Recht: Aktuelle Entscheidungen des BGH

Weitere Informationen und Services von AUTOHAUS zum Thema: Playlist: "Steuer- und Rechtsthemen" Kurzfassung 1. Die 14-tägige Widerrufsfrist bei Fahrzeugverkäufen im Internet gilt für einen Verbraucher auch dann, wenn in der Widerrufsbelehrung selbst für die Möglichkeit des Widerrufs lediglich Postanschrift und E-Mail-Adresse des Händlers angegeben sind und nicht auch die Telefonnummer. 2. Unter Verzugslage entstandene Inkassokosten können vom Schuldner auch dann gefordert werden, wenn der Gläubiger diese unter Geltung einer entsprechenden Rahmenvereinbarung mit dem Inkassodienstleister im Fall der erfolglosen Forderungseintreibung lediglich durch Abtretung des entsprechenden Schadensersatzanspruches auszugleichen hat. Der BGH hat im Februar 2025 mit Relevanz für die Branche zu den Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in Neuwagenkaufverträgen mit Verbrauchern im Fernabsatz entschieden, ferner zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten. Beide Entscheidungen sind für den Handel grundsätzlich positiv zu bewerten. In dem einen Fall ging es in einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde um die auch für zahlreich gleich gelagert anhängige Verfahren relevante Frage, ob ein Verbraucherkunde den über das Internet abgeschlossenen Neuwagenkaufvertrag auch nach zehn Monaten noch wirksam widerrufen kann, wenn in der Widerrufsbelehrung - abweichend von der Musterwiderrufsbelehrung - bei den Kontaktmöglichkeiten neben Postanschrift und E-Mail keine Telefonnummer angegeben worden war. Das andere Verfahren betraf eine Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband, die sich bei Forderungseinzug durch Inkassounternehmen auf der Grundlage von Rahmenverträgen gegen die Erstattungsfähigkeit von durch den Auftraggeber faktisch selbst nicht aufzubringenden Inkassokosten wandte. Widerrufsbelehrung Der Fall betrifft den Alptraum jedes Kraftfahrzeughändlers, ein Fahrzeug bei Geltung einer um zwölf Monate verlängerten Widerrufsfrist mit den vom Kunden gefahrenen Kilometern zum ungekürzten Verkaufspreis zurücknehmen zu müssen. Der Kläger hatte im Februar 2022 als Verbraucher von einem Händler über dessen Internetseite ein dort angebotenes Neufahrzeug bestellt und gekauft. Die Auslieferung erfolgte im August 2022. Ein knappes Jahr später erklärte der Kunde im Juni 2023 per E-Mail den Widerruf des Vertrages und forderte gegen Rückgabe des zehn Monate gefahrenen Fahrzeuges die verzinsliche Rückzahlung des Kaufpreises und vorgerichtliche Anwaltskosten. Er berief sich auf eine nach seiner Meinung mit der Widerrufsbelehrung unvollständig erfolgte Erfüllung aller Informationspflichten, weshalb die 14-tägige Widerrufsfrist im Fernabsatz nicht mit der Übergabe des Fahrzeuges in Lauf gesetzt worden sei. Tatsächlich hatte der Händler eine in Teilen von der Musterwiderrufsbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung verwendet und dort bei der Mitteilung, wie das Widerrufsrecht auszuüben ist, über seine Adresse und E-Mail hinaus nicht auch seine Telefonnummer angegeben. Wegen der Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung konnte sich der Händler nicht auf die gesetzliche Fiktion berufen, den Kunden umfänglich aufgeklärt zu haben. Die Gerichte hatten deshalb über den Instanzenweg zu prüfen, ob dem Verbraucherkunden auch ohne Angabe der Telefonnummer mit Adresse und E-Mail ausreichend Kommunikationsmittel benannt wurden, um mit dem Händler im Sinne der EU-Verbraucherrechterichtlinie schnell in Kontakt treten und effizient kommunizieren zu können. Sowohl das Landgericht Berlin II als auch das Kammergericht gaben dem Händler Recht und wiesen die Klage wegen wirksamer Widerrufsbelehrung und längst abgelaufener Widerrufsfrist ab. Der BGH (Az. VIII ZR 143/24) wies durch Beschluss vom 26.02.2025 auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Die Angabe von Adresse und E-Mail in der Widerrufsbelehrung betrachtet er für eine unkomplizierte Kommunikationsmöglichkeit zweifelsfrei als ausreichend. Die Telefonnummer des Händlers könne der Verbraucher bei Bedarf ohne Weiteres im Internet erfahren, vorliegend auf der Internetseite des Händlers unter Kontakte und mit dem Impressum. Eine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit als Voraussetzung zur Annahme der Beschwerde lehnte der BGH bei dem von ihm als völlig eindeutig beurteilten Sachverhalt ebenso ab wie eine beantragte Vorlage an den EUGH zur Klärung europarechtlicher Fragen. Inkassogebühren Das Urteil des BGH vom 19.02.2025 im Musterfeststellungsverfahren (Az. VIII ZR 138/23) besitzt Bedeutung für Händlerbetriebe und Werkstätten, die ihre Forderungen nach Verzug des Schuldners auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen durch Inkassodienstleister geltend machen lassen. Entschieden wurde im Fall eines sogenannten Konzern-Inkasso - also der Beauftragung eines verbundenen Unternehmens mit der Forderungseintreibung -, dass Inkassogebühren als Verzugsschaden zusätzlich zu Forderung und Zinsen auch dann gefordert werden können, wenn entsprechende Kosten dem Auftraggeber nach der Rahmenvereinbarung faktisch gar nicht anfallen. Vereinbart war im entschiedenen Fall, dass das Inkassoinstitut dem Auftraggeber die Inkassogebühren bis zur erfolgreichen Forderungseinziehung stundet und nach Zahlungseingang einbehält. Kann die Forderung nicht realisiert werden, musste der Auftraggeber nach dem Rahmenvertrag die Inkassogebühren selbst nicht bezahlen. Stattdessen hatte er zum Ausgleich lediglich seinen diesbezüglichen Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner an den Inkassodienstleister abzutreten. Das in erster Instanz für die Musterfeststellungsklage zuständige OLG Hamburg hatte dem klagenden Verband Recht gegeben mit der Argumentation, Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers könnten nur dann zur Erstattung geltend gemacht werden, wenn sie diesem auch tatsächlich anfallen. Diese Entscheidung wurde vom BGH aufgehoben und die Musterklage abgewiesen. Die obersten Richter billigen jedem Gläubiger unter eingetretener Verzugslage eine Berechtigung zur Beiziehung eines Rechtsbeistandes zu, also zur Beauftragung eines Anwaltes oder eines Inkassoinstituts. Bereits die in diesem Zusammenhang entstehenden Kostenforderungen stellen beim Gläubiger einen Vermögensschaden dar, auch wenn solche Kosten noch nicht ausgeglichen wurden. Der Ausgleich erfolgt vorliegend bei erfolgreicher Forderungseintreibung intern durch Verrechnung, Einbehalt und Verzicht auf die Weitergabe der Inkassokosten. Aber auch wenn die Forderung nicht realisiert wird, sieht der BGH den Schaden des Gläubigers in der gegen ihn bestehenden Forderung des Inkassoinstituts. Wenn diese Forderung dadurch ausgeglichen wird, dass statt der Zahlung zur Erfüllung der entsprechende Schadensersatzanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner an den Inkassodienstleister abgetreten wird, kann dies den Schuldner weder anfänglich noch nachträglich von den Folgen seines Verzuges entlasten. Rechtsanwalt Robert Glocker kanzlei@raehaug-partner.de www.haug-partner.de KOMMENTAR Der BGH hat mit den besprochenen Entscheidungen Augenmaß beim Verbraucherschutz bewiesen. In der Praxis finden immer noch viele Widerrufsbelehrungen mit Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung Verwendung. Nicht jede dieser Abweichungen führt automatisch zu einer um zwölf Monate verlängerten Widerrufsfrist. Abzustellen ist maßgeblich allein darauf, ob dem Verbraucher mit der Widerrufsbelehrung notwendige Informationen vorenthalten werden, die sich auf die Entscheidung zum Vertragsabschluss auswirken können und ihm eine Einschätzung und Beurteilung seiner Rechte und Pflichten aus dem Fernabsatzvertrag, insbesondere die rechtzeitige Ausübung seines Widerrufsrechts, erschweren. Dies hat der BGH vorliegend nochmals ausdrücklich klargestellt und mit der weiteren Entscheidung auch den Gedanken zurückgewiesen, Schuldnern die unter Verzugslage entstandenen Inkassokosten zu erlassen bei Absprachen zwischen Gläubiger und Inkassoinstitut zur internen Regulierung.

Recht: Aktuelle Entscheidungen des BGH

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