ablehnenden Haltung. Sobald die von der Industrie angekündigten massiven Fortschritte bei Gewicht und Leistungsfähigkeit der Batterien sowie Ladedauer und Fahrzeugreichweite tatsächlich erzielt würden, mache das Elektroauto auch ohne direkte Kaufanreize seinen Weg, so Karpinski. Die Kaufzurückhaltung liege ja nicht nur im Preis von Elektrofahrzeugen begründet. Ziel müsse es deshalb sein, die Vorbehalte der Kunden durch Produktverbesserungen und einen Ausbau der Ladeinfrastruktur auszuräumen, statt durch Geldprämien ein Strohfeuer zu entfachen.
Als verkappte Steuererhöhung bezeichnete Karpinski die von Bundesumweltministerin Hendricks geforderte zusätzliche CO2-Abgabe. Sie würde sogar Fahrzeuge betreffen, die den ab 2020 gültigen CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer einhalten. Bereits heute orientiere sich die Kfz-Steuer bekanntlich am CO2-Ausstoß. "Im Koalitionsvertrag hingegen steht klipp und klar, dass Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode ausgeschlossen sind. Wie passt das mit der Forderung der Umweltministerin zusammen?", fragte der ZDK-Präsident. Auch der von ihr und anderen ins Gespräch gebrachten Erhöhung des Steuersatzes auf Dieselkraftstoff erteilte der ZDK eine Absage. Das träfe vor allem viele Millionen Berufspendler, die sich aus guten Gründen für sparsame und effiziente Dieselfahrzeuge entschieden hätten. (dpa/se)
Erwin Wagner