GTÜ Gesellschaft für technische Überwachung mbH: 360-Grad-Dienstleister

Verschärfte Prüfrichtlinien, verpflichtende Endrohrmessung, neue Anforderungen durch Elektromobilität - in der Werkstattbranche ist viel Bewegung. Die beiden GTÜ-Geschäftsführer Michael Bröning und Robert Köstler wollen die Zukunft aktiv mitgestalten, wie sie AUTOHAUS in einem Interview zur IAA erläuterten. AH: Herr Bröning, welche Services bietet die GTÜ Autohäusern neben HU und Schadengutachten? Michael Bröning: Autohäuser stehen aktuell vor großen Herausforderungen - sie müssen sich zunehmend auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Als 360-Grad-Dienstleister unterstützen wir bei Themen wie Qualitätsmanagement und Prozessoptimierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie bei der individuellen Strategieentwicklung und Umsetzungsbegleitung. Darüber hinaus bieten wir Entlastung bei der Berufsausbildung und der Qualifizierung von Fach- und Führungskräften, bei Arbeitssicherheit und Prüfmittelüberwachung. Prüfmittelüberwachung AH: Herr Köstler, was sind aktuell die größten Herausforderungen bei der HU? Robert Köstler: Momentan macht die Prüfmittelüberwachung dem gesamten Markt Sorge: Kalibrierungen sind ab dem 1.1.2018 nach dem europäischen Standard Pflicht. Der Markt hat sich zwar inzwischen gut darauf eingestellt, aber es hat entsprechende Zeit benötigt, bis es geeignete Kalibrierungsverfahren gab. Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass es gelingt, alle Kfz-Betriebe bis Ende 2017 beim Thema Scheinwerfereinstellplätze auf den geforderten Stand zu bringen. Scheinwerfereinstellprüfplatz AH: Zumal für die entsprechenden Scheinwerfereinstellplätze teilweise Baumaßnahmen anfallen .... R. Köstler: ... ja, das betrifft einen nicht unerheblichen Anteil der Werkstätten. Wir haben den Kollegen viele Informationsmaterialien für die baulichen Maßnahmen und konkrete Empfehlungen für Prüftechnologien an die Hand gegeben. Die Investitionshöhe liegt bei 5.000 bis 9.000 Euro, einfachere Varianten für 1.000 bis 3.000 Euro sind aber auch möglich, die sich gerade für kleinere Betriebe anbieten. AH: Wie viele Betriebe werden es nicht schaffen? M. Bröning: Das ist schwer zu schätzen. Viele Werkstätten gehen das Problem noch nicht konsequent an, zumal der Stichtag in den letzten Jahren immer wieder verschoben wurde. Auch wenn wir regelmäßig darauf hinweisen: Da ist noch viel zu viel Ruhe am Markt. AH: Welche Folgen drohen, wenn Werkstätten ab dem 1. Januar 2018 die Richtlinien nicht erfüllen? M. Bröning: Im schlimmsten Fall, den die Länderaufsichtsbehörden teils schon angedroht haben, ist in den Stützpunkten, die die Auflagen nicht erfüllen, ab Januar 2018 die Durchführung der HU verboten. Ob es tatsächlich zum bösen Erwachen kommt, entscheiden also letztlich die Behörden und natürlich jeder Betrieb selbst. AH: Wie sieht die Empfehlung der GTÜ an die Werkstätten aus? R. Köstler: Schnellstmöglich anfangen! Wir bieten einen professionellen Service für die Vermessung vor Ort, auch mit einer relativ kostengünstigen Nachprüfung und konkreten Empfehlungen zur Problemlösung. AH: Was kostet die Kalibrierung - also die Prüfung, die alle zwei Jahre anfällt? R. Köstler: Die Kosten für das Gesamtsystem Scheinwerfereinstellprüfplatz liegen bei 200 bis 300 Euro. Gebührenentwicklung AH: Werden in der Folge auch die Gebühren steigen? M. Bröning: Das Thema verursacht erhebliche Kosten bei den Werkstätten und bei uns. Ich gehe aber nicht von einer kurzfristigen Gebührenerhöhung für den Bereich der technischen Prüfstellen aus, sondern intern von einem geringfügigen "Kalibrier-Euro". Die Kfz-Betriebe müssen ihre Kosten ggf. über die Nutzungsvergütung den Kunden in Rechnung stellen. AH: Die Thematik verschärft sich dann nochmals durch die Richtlinien für Bremsenprüfstände bis Ende 2018 ... R. Köstler: Richtig, auch die müssen dann alle zwei Jahre kalibriert werden. Und auch hier sind die Verfahren wesentlich komplexer als gedacht. Wir sind froh, ein dynamisches Verfahren anzubieten, mit dem alle Bremsenprüfstände im Pkw-Bereich überprüft werden können. Das geht mit den anderen Verfahren am Markt nur bei etwa 200 von 400 Typen. So bieten wir Werkstätten mit "alten" Bremsprüfständen, die bis 2020 noch nicht in einen neuen ASA-fähigen Bremsprüfstand investieren wollen, eine Möglichkeit, die Kalibrierung durchzuführen. Die Kosten liegen bei 400 bis 500 Euro. AH: Wird es künftig weniger Prüfstützpunkte geben? M. Bröning: Davon gehe ich fest aus, aber der Bestand wird sicher nicht um 30 Prozent nach unten gehen, sondern eher im einstelligen Bereich. AH: Wie sind Ihre Partner auf die neuen Anforderungen vorbereitet? M. Bröning: Wir haben rechtzeitig vor zwei Jahren unsere Partner ausgebildet. 50 bis 60 Kollegen unterstützen in der Branche vor Ort. Zudem informieren wir regelmäßig - intern sowie extern - zu den aktuellen Entwicklungen im Markt. Erhebliche Unterstützung leistet zudem unser neugegründeter GTÜ-Prüfmittelservice. Endrohrmessung AH: Bei der AU soll die Endrohrmessung wieder verpflichtend eingeführt werden - eine Entwicklung, die die GTÜ begrüßt? R. Köstler: Eindeutig ja, weil wir von dem Nutzen überzeugt sind. Es werden schon heute viele Fahrzeuge identifiziert, die erhebliche Mängel an der Abgasanlage haben. Die AU sollte in drei Schritten sinnvoll weiterentwickelt werden: Zunächst durch niedrigere Grenzwerte, womit man weitere 5 bis 6 Prozent der Fahrzeuge herausfiltern könnte. Die nächsten beiden Schritte müssen dann die Stickoxid- und die Partikelmessung sein - so hätten wir eine zukunftsfähige AU mit einem erheblichen Mehrwert für den Umweltschutz. AH: Ein Thema, das nur den Dieselmotor betrifft? R. Köstler: Nein, im Zuge der Entwicklung der Motorentechnologie - direkt einspritzende Benziner - ist es zielführend, dass künftig bei Diesel und Benziner eine verpflichtende Endrohrmessung im Rahmen der AU durchgeführt wird. Dieseldiskussion und E-Mobilität AH: Welche Auswirkungen hat die Dieseldiskussion auf das Prüfgeschäft der GTÜ? M. Bröning: Viele Fahrzeughalter sind verunsichert und erwarten eine sachbezogene Beratung. Daher informieren wir unsere Kollegen ständig über den aktuellen Stand, sodass diese fachlich fundiert beraten können. Wir gehen bei der GTÜ nicht von Fahrverboten aus, dennoch besteht ein Restrisiko. AH: Wie beurteilt die GTÜ das Thema Elektromobilität? R. Köstler: E-Mobilität ist seit vielen Jahren in aller Munde und nimmt derzeit aufgrund der gesamtpolitischen Lage aktiv an Fahrt auf. Wichtig für die weitere Verbreitung sind eine hinreichende Ladeinfrastruktur und eine Ausweitung der Reichweite. Generell ist E-Mobilität ein Trend, der nicht aufzuhalten ist und sukzessive Einzug hält - bei Herstellern und auch in Werkstätten. Wir müssen bei der GTÜ diesen Prozess eng begleiten und Mehrwerte im Bereich der Sicherheit für Fahrzeuge und Infrastruktur generieren. AH: Die GTÜ versteht sich bei diesem Thema also als Impulsgeber? R. Köstler: Definitiv. Die GTÜ übernimmt eine aktive Gestaltungsrolle. Das ist auch ihre Aufgabe, die Situation verkehrs-, sicherheitstechnisch und gesamtpolitisch zu beurteilen. M. Bröning: Wir haben uns daher kompetente Partner gesucht - etwa beim Bau eines Ladeparks in Zusmarshausen. Zudem haben wir mit der Fahrzeugsystemdaten GmbH ein Gemeinschaftsunternehmen, das sich vorrangig darum kümmert, die Prüfvorgaben für die HU bei Elektroautos weiterzuentwickeln. Denn wir sind davon überzeugt, dass es weitere Dienstleistungen gibt, die man entwickeln muss - etwa für die Kapazitätsmessung bei der Bewertung teurer Bauteile wie der Batterie. GW-Report 2018 AH: Auf der IAA haben Sie den GTÜ-Gebrauchtwagenreport 2018 vorgestellt. Was sind die Haupterkenntnisse? R. Köstler: Die deutschen Premiumhersteller sind mit einem sehr hohen Qualitätsstandard im Markt unterwegs und die Mängelquoten sind insgesamt geringer geworden - eine beachtliche Leistung bei dem zunehmenden Technologisierungsgrad, der schon seit mehreren Jahren Einzug in die Automobilindustrie gefunden hat. Kunden, die gebrauchte Fahrzeuge kaufen, können im deutschen Markt also mit sehr guten Produkten rechnen. AH: Herr Köstler, Herr Bröning, vielen Dank für das Gespräch. Interview: Ralph M. Meunzel / Susanne Löw GTÜ Zwischenbilanz Im ersten Halbjahr 2017 hat die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung ihren Marktanteil um 0,3 auf 16,3 Prozent gesteigert. Wie die Prüf- und Sachverständigenorganisation im Rahmen der IAA in Frankfurt vermeldet hat, kam mit 60 Prozent ein Großteil des Marktwachstums bei den Stuttgartern an. Die GTÜ rechnet damit, dass ihre 2.500 GTÜ-Partner und -Prüfingenieure bis Ende des Jahres 4,5 Millionen Hauptuntersuchungen und 7,5 Millionen Fahrzeuguntersuchungen durchführen werden.

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