Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture könnte die Rabattschlacht im Autohandel bald ein Ende haben. Drei wesentliche Gründe sind aus Sicht der Experten hierfür verantwortlich: Mit dem Direktvertrieb setzen die Hersteller auf einheitliche Preise über alle Absatzkanäle hinweg. Durch Online-Portale steigt die Preistransparenz. Und mit der geringeren Modellvielfalt und der wachsenden Popularität von Elektrofahrzeugen sinkt der Spielraum für Preisabschläge über staatliche Subventionen sowie den festen Herstelleranteil hinaus.
Für die Studie "Vehicle Pricing in the New Automotive Reality" befragte Accenture 1.100 Verbraucher mit Kaufabsicht für ein Elektrofahrzeug in mehreren europäischen Staaten, darunter Deutschland, Schweiz, Österreich, Norwegen, die Niederlande und Frankreich. Die Umfrage fand Anfang Mai 2020 statt. Die Ergebnisse der Verbraucherbefragung wurden durch qualitative Experteninterviews ergänzt.
Zum Direktvertrieb erklärt Axel Schmidt, Senior Managing Director und Global Industry Sector Lead Automotive bei Accenture: "Mit einer einheitlichen Preispolitik setzen die Hersteller nun auf faire Preise für alle Verbraucher und auf allen Vertriebskanälen." Die Autokäufer begrüßen diese neue Transparenz, wie die Umfrage weiter zeigt: 69 Prozent von ihnen halten unterschiedliche Preise im Autohaus und im Online-Shop für inakzeptabel. Um dennoch die Nachfrage gezielt zu stimulieren, würden die Hersteller zukünftig Rabattaktionen fokussierter zu bestimmten Zeitpunkten im Jahr ausrollen sowie Sonderaktionen vereinheitlicht und über alle Kanäle hinweg zu denselben Konditionen anbieten, heißt es.
Kunden denken um
Allerdings kommt die Studie auch zum Ergebnis, dass Rabatte für viele Interessenten nicht ausschlaggebend für die Kaufentscheidung sind - nur jeder zehnte sieht einen Preisnachlass als wichtigstes Kriterium für den Kauf eines Neuwagens. "Bei den Kunden setzt ein Umdenken ein: Das Feilschen um den besten Preis sehen sie eher als lästige Hürde auf dem Weg zum neuen Fahrzeug. Sie wollen lieber einen reibungslosen und komfortablen Kaufprozess", erläutert Johannes Trenka, Strategy Managing Director und Experte für Direktvertrieb, Accenture. Hinzu komme, dass gerade Elektrofahrzeuge im mittleren Preissegment eine hohe Nachfrage verzeichneten und daher erst nach langer Wartezeit ausgeliefert würden. Schmidt dazu: "Ein knappes Gut mit hoher Nachfrage bietet kaum Spielraum für Rabatte; wer ein Elektroauto kauft, ist sogar eher bereit, einen Aufschlag zu zahlen, um zu den 'First-Movern' bei der Mobilität von morgen zu gehören."
Die sinkende Bedeutung von Rabatten werde vor allem durch die wachsende Rolle der Online-Shops und Vergleichsportalen befeuert. Diese Entwicklung, so Trenka, habe gleich in zweifacher Hinsicht einen Einfluss auf die Preissetzung: "Einerseits lassen sich online mit ein paar Klicks die Preise für ein Modell vergleichen. Die Händler haben daher einen starken Anreiz, möglichst wettbewerbsfähige Preise zu setzen, was ihren Spielraum für weitere Nachlässe reduziert." Der zweite Punkt: "Wenn es nicht gerade eine Auktion ist, lässt sich im Netz denkbar schlecht feilschen."
Für die Händler bedeutet dies: Die Differenzierung über größtmögliche Rabatte auf den Listenpreis verliert als Unterscheidungsmerkmal an Bedeutung. Da die Händler durch die Direktvertriebsstrategien der Hersteller ohnehin schon unter Druck geraten, rät Schmidt zu einer Neuausrichtung: "Der klassische Handel wird zukünftig vor allem für die Auslieferung des Fahrzeugs und für den Service zuständig sein. Gleichzeitig werden neue Mobilitätsdienstleistungen das Portfolio ergänzen; die Händler stellen sich breiter auf und steigen zum Beispiel ins lokale Carsharing ein."
E-Autos als entscheidender Faktor
Elektrofahrzeuge würden den Autohandel ebenfalls grundlegend verändern, so die Studie. Einerseits würden viele Hersteller ihre neuen Modelle direkt und online vertreiben, um so neue Käuferschichten anzusprechen und eine durchgängige und hochwertige Nutzererfahrung zu bieten. Zweitens hätten E-Mobile weniger Sonderausstattung, was den Preisvergleich transparenter mache. Schmidt: "Den Käufer eines Elektroautos interessiert vor allem, wie viel Reichweite er für sein Geld bekommt, und nicht, ob Massagesitze mit Echtlederbezug verbaut sind." Drittens benötigten Stromer weniger Wartung, da sie im Vergleich zum Verbrenner mit weniger Bauteilen auskämen und der Verschleiß bei vielen Fahrzeugteilen wie den Bremsen oftmals geringer sei. Das führe zu einem höheren Restwert – etwa 70 Prozent des Neupreises nach drei Jahren gegenüber 55 bis 65 Prozent bei konventionellen Fahrzeugen. Diese Wertstabilität mache das Leasing sowohl für Hersteller als auch Verbraucher finanziell interessant, so Trenka. "Der geringere Wertverlust von Elektroautos ermöglicht niedrigere Leasingraten; zudem können die Fahrzeuge wegen des geringeren Verschleißes mehrmals hintereinander über einen längeren Zeitraum verleast werden."
Das Interesse der Verbraucher an Leasing ist der Erhebung zufolge ebenfalls groß: Etwa jeder fünfte Kaufinteressent (21 Prozent) gab an, einen Elektro-Neuwagen bevorzugt über Leasing nutzen zu wollen. Knapp die Hälfte (46 Prozent) sieht nach wie vor den Barkauf als die beste Option, und etwa jeder Vierte (26 Prozent) würde am liebsten die klassische Bankfinanzierung wählen. Eine untergeordnete Rollen spielen momentan noch Abomodelle (acht Prozent). Als größten Vorteil des Leasings nannten die Umfrageteilnehmer vor allem die geringere Kapitalbindung (42 Prozent). Schmidt verweist in diesem Zusammenhang auf die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten. "Außerdem ist der Markt für Stromer noch jung und vielen Verbrauchern fehlt das Vertrauen in die Technologie, sodass Leasing ein guter Einstieg in die Elektromobilität mit geringem Risiko ist." (ah)
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