HB ohne Filter vom 8. November 2013
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08.11.2013Heute: Pkw-Marktszenarien Oktober 2013, Im Jahre 2020 noch 4.500 Autohändler?, Politik und Automobilhersteller, Verdrängungswettbewerb im Service, Unverschuldete Insolvenzbeteiligung und Entspannung bei der Weihnachtsfeierpauschale.
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4. November – Montag<br><br>Pkw-Marktszenarien Oktober 2013
Der Herbstmonat Oktober verschafft in der Marktszenerie eine leichte Aufwärtsbewegung, ein Plus von 2,3 Prozent. Neuvorstellungen rollen an: Mazda3, ein Wurf. Nissan mit der überzogenen Preisvorstellung des Note und Micra, oder die Suzuki-Hoffnung SX4 S-Cross, an dem Suzuki-Verkaufschef Thomas Wysocki für seine Organisation aufatmen wird. Ebenso Citroën mit dem neuen Grand C4 Picasso. Skoda gibt mit dem neuen Rapid Spaceback Gas.
Nachstehende Beispiele zeigen beispielhaft, dass in den Werbeblättern weiter über massive Preisvorteile geackert wird. Der Ford Mondeo Turnier ist mit 7.610 Euro Preisvorteil abzuholen. Hawaii-Triathlon-Läufer Gerd Heisel schlägt am Kreisel zu Merzig mit Toyota zu. Die "saarländische Saison-Subventionierung" macht 482.900 Euro aus.
Machen wir uns nichts vor, die Rabattschleuder schlägt inzwischen auch bei den Premiummarken durch. Die Folge sind Renditeeinschläge. Audi wird 2013 voraussichtlich erstmals mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge ausliefern, aber unter dem Strich weniger einfahren als im Vorjahr. Das sieht bei BMW und Mercedes-Benz nicht viel anders aus. Schrumpfende Märkte wie Frankreich, Spanien oder Italien zeigen Wirkung. Auto-Papst Ferdinand Dudenhöffer schlägt diese Woche sogar die Zerlegung des VW-Konzerns vor. Bei diesem Wahnsinnsgedanken wird sich Ferdinand Piëch künftig noch fester am Arm seiner Frau Ursula festhalten. Porsches Gewinn fällt für 2013 so stark aus wie der von Volkswagen. Auch Wolfsburg hat Renditeprobleme. Der Handel sowieso.
Weshalb Hessens Landesverbandspräsident Jürgen Karpinski – einer der möglichen Nachfolgekandidaten für ZDK-Präsident Robert Rademacher – der "Rosinenpickerei" den Kampf ansagt. Karpinski: "Genau dem, der eine kostenlose Probefahrt beim Händler macht und dann im Internet kauft, dem müssen wir sagen, dass die 'Rosinenpickerei' in unseren Unternehmen seine Grenzen hat." Das Rabattverhalten im Kfz-Gewerbe, vor allem bei den Internet-Portalen zur Vermittlung von Neuwagen, sei unverantwortlich. Man würde sich dringlich wünschen, dass der ZDK mit seiner Internetstrategie im Verbund mit den Herstellern endlich auf einer sichtbaren Spur einfährt.
5. November – Dienstag<br><br>Im Jahre 2020 noch 4.500 Autohändler?
Abermals schickt die Beratungsgesellschaft PwC eine fragwürdige Studie zum Autohandel durch die Republik. Bis 2020 sollen von 7.800 Händlern nur noch 4.500 übrig bleiben. Es wäre wünschenswert, wenn die Herren da nicht immer an der Oberfläche stehen blieben. Aber derartige Studien haben reine Köderfunktion. Die Berater suchen Aufträge, nachdem die Hersteller, geschweige denn Importeure in Sachen Händlernetzstrategie 2020 nichts vorliegen haben. Sie haben ja überall Topmanager sitzen und brauchen dennoch externe Hilfe. Nicht mal bis zum Jahre 2015 liegen – je nach Marke – klare Vertriebsstrategien vor. Ich behaupte das, nachdem ich nach mehrmaligem Nachfragen, auch hinsichtlich Onlinevertrieb der Zukunft nur ausweichende Antworten erhalte.
Es spricht einiges für die Fortsetzung im automobilen Konzentrationsprozess. Es handelt sich bei den oben genannten Zahlen zunächst einmal um die Anzahl der Eigentümer, nicht um die Zahl der Betriebsstandorte. Jetzt würde man sich von PwC mal eine Auflistung der Betrachtung nach Marken wünschen und schon sieht die Kiste ganz anders aus. Die PwCler mögen das mal am Beispiel sämtlicher Marken unter drei Prozent Marktanteil offen durchdeklinieren. Bei dem angekündigten Direktvertrieb der Hersteller oder auch im Onlinehandel: Von allein verkauft sich nichts. Wir reden ja nicht von den gutgängigen Rosinen, sondern von einer Palette, die bei allen vorhandenen Modellen bei jedem Hersteller zukünftig noch variantenreicher wird. Selbst wenn der Trend zur Urbanisierung weiter zunimmt, so werden immer noch 60 Prozent der privaten Neuzulassungen in Städten unterhalb der 100.000 Einwohnergrenze vermarktet. Man möchte den Herren mal einen anderen mittelständischen Gedanken zurufen. Wie schafft man es mittelständische Existenzen so zu fördern, dass sich die Branche gar nicht erst halbieren muss, sondern zahlreiche kleinere und mittlere Betriebe erhalten bleiben. Das muss doch das erstrebenswerte Ziel sein. Es gäbe z.B. sinnvolle Kooperationsmodelle zwischen großen und kleineren Händlern (Landhändlern), die man viel stärker fördern könnte.
Das Thema Niederlassungen lässt PwC in seiner Untersuchung außen vor. VW und Audi rüsten hier auf, Mercedes will sie bis auf die größeren Metropolen abstoßen. Warum wohl? Weil sie ewig tiefrot schreiben oder weil man sie im virtuellen Handel der Zukunft nicht mehr braucht? Ford und Opel haben gar nicht die Mittel für eigene Niederlassungen, die Franzosen sehen in ihren Niederlassungen nur die Farbe rot und trennen sich, wo immer es nur im Ansatz möglich ist – siehe Citroën in Nürnberg. Frage an PwC: Halbieren sich die Niederlassungen bis 2020 gleichermaßen? Oder wird bis dorthin nicht nur mancher Händler, auch große Händler verschwinden, aber auch die eine oder andere Herstellermarke? Dazu liest man natürlich keinen Satz, weil die Herren ja Beratungsaufträge "von oben" erwarten.
PwC kündigt stärkeren Direktvertrieb über die Hersteller an. Dazu sollten sie das Paket Onlinevertrieb aufschlagen. Aber bitte nicht diese digital-opulenten Dimensionen in London, Rom oder Berlin. Darüber lassen sich doch keine markanten Einheiten zusätzlich verkaufen. Die Frage ist vielmehr, wie wir virtuelle Präsentationsformen bei tragbarem Aufwand im einzelnen Autohaus umsetzen können? Gefordert ist hier eine digitale Gesamtstrategie für den Automobilhandel der Zukunft. Hier in Thesenform:
1. Der Hersteller/Importeur hat klarzustellen, wer für ihn in den nächsten fünf Jahren wichtigster Vertriebspartner ist.
2. Der Hersteller/Importeur macht deutlich, dass der Onlinevertrieb eine gemeinsame Aufgabe mit dem Vertragshandel darstellt.
3. Für die Onlinevertriebswelt wird eine gesamtheitliche Digitalstrategie für den Automobilhandel entwickelt.
Inhalte können bzw. müssen sein:
- Onlinehandel Neu- und Gebrauchtwagen (u.a. Rechtsklarheit mit Verträgen freier Portalbetreiber und Neuwagenvertrieb über Autovermieter (Sixt) und freie Leasinggesellschaften, Anpassung der Margensysteme)
- Neuwagenkonfigurator mit Verlinkungskonzept zwischen Hersteller- und Händlerseite
- Verknüpfungstool mit den Autobanken und Kfz-Versicherern
- Servicebörsen
- Digitale Kommunikation, gezielte Kundensteuerung zum Händler vor Ort, das vernetzte Auto der Zukunft, Kundenbindung, Internetauftritt, Online-Werbekostenzuschüsse, Lead- bzw. Suchmaschinenmarketing
Hier sind aber nicht nur die Hersteller, sondern auch der ZDK und gerade die einzelnen Händlerverbände gefordert. Es geht um eine zentrale gesamtheitliche Weichenstellung für die Zukunft. Als ich mich mit einem namhaften Händler diese Woche darüber unterhielt, schäumte er und meinte: "Diese Kacke von digitaler Untergangsstimmung jugendlicher Berater höre ich mir seit 1998 an. Ich sage meinen Verkäufern jeden Tag, haut die Touchpoints in die Herzen der Menschen, die zu uns kommen. Schafft bei jedem Kontakt echte Berührungspunkte, zwischenmenschliche Bereiche. Vermittelt und lebt unsere Botschaft, die gibt es im Netz nicht. Die Netzfantasten, so sie vor lauter Netzsucht überhaupt noch Menschen sind, gerade bei der jüngeren Generation, die werden noch froh sein, wenn sie vor lauter virtueller Süchtigkeit irgendwo auf lebende Gesichter stoßen. Dieses Leadership by Clicks – das ist nicht die große Zukunft. Wenn ich schon aus lauter Effizienzgebammel sehe, dass sie bei einer E-Mail die Anrede weglassen und dann mit HG, sprich 'Herzliche Grüße' unterschreiben, dann hat das weder mit Kultur noch mit Stil zu tun. Menschliche Touchpoints schaffen, das ist unsere Zukunft im Autohandel, und zwar über die ganze Leistungspalette. Eben, alles aus einer Hand. Lasst euch da ja nicht von der digitalen Jugendeuphorie verrückt machen. Wir integrieren die virtuelle Welt. Und das gelingt uns seit 1998 doch beachtlich gut. Dranbleiben!"
5. November – Dienstag<br><br>Politik und Automobilhersteller
Der Wechsel von Kanzleramtsminister Eckart von Klaeden (48) als Cheflobbyist zu Daimler erfährt eine staatsanwaltliche Ermittlung. Es geht um die automobile Einflusssphäre am ersten Schalthebel der Republik. Oder anders. Saß mit dem hochbegabten Politiker Klaeden ein Autolobbyist im direkten Dunstkreis der Kanzlerin? Die Automobilindustrie ist Deutschlands wichtigster Industriezweig. Die deutschen Premiumfahrzeughersteller produzieren in Deutschland pro Jahr fünf Millionen Fahrzeuge. Ohne diese Menge im Hochpreissegment würde die deutsche Volkswirtschaft wackeln. Wen wundert es, dass hier an erster Stelle auch über Abgasgrenzwerte gesprochen wird bzw. gesprochen werden muss! Die berühmten 95 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer bis 2020. Erst soll die Kanzlerin über BMW-Spenden und nun über ihren ersten Mitarbeiter gefügig gemacht worden sein? Als hätte die Kanzlerin kein Rückgrat!
Müssen wir nicht einmal grundsätzlich feststellen, dass beispielsweise dem neuen Bundestag unter 631 Abgeordneten gerade mal 35 klassische Unternehmer angehören und damit die Wirtschaft unterrepräsentiert ist? Welcher Politiker, wie weiland Friedrich Merz ist denn erster politischer Repräsentant für die Wirtschaft im Parlament? Die Kanzlerin hat alle Herren, die gefährlich werden könnten, entfernt. Merz, Wulf, Koch u.a. Wie einst Helmut Kohl. Man sollte schon einmal die Beweggründe jener Politiker hinterfragen, die von der Politik in die Wirtschaft wechseln. Und wie denn ein Wechsel ohne "Geschmäckle" aussehen sollte? Da fordern welche zwei Jahre zeitlichen Abstand. Soll der Betroffene in dieser Zeit denn Rosen züchten? Roland Koch ist ja nicht aufgrund seiner politischen Kontakte Baukonzernchef geworden, sondern aufgrund seiner Leistung. Oder man schaue sich das Wirken von Altkanzler Gerhard Schröder für Gazprom an, mit welchen Diktatoren er da in einvernehmlichen Verhandlungen steht. Oder gar den Umweltberatervertrag von Joschka Fischer mit BMW. Schön wäre, wenn ein so glänzender Politiker wie Eckart von Klaeden nach einigen Jahren in der Wirtschaft wieder für höhere Aufgaben in der Politik zur Verfügung stehen würde. Es sei die weitere Frage erlaubt, ob wir grundsätzlich unseren Politikern inzwischen nicht zu viel zumuten? Daimler kann man zur neuen Personalie nur gratulieren! Da kommt eine niedersächsische Perle ins Schwabenland.
6. November – Mittwoch<br><br>Verdrängungswettbewerb im Service
Gut 38.000 Kfz-Betriebe sind für die 51 Millionen Kraftfahrzeuge (Pkw, Lkw, Busse u.a.) im Einsatz. Dominant stehen die markengebundenen Servicebetriebe den Freien Werkstätten gegenüber im unmittelbarsten Wettbewerb. Das Volumen des Servicemarkts ist rückläufig, die Servicerenditen brüchig. Es findet subtil ein Verdrängungswettbewerb statt. Gesucht sind für den einzelnen Betrieb zusätzliche Auslastungsmöglichkeiten. Die Freien Werkstätten haben sich inzwischen mit 36 Werkstattmarken etabliert. Sie dürfen sogar obendrein mit den original Herstellerlogos werben. Sprich, auch optisch nähern sich die beiden Systemwelten an.
Mehr und mehr Markenhändler erweitern daher ihr Spektrum um einen weiteren Servicevertrag. Andere öffnen ihren Karosserie- und Lackbereich im Leistungsspektrum für alle Marken, ebenso die Glasreparatur. Die Marke "KS autoglas" (www.ks-autoglaszentrum.de) wäre dazu eine Möglichkeit. Andere Markenhändler weiten ihren Transporterservice auf alle Marken aus (www.xl-transporter.de) – oder gar auf den Lkw-Bereich (www.adtruckdrive.de). Man kann damit einem Flottenbetreiber alles aus einer Hand anbieten. Fazit: Es ist der einzelne Betrieb durchaus in der Lage, seine Auslastungsweichen nach wie vor auf Erfolg zu stellen!
7. November – Donnerstag<br><br>Unverschuldete Insolvenzbeteiligung
Händler A kauft vom großen Händler B für den Wiederverkauf innerhalb derselben Marke Neufahrzeuge. Und das seit Jahren. A ordert 20 Fahrzeuge und bezahlt diese im Voraus. B geht in der Zwischenzeit bis zur Belieferung in Konkurs. Die Bank von B behält nun die Briefe, A geht ohne Lieferung aus, obwohl er bereits bezahlt hat. Juristisch sind die AGB so geregelt, dass ein Gewerbetreibender sich des Risikos bewusst sein muss, dass sein Lieferant möglicherweise immer in die Knie gehen kann. Das ist so angeblich "Kaufmannsbrauch"!
Wie verhalten sich aber die Hersteller, die eigentlichen Lieferanten im Ernstfall hinter den Kulissen? Sehr individuell. Die einen schauen ganz weg und lassen A voll auflaufen. Andere liefern dem Händler A fünf von 20 Fahrzeugen, sprich, sie tragen ein Stück weit die Folgen der Insolvenz mit, um ihr Gesicht zu wahren, besonders, wenn es sich um Fahrzeuge handelt, die schon an bestimmte Kunden verkauft sind. Dritte bieten dem Händler A 20 Fahrzeuge zum halben Preis an. Sprich, die Hersteller nutzen einmal mehr nach Gutdünken die Macht des Stärkeren aus. Schriftlich wird da nichts herausgegeben. Im Gegenteil, es wird sogar Stillschweigen mit Auflagen vereinbart. Wehe der Händler droht dem Unterhändler des Herstellers mit juristischen Schritten. Sie hetzen die besten Anwälte gegen ihn. Auch hier wäre für ZDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Koblitz dringlich Klärungsbedarf angesagt. Schlimm: So wird man als Händler einmal mehr unschuldig schuldig!
8. November – Freitag<br><br>Entspannung bei der Weihnachtsfeierpauschale
Die Finalveranstaltungen in den Autohäusern zum Jahresende stehen vor der Tür. Es handelt sich dabei im steuerlichen Sinne um eine Betriebsveranstaltung. Jetzt hat der BFH, also das oberste "Steuergericht" entschieden, dass nicht alle Kosten der Veranstaltung in die 110-Euro-Pauschale pro Mitarbeiter einzubeziehen sind, sondern nur die, die der Teilnehmer unmittelbar konsumieren kann. Die Kosten für den äußeren Rahmen, Organisation und Miete stellen damit keinen "Geldwerten Vorteil" dar. Außerdem müssen die Kosten der Begleitung nicht mehr dem Mitarbeiter zugerechnet werden, da bei der Begleitperson keinerlei Entlohnung vorliege. Das entspannt die Lage doch in ganz erheblichen Sinne.
Die Aufwendungen sind aber nach wie vor brutto, also inklusive Umsatzsteuer anzusetzen, und mehr als zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr sind unüblich. Was darüber hinausgeht, müsste voll versteuert werden. Übersteigen die Kosten die 110-Euro-Grenze pro Mitarbeiter – auch geringfügig – , unterliegt der Gesamtbetrag ebenfalls komplett der Besteuerung. Die 110-Euro-Grenze entstammt dem Jahr 2007! Lassen wir uns das Feiern trotz allem nicht verderben!
Spruch der Woche:
"Zuversicht und Hoffnung: die einzig brauchbaren Prognosen." (Norbert Stoffel)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
E:Kühlwetter (wallibelli)
Derek Finke
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Michael Grippekoven
Michael Martin
Marc
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Anderson
Phantomas