Prüfingenieure: An vorderster Front

Prüfingenieure müssen bei Wind und Wetter für Sicherheit und Umweltschutz sorgen. Sie tun das im direkten staatlichen Auftrag und übernehmen dafür hoheitliche Aufgaben zur Gefahrenabwehr, um Bürger und Verkehrsteilnehmer zu schützen. Bei rund 30 Millionen Hauptuntersuchungen (HU) jährlich eine Mammutaufgabe. Anspruchsvolle Rahmenbedingungen "Das ist nicht immer ein bequemer Job", sagt Marco Oehler, Technischer Leiter GTÜ. "Homeoffice gibt es bei uns nicht. Die Prüfingenieure sind ständig im Außeneinsatz. Und die Rahmenbedingungen sind nicht immer wie im Labor." Auch das riesige Spektrum an Modellen, Umbauten, ausländischen Autos oder Spezialfahrzeugen aus kniffligen Bereichen wie Forstwirtschaft, Gefahrgut oder Personenbeförderung ist eine Herausforderung. Und: Man hat nicht nur mit den Fahrzeugen, sondern auch mit deren Besitzern zu tun. Dabei sind Prüfingenieure Anlaufstelle für alle möglichen Themen: Sie beraten die Kunden, stehen für Fragen zur Verfügung und übernehmen mitunter die Rolle des Psychologen. Denn kaum ein Thema ist hierzulande emotionaler als das eigene Auto. Nicht selten kommt es bei der HU zu Gefühlsausbrüchen, Wut oder anderen starken Reaktionen. "Das ist nicht immer einfach für die Prüfingenieure, wenn sie den Haltern erklären müssen, warum ihr Fahrzeug keine Plakette bekommt", betont Oehler. Die Anforderungen sind hoch. Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland hier eine Spitzenposition ein. Entsprechend anspruchsvoll ist die Qualifizierung der Prüfingenieure. Technischer Studiengang nötig "Angehende Prüfingenieure müssen einen Studienabschluss in Maschinenbau, Mechatronik, Fahrzeugtechnik, Elektrotechnik oder einem artverwandten technischen Studiengang vorweisen können", erklärt Dekra-Pressesprecher Wolfgang Sigloch. Neben dem Studium sind außerdem eine mehrmonatige Ausbildung sowie amtliche Prüfungen und Zulassungen nötig. Zusätzlich müssen auch die eigenen hohen Qualifikationsstandards der Prüfinstitute erfüllt werden. Durch den Fachkräftemangel und die zunehmende Zahl an zugewanderten Bewerbern mit ganz unterschiedlichen Ingenieursabschlüssen aus dem Ausland werden mittlerweile mitunter auch Abschlüsse in verwandten und gleichwertigen Studienfächern wie Wirtschaftsingenieurwesen anerkannt. "Hier müssen die Nachweise zum jeweiligen Studienabschluss natürlich mit den gestellten Anforderungen übereinstimmen. Instrumente, um dies sicherzustellen, gibt es. So wurde beispielsweise mit dem Verordnungsgeber ein Bewertungssystem entwickelt, die sogenannte ABIS-Bewertung, die die Eignung von Studienabschlüssen bezüglich der Gleichwertigkeit prüft und bewertet. Am Ende entscheiden die jeweils zuständigen Aufsichts- und Anerkennungsbehörden, ob ein Kandidat als Prüfingenieur zugelassen wird", erklärt Oehler. "Weitere Voraussetzungen, wie der Nachweis eines eintragungsfreien polizeilichen Führungszeugnisses oder eines Gesundheitszeugnisses, kommen auch noch dazu - damit werden die Hürden, die letztendlich die Qualität im Feld sicherstellen, sehr hoch gelegt." Die Inhalte der Qualifizierung regelt der staatliche Rahmenlehrplan. Dieser wird von Fachgremien, bestehend aus Vertretern des Staates, der Überwachungsorganisationen sowie Ausbildungsspezialisten, entwickelt und regelmäßig alle paar Jahre aktualisiert. Er ist verbindlich. "Das Qualifizierungsprogramm besteht aus Plenumsveranstaltungen, Gruppenarbeiten, praktischem Training am Fahrzeug, E-Learning-Kursen und nicht zuletzt der Praxisarbeit", erklärt Sigloch. Ein solches Wissensfundament hilft den Prüfingenieuren dann nicht nur bei der Fahrzeugbegutachtung, sondern auch bei Typengenehmigungen sowie Bau- und Betriebsvorschriften, deren korrekte Anwendung ebenfalls Teil der täglichen Arbeit ist. Regelmäßige Weiterbildungen Zudem werden die bundesweit tätigen Prüfdienste durch den Bund sowie die Bundesländer stark reguliert und kontrolliert. Durch regelmäßige Berichtspflichten wird diesbezüglich die Qualität der amtlichen Untersuchungen durch die zuständigen Behörden abgesichert, erklärt Oehler. Verantwortung haben die Prüforganisationen aber nicht nur gegenüber dem Staat und den Autofahrern, sondern auch gegenüber ihren eigenen Fachkräften. So setzen sie - z. B. in unternehmenseigenen Akademien - auf regelmäßige Weiterbildungen und Praxistrainings. Über die verbindlichen Schulungsinhalte und die vorgeschriebenen fünf Tage Weiterbildung hinaus qualifiziert etwa die GTÜ ihre Prüfingenieure zu aktuellen oder besonders kniffligen Themen auch selbst. Zuletzt ging es beispielsweise um Assistenzsysteme, Elektromobilität und Hochvolttechnik sowie die Gasprüfung an Wohnanhängern. "Die GTÜ-Akademie veranstaltet jährlich über 400 Seminare zu unterschiedlichen Themen. Das gibt uns nicht nur Handlungsspielraum, sondern sichert die beständig hohe Qualität unserer Prüfingenieure. Denn die Entwicklung geht immer weiter. Die Fachleute vor Ort müssen stets auf dem neuesten Stand sein", sagt Oehler. Am Ende der Qualifizierung zum Prüfingenieur dreht GTÜ noch eine eigene Sicherheitsrunde: Jeder Prüfungskandidat wird zunächst intern auditiert, um zu klären, ob er für die amtliche Prüfung schon bereit ist. Oehler: "Das sichert für uns die Anforderung der hohen Qualität für die Tätigkeit unserer Prüfingenieure." Auch andere Prüfinstitute wie beispielsweise Dekra investieren hier im großen Umfang und gehen mit eigenen Qualitätsstandards über die gesetzlichen Voraussetzungen hinaus. "Schließlich", sagt Wolfgang Sigloch, "leben die Sachverständigenorganisationen vom Sachverstand ihrer Beschäftigten." DER WEG ZUM PRÜFINGENIEUR Weil die Aufgaben eines Prüfingenieurs mit großer Verantwortung verbunden sind, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt werden, bis der Prüfingenieur überhaupt die mehrmonatige Ausbildung beginnen darf. Dazu gehört ein Mindestalter von 23 Jahren, geistige und körperliche Eignung, Zuverlässigkeit, der Besitz der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge fast aller Klassen und ein abgeschlossenes Studium im relevanten Fachbereich. Des Weiteren ist der Nachweis der fachlichen Eignung durch die amtliche Prüfung und die Zustimmung der zuständigen Behörde erforderlich. Primäres Ziel der Qualifizierung ist es, die Teilnehmer auf die amtliche Prüfung vorzubereiten, die gemäß Anlage VIIIb, Punkt 3.6 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) abgelegt werden muss. Qualifizierungsinhalte Neben den grundlegenden theoretischen Qualifizierungen in den Bereichen Bau und Betrieb von Kraftfahrzeugen, Tätigkeit des Sachverständigen und Straßenverkehrsrecht umfasst die Ausbildung auch umfangreiche praktische Unterweisungen, welche die angehenden Prüfingenieure zusätzlich auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereiten sollen. Darüber hinaus sind Audits am Fahrzeug ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, die den angehenden Prüfingenieuren praktische Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Fahrzeugtypen und -zuständen bieten. Qualifizierungsdauer Die Qualifizierung erstreckt sich über einen Zeitraum von acht Monaten und ist modular aufgebaut. Für Sachverständige, die eine mindestens dreijährige Berufserfahrung als Kraftfahrzeugsachverständige vorweisen können, besteht die Möglichkeit einer verkürzten Qualifizierung gemäß Anlage VIIIb Punkt 3.5 StVZO. Zulassung und Prüfung Die Prüfung selbst umfasst schriftliche, praktische und mündliche Elemente und wird vor dem zuständigen amtlichen Prüfungsausschuss abgelegt. Damit ist sichergestellt, dass alle Prüfingenieure über das notwendige Wissen und die Fähigkeiten verfügen. Nach erfolgreichem Abschluss aller Prüfungsbestandteile und der Erfüllung der vorgegebenen Voraussetzungen erfolgt die offizielle Betrauung.

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