Rahmenbedingungen der Branche: 3 % Rendite versus Nachlass-Schatten

Die Shell-Studie 2014 hat den Weitblick für 2040: Wie sich die Auto-Mobilität entwickeln wird, zeigt rechts die Abb. 1. Der Blick aufs Ganze verheißt für 2015 blühende Landschaften. Die Gesamtkonjunktur zeigt vom niedrigen Zinsniveau, niedrigem Arbeitslosenniveau, niedriger Inflationsrate bis zur Investitionsbereitschaft, gerade in den Autohäusern, eine hoffnungsträchtige Performance. Die niedrigen Benzinpreise führen zu größerem konsumtiven Spielraum und werden dem Wirtschaftswachstum von über 1 Prozent förderlich sein. Schauen wir auf den Zulassungsmarkt, dann gehen die Pferde wie gewohnt an die Tröge. 3 Mio. Neuwagenzulassungen und 7 Mio. Besitzumschreibungen. Über 100 neue Modelle stehen für das Autojahr 2015 vor der Tür. Die IAA im September fördert die automobile Herbststimmung. Was will man mehr? Hintergründe sehen Dieses durchaus positive Bild zeigt exemplarisch, wie der Schein trügt. Hersteller wie Importeure setzen nach wie vor - auch in Deutschland - auf Wachstum und einige von ihnen verzeichnen weltweit für 2014 abermals üppige Rekorde. VW knackt 2014 erstmals die 10-Millionen-Einheitenmarke. BMW 1,81 Millionen, Audi 1,74 Millionen und der schwäbische Autobauer erzielt mit 1,65 Millionen seine historische Höchstmarke. Und unterm Strich fahren die genannten Konzerne inkl. Toyota Renditen zwischen 8 und 12 Prozent ein. Diese globale Mengenverzauberung stellt sich aber für den deutschen Markt anders dar. Hier wird eine Wachstumsschlacht um jeden Preis geführt, obwohl es kein Wachstum mehr gibt. Der Neu- und Gebrauchtwagenmarkt ist saturiert. Hier ein Mengenwachstum zu produzieren gelingt nur über Verdrängung. Jeder verschießt über die Push-Strategie Unsummen von Geldern in Verkaufsförderungs- und Finanzierungsaktionen, generiert über das Übermaß an Tageszulassungen in Wahrheit nur niedrigere Restwerte und reduzierte Gebrauchtwagenpreise. Man bringt immer noch mehr neue Modelle in noch kürzerer Zeit auf den Markt und stellt fest, dass weder das Volumen noch der Ertrag sich verbessert haben. Warum? Der Deutsche Markt gibt kein größeres Volumen her. Und die (über-)hohen Preise werden nicht hingenommen. Das gilt im Privat- wie im Großkundengeschäft. Die Behauptung, der Privatmarkt sei rückläufig, ist ein Trugschluss. Der statistische Neuwagen-Privatmarkt wird über die zweite Vertriebsschiene - siehe Abb. 2 - mit einem "Jungwagen-Markt" von 1,25 Millionen Einheiten systematisch unterlaufen. 3 Prozent Rendite - ein Muss! Hersteller und Importeure setzen - so die vertragliche Vereinbarung mit dem Handel - die bestimmenden Akzente über das Produkt, die Markengestaltung und die Vertriebspolitik. Die Aufgabe des Handels ist die operative Verkaufs- und Servicegestaltung vor Ort. Sprich, ein Selbststeuerungsmechanismus ist für den Handel gerade im Neufahrzeugbereich so gut wie nicht möglich. Die Preissetzungsmacht hat der Hersteller. Und über die vorgegebenen Standards ist der Kostenrahmen fixiert. Die totale Herstellerabhängigkeit ist Faktum. Holen wir noch die tolerierten oder gar gezielt gesteuerten Reimporte ins Boot, die Verkäufe, die über die "Schattenkanäle" freier Neuwagenverkaufsbörsen bedient werden, dann sollte man sich nicht wundern, dass im Ergebnis 1 Prozent Handelsrendite steht. Wer als Verkaufschef eines Herstellers oder Importeurs als Konsequenz aus den völlig unzureichenden Erträgen der Pkw-Neuwagen die Quersubventionierung durch den Service fordert, sitzt auf dem falschen Stuhl. Und bitte, die Rendite im Service bröckelt. Im Klartext: Das Vertriebsrisiko ist einseitig zu Lasten des Handels gelagert und bedarf dringlich einer sichtbaren Korrektur. Vorbild sollten die chinesischen BMW-Händler sein. Sie haben aufgrund der untragbaren Ergebnissituation 1 Milliarde Dollar von BMW gefordert und 700 Millionen Euro erhalten. Oder Daimler hat 2013 über ein Ergebnisausgleichsmodell für seine 90 MB-Vertreter über 600 Millionen Euro ausgeschüttet. Nochmals im Klartext: Der Hersteller/Importeur hat künftig mehr Verantwortung zu übernehmen. Wer langfristige Partnerschaften anlegen will, muss als Rendite im Handel 3 Prozent avisieren. Die anstehenden Herausforderungen bedingen hohe investive Mittel: Digitaler Verkauf, aktives Beziehungsmanagement, Prozessoptimierung, Mitarbeiterqualifizierung, CI-Gestaltung, Kundenansprache im Verdrängungswettbewerb u. a. Man denke an multimediale Showraumausstattung, großflächige Bildschirme, Touchscreen-Varianten, Power-Walls usw. Vertriebsstrategie Die Digitalisierung, die die Branche seit 1998 übt und bislang ganz gut integriert hat, wird weiter an Bedeutung gewinnen. Kam der Kunde früher beim Neuwagenkauf zuerst ins Autohaus, so steht nun der Neuwagenkonfigurator an erster Stelle. Er ist heute der wichtigste Touchpoint für den Neuwageninteressenten. Und dennoch kommen zur Stunde nicht einmal 1 Prozent der Neuwagenkäufe darüber zustande. Einmal mehr sitzt der Hersteller/Importeur in Sachen Daten an erster Stelle. Die nächste große Welle wird das vernetzte Fahrzeug sein. Darüber entsteht ein noch erweitertes Datenmeer. Der künftige Autofahrer kann mit all seinen Gewohnheiten total überwacht werden. Wem gehören diese Daten? Zunächst dem Kunden. Wird morgen dem Kunden in seinem Fahrzeug elektronisch der Wartungs- oder der Reparaturbedarf angezeigt, geht diese Vermengung abermals vom Hersteller aus. Dieser lenkt dann auch die Reparaturvolumina. Wohin? Wer als Hersteller eine kooperativ erfolgreiche Netzpolitik anstrebt, seine Händler wirklich aktiv und rechtzeitig ins Geschehen einbindet, für den ist es selbstredend, dass die Daten Kunde-Hersteller-Handel miteinander zu vernetzen sind. Der ZDK ist hier im Interesse des Gesamtgewerbes 2015 besonders gefordert. 2015 müssen die Würfel in der Verzahnung Off- und Online-Vertrieb im Autohaus fallen. Die grundsätzliche Bereitschaft zur digitalen Verbindung von Hersteller und Handel liegt erst von wenigen Marken auf dem Tisch, beispielsweise für Mercedes-Benz, Volkswagen, Audi, Skoda oder Ford. Die praktische Umsetzung lässt noch auf sich warten. Dass die Hersteller an direkten Kundenkontakten interessiert sind, zeigt das Multikanalkonzept von MB, genannt "Mercedes me"-Stores (www.mercedes.me). Oder der Customer Touch-Point von "City Stores" wie bei Audi in Berlin. Das sieht jeder als die große Zukunft. Müssten die Verantwortlichen dieser Entwürfe dieses Unterfangen aus eigener Tasche bezahlen, gäbe es das alles nicht. Das ist in dieser üppigen großstadtkonzentrierten Form sicher nicht die Zukunft für jede Marke. Und doch staunt man über die strategische Festlegung zahlreicher Volumenmarken, die allesamt eine höhere Markenpositionierung anstreben, von Renault über Hyundai bis zu Fiat. Das in der Hoffnung, höhere Marktpreise zu erzielen, um Rahm abzuschöpfen. Dacia macht vor, dass es auch eine andere Richtung gibt, die Erfolg verspricht. Neues Geschäftsmodell? Bedarf es dazu eines neuen Geschäftsmodells? Nein. Die gegebenen Systeme sollten individuell angepasst werden, was sich vielfach hinter den Kulissen ohnehin zuträgt. Vorneweg sollte eine nachfragebestimmte Mengenpolitik stehen. Tageszulassungen sind auf ein angemessenes Niveau (max. 20 Prozent) zurückzuführen. Die Schattenkanäle über freie Neuwagenverkaufsbörsen sind transparent zu machen (Ford-Präsenzhandelsbonus) und die Sixt-Trittbrettfahrermentalität mit überzogenen Rabatten, die reinen Lockvogelangebote sind abzumahnen! Der ZDK hat 2015 die juristische Sicht über den Schattenvertrieb diverser freier Neuwagenbörsen zu klären, zumal auch hier diverse Hersteller/Importeure aktive Akteure sind! Im Klartext: Das Ganze braucht mehr Mitte, Vernunft, Anständigkeit, Wirtschaftlichkeit! Die Grundmarge ist das eine. Individuelle Leistungsmargen das andere. Beispiele: CI-Erfüllung, Herstellerfinanzierung bei Investments inkl. Vorführwagen und Lagerwagen, CRM bis hin zu Lead-Generierung, Internetauftritt, Verkaufsraumgröße, personelle Ausstattung, Probefahrten, Zufriedenheitsanalysen, Events, Exklusivitätsbonus etc. Im Klartext: Keine Leistung ohne sichtbare Gegenleistung! Da muss die Kasse geöffnet werden! Für große Mehrmarkengruppen werden andere Maßanzüge nötig sein, für Händler, die in Städten ihren (markenexklusiven) Standort haben, wieder andere als beim Händler auf dem Lande. Wer als Hersteller/Importeur auf dem Land keine Distributionsdichte zeigt, wird dort eben leer ausgehen. Es gibt genügend Handelsgruppen, die mit Vertragswerkstätten mit Neuwagenvermittlerfunktion sehr erfolgreich unterwegs sind. Lasst doch diese Vertriebsmodelle dort laufen, wo sie gut funktionieren. Das Geschäftsmodell der Zukunft muss - je nach Marktgegebenheit, je nach Marke, je nach Standort - ein individuelles Marktgestaltungsmodell sein. Mobilitätskonzepte Mobilität ist nicht mehr an den Besitz des Fahrzeugs gebunden. Bezahlt wird für die Nutzung. Gleich nach CarSharing wird dann die Kurzzeitmiete aufgeworfen, Pool-Leasing u. a. Wer die Vielfalt der Verkaufsprämien sieht, Eintauschprämien mit 4.000 Euro über DAT/Schwacke, der wünscht sich eine solide Flatrate. Und zwar für Neu- wie Gebrauchtwagen. Und so hat der Kunde - bis auf das Benz in eine monatlich rechenbare Größe. Und die Autohäuser über die Laufzeit in Folge sichtbare Werkstattbesuche. Wenn das Sixt im Verbund mit ATU kann, weshalb nicht die arrivierte Branche? Da sitzen zu viele Controller, die die Vertriebler einmal mehr behindern! Ein weiteres Beispiel: Ganze 30 Prozent der Kunden lassen ihre erste HU in dem Autohaus machen, in dem sie den Neuwagen gekauft haben. Also sollte die Gratis-HU gleich in die Finanzierungsrate eingerechnet werden. 80 Euro! Das entspricht einer 1,70 Euro höheren Finanzierungsrate pro Monat. Die Flatrate lässt sich sicher auch für Fahrzeuge bis sechs Jahre problemlos kalkulieren. Auf seiner Website beim Neuwagenkonfigurator zeigt Sixt, wie man das macht. Da wird neben dem Inspektionspaket sogar gleich noch ein Satz Winterreifen offeriert. Vielleicht übernimmt der ZDK im Verbund mit seiner Hausbank Deutsches Kfz-Gewerbe die Vorreiterrolle? Schwenken wir an dieser Stelle zu den Kfz-Versicherungen. Dort erreicht die Branche zur Stunde eine Penetration von 17 Prozent. Sie mögen mal alle bei Toyota in die Lehre gehen, um zu sehen, wie man in 25 Einzelkriterien die höchste Performance hat und sage und schreibe 37 Prozent (!) Penetration erreicht. Indem man den Autohäusern und den Verkäufern eine ordentliche Prämie bezahlt! Brüchiger Service 2014 war für verschiedene Autohäuser mit verschiedenen Marken mit rückläufiger Werkstattauslastung verbunden. Die zentrale Herausforderung heißt: Werkstattauslastung schaffen! Vorne an: Marktpotenzial ausschöpfen. Wer die Internetauftritte der Branche analysiert, stellt fest, dass das Thema Service-Marketing dort so gut wie nicht stattfindet. Keiner stellt z. B. die Nutzenaspekte der Direktannahme dar. Von der Personifizierung der Service-Mannschaft ganz zu schweigen. Wir brauchen das. Die Servicebörsen kommen. Nicht nur die digitale Annahme, der eCheck am Fahrzeug. Mit den Servicebörsen nimmt die Transparenz im Werkstattgeschäft zu. Vor allem im Teilebereich. Wer dort das Wirken der freien Teilebörsen anschaut, muss befürchten, dass die Welt der Identteile das Originalteil systematisch aushebelt. Gerade bei den wettbewerbsgefährdeten Teilen ist ein Abgleich unumgänglich. Gibt heute ein Kunde bei Google die Originalteilenummer ein sie liegt ihm bei jeder Rechnung vor , so erfährt er den regulären Hersteller-Endverkaufspreis! Die Zuschlagspraxis erfährt hier eine weitere Grenze. Garantievergütung Ein besonderes Augenmerk ist auf den Bereich Garantie- und Kulanzvergütung zu werfen. Der ZDK hat den Nachweis erstellt, dass bei den Garantien nicht einmal die Vergütung des Kunden-Stundenverrechnungssatzes kostendeckend ist. Das juckt die Hersteller/Importeure aber wenig. Daher ist der ZDK 2015 gehalten, dieses Thema per Gericht sauber klären zu lassen. Mitarbeiterqualifizierung Was nutzt der beste Besen, wenn keiner damit kehrt?! Entscheidend ist letztlich die Tat. Zum Erfolg gehört nun mal Fleiß, Fleiß und nochmals Fleiß. Man muss es tun. Im Alltag. Jeden Tag. Bei aller Weichenstellung für die Zukunft. Mehr Mittel sollten in die Qualifizierung der Mitarbeiter zur Bewältigung der Digitalisierung fließen. Der "Zertifizierte Internetverkäufer" gehört hier ebenso dazu wie all jene, die Leadmanagement, SEA, SEO,CRM, Tracking, digitale Kampagnen, den Internetauftritt oder Social Media bearbeiten. Je nach Betriebsgröße kann hier auch stundenweise Unterstützung von außen zugekauft werden. Das müssen ja nicht immer gleich Stellen mit angehängter Vollbeschäftigung sein. In einem gesättigten Markt steht nun mal das Beziehungsmanagement zum Kunden vorne an. Es bildet letztlich den größten Differenzierungsfaktor und schafft die beste Voraussetzung, neben der Hersteller-Marke die eigene Handelsmarke aktiv zu leben. Forderung Was aus Herstellersicht weltweit noch funktionieren mag - beständiges Wachstum -, ist kein Modell mehr für den deutschen Markt. Darunter leidet als Erster der Handel, der mit einer Rendite von 1 % zurechtkommen muss. Da der Gestaltungsspielraum klein ist, müssen Hersteller und Importeure dazu beitragen, diese Ergebnissituation zu ändern. Wer langfristige Partnerschaften anlegen will, muss als Rendite im Handel 3 Prozent avisieren! Perspektiven 2015 Lesen Sie hier, welche Themen AUTOHAUSHerausgeber Prof. Hannes Brachat in seinen aktuellen PERSPEKTIVEN-Seminaren aufgreift. Informationen dazu auch unter www.autohaus.de/akademie!

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