HB ohne Filter vom 8. August 2014
präsentiert von
Datum:
08.08.2014Heute: Daimlers vielschichtige Weichenstellungen, Opel Group – die neue Hürde, August-Werbekampagnen, ADAC-Gebrauchtwagentest 2014 und Das Sommermärchen Deutschland.
Steigen Sie ein in die Diskussion! Am Ende des Beitrags finden Sie den Button "Kommentare". Klicken Sie darauf und kommentieren Sie Prof. Brachats Kommentar!
4. August – Montag<br><br>Daimlers vielschichtige Weichenstellungen
Für das erste Halbjahr 2014 steht Mercedes laut KBA-Zulassungsstatistik unter den Premiumanbietern für den deutschen Markt auf dem Siegerpodest. 142.281 Pkw-Einheiten. Audi folgt mit 128.000, BMW mit 120.000 Fahrzeugen. Generell kann der Konzern im ersten Halbjahr einen neuerlichen Produktionsrekord vermelden. Mercedes stand als Generalsponsor der Fußball-WM ganz oben, und die Formel 1 macht endlich wieder "Freude am Fahren", zumal Ecclestone über einen 100-Millionen-Euro-Freikauf dafür sorgt, dass sich kein Hersteller von ihm trennen muss. Compliance-Spiele! Der Stern strahlt wieder für den weltgrößten Lkw- und Busproduzenten. "Das Beste oder nichts" steht über allem, und 2020 will man unangefochtener Premiumanbieter Nummer eins sein. Man muss allerdings zur Kenntnis nehmen, dass Daimler dafür in China Marktführer werden müsste, um dann 2,6 Millionen Einheiten p.a. verkaufen zu können.
Wer in die Niederungen der automobilen Welt schaut, muss da aber ein paar zu optimistische Kulissen beiseiteschieben. Audi wie BMW erheben für sich denselben Anspruch und liegen zur Stunde in Einnahmen und Gewinn pro Auto deutlich vor Daimler. Ein Grund liegt in der Premiumrabattitis. Es ist ja erfreulich, dass "MeinAuto.de" Mercedes aus dem Programm nehmen musste, weil kein Angebot vorlag, sprich MeinAuto.de im Hintergrund keinen Vertreter oder sonstigen Vermittler fand, der sich an der Preistreiberei beteiligt. Wie das der Neuwagenvermittler optisch angeht, zeigen nachstehende Abbildungen. Man sollte sich aber bei der MBVD in Berlin bei Eigenzulassungen in Höhe von 29 Prozent nicht wundern, dass immer mehr Kunden dem Kaufweg "Built-to-Order" den Rücken kehren, um sich sehr preisvorteilig über die "Fast-wie-Neu"-Schiene zu bedienen. Mit Premiumanspruch hat das wenig zu tun. Man sollte hier gleich ergänzen, dass die bestehenden Niederlassungen und Vertreter von den gesamten Pkw-Zulassungen ganze 45 Prozent abwickeln. Das heißt im Umkehrschluss: 55 Prozent Direktvertrieb! Und gerade im Endkundengeschäft, das namhaft vom Handel bedient wird, wird im Premium-Neuwagenbereich viel zu wenig verdient, um nicht zu sagen gehörig drauf gelegt.
Es sollen ja jetzt nicht nur 36 Niederlassungen, sondern 53 zum Verkauf stehen. Die Verhandlungen mit Interessenten haben ernsthaft begonnen. Man ist also auf gutem Wege, die zukünftigen MB-Vertreter zu aktiven Jungwagen- bis Gebrauchtwagenverkäufern zu degenerieren. Auch bei den 453 autorisierten Servicepartnern ist man am Aufräumen. Und das auch im Verbund mit den Vermittlerabkommen. Einige der Servicepartner finden keine Nachfolger, anderen fehlen die Mittel für notwendige investive Anpassungen, andere stehen den geplanten Neukonstellationen im Wege, getätigte Fusionen funktionieren nicht und werden auseinander dividiert usw. Es rumort im Daimler-Vertriebskanal. 2016 soll schließlich die neue CI umgesetzt werden: schwarze Stele mit silbernem Stern. In groß aufgemachten Veranstaltungen für Verkäufer, Anfang Juli für die MB-Vertreter und auch beim renommierten Servicetreffen mit Messe in Hannover, wurde die Neuausrichtung spürbar artikuliert. Mal sehen, wann Daimler die Vier-Jahre-Neuwagengarantie wie in den USA als wirksames Kundenbindungsinstrument in Deutschland einführt. Man hat den Eindruck, als hätten sich die deutschen Hersteller im VDA auf zwei Jahre festgenagelt. Immerhin büxt Audi mit der Fünf-Jahres-Anschlussgarantie aus.
Abb. 1: MeinAuto.de
führt zum günstigsten Händler, der im Verborgenen überregional wirkt. Außerdem gibt es da einen Button – siehe links –, der alle Marken ankündigt. Wer da draufdrückt, findet auch Mercedes. Wer dann auf Mercedes drückt, kommt dann zu Abb. 2.
Abb. 2: Eine typische Börsenlüge. "MeinAuto.de" gibt vor, Mercedes zu vermitteln, kündigt gar für die A- und B-Klasse Schnäppchenrabatte von 29,8 Prozent an und begnügt sich mit dem Hinweis: "derzeit nicht lieferbar". Die Wahrheit ist, dass an dem Rabattspiel sich kein MB-Vertreter bzw. keine Niederlassung beteiligt. Ein Hoch der MB-Solidarität und Vernunft!
5. August – Dienstag<br><br>Opel Group – die neue Hürde
Karl-Thomas Neumann hat seit seinem Amtsantritt am 1. März 2013 schon einige markante Weichen gestellt. Jetzt führt er noch die neu gegründete Opel Group mit Sitz in Rüsselsheim an. Diese Gruppe ist künftig für das gesamte Europa-Geschäft von General Motors verantwortlich, auch für den russischen Markt sowie die US-Importfahrzeuge von Cadillac und Chevrolet. Opel plant bis 2018 27 neue Modelle. Große Hoffnungen werden dem neuen Corsa beigemessen, der Ende des Jahres kommen wird. Außerdem ist ein Modell unterhalb des Adam geplant, sprich unter einem Anschaffungswert von 10.000 Euro. Opel wird dieses Jahr noch eine Carsharing-Offensive angehen. Auch die Elektromodelle werden weiterhin eine Rolle spielen. Tina Müller, Vorstand Marketing wird die Kampagne "Umparken im Kopf" mit Überraschungseffekten fortsetzen.
Immerhin hat Opel im ersten Halbjahr wieder einen Marktanteil von sieben Prozent erreicht. Über die hohe Zahl der Tageszulassungen schweigt man besser. 2016 will Opel wieder im "schwarzen Bereich" arbeiten. Dazu wurden die letzten eineinhalb Jahre sichtbare Pflöcke gesetzt. Das "Umparken" bei Opel bleibt insgesamt spannend.
6. August – Mittwoch<br><br>August-Werbekampagnen
Sommerferien im Blätterwald: Auffällig ist die Premiere des neuen Peugeot 108 mit 2 + 3, sprich Fünf-Jahres-Anschlussgarantie und monatlicher Leasingrate von 89 Euro. Auffällig sind ferner die unteren Preisklassen, von Dacia Duster und Hyundai i10 über Citroën C1 bis Renault Twingo und Opel Corsa. Daimler punktet mit der WM-Siegprämie von 2.000 Euro: "Holt euch das Ding. Macht´s wie unsere Jungs."
7. August – Donnerstag<br><br>ADAC-Gebrauchtwagentest 2014
Der ADAC testete in den Städten Berlin, Hamburg, Dresden, Köln, München und Stuttgart 36 Kandidaten, davon 20 Markenhändler und 16 freie Händler mit 21 Testkriterien. Preis, Vorab-Info im Internet, Ablauf des Verkaufsgespräches, Probefahrt, Mängelgespräch, Preisverhandlung sowie Fahrzeugbestandteile (Motor bis Bremsen und Elektrik). Nachstehende Abbildung zeigt, dass die Markenhändler deutlich besser als die Freien abschnitten. Bei diesen sind 25 Prozent der Gattung mangelhaft bzw. sehr mangelhaft zuzuordnen. Die Prüfer stellten grundsätzlich fest, dass die Fahrzeuginformation im Internet oft nicht mit dem tatsächlichen Zustand des Wagens übereinstimmten. Mit der Erstzulassung und dem Kilometerstand wird die Sache nicht so genau genommen. 14 Kandidaten wurden wegen rostiger oder verschlissener Bremsanlagen mit "sehr mangelhaft" beurteilt.
Der ADAC empfiehlt GW-Käufern, einen Fachmann mit zur Probefahrt zu nehmen oder die Probefahrt dazu zu nutzen, das Fahrzeug bei einer unabhängigen Gebrauchtwagenuntersuchung checken zu lassen. Bei zehn Wagen waren die Reifen älter als sechs Jahre alt. DOT-Nummer prüfen! Ebenso wird empfohlen, das Scheckheft auf Wartungsarbeiten wie anstehender Zahnriemenwechsel zu überprüfen.
Wer den Artikel auf einer Seite in der Juli-Ausgabe 2014 der "ADAC-Motorwelt" liest, staunt dennoch über so viel Oberflächlichkeit in der Darstellung. Vom auflagenstärksten Automagazin in Deutschland darf man eine andere Qualität erwarten. Kein Wort davon, dass der Kunde sich beim Gebrauchtwagenkauf sich über eine Garantie schützen kann. Und wer klärt die ADAC-Schreiberlinge darüber auf, dass es diese gibt, dass es inzwischen eigene Gebrauchtwagenmarken – von Welt-Auto bis Premium Selection – gibt, hinter denen Qualität steht? Wie so oft beim ADAC: hohe Ansprüche, aber es darf den Autofahrer aber ja nichts kosten. Gute Qualität hat aber seinen Preis. Die Folge: Es ist eben oft so, dass nicht die ehrlichen und qualitativ Besten in den Internetbörsen auf Platz eins stehen, sondern ...
Angaben in Prozent
8. August – Freitag<br><br>Das Sommermärchen Deutschland
"Mir san Weltmeister!" Die Deutschen geben sich derzeit ungewöhnlich lebensfroh. Die niedrigste Arbeitslosigkeit, anständige Beschäftigungsverträge, steigende Löhne, niedrige Zinsen, bald einen ausgeglichenen Staatshaushalt, eine Energiewende mit viel Wind, aber bislang ohne Blackout. Das sollte und muss man genießen! Gerade in der Urlaubszeit.
Eigentlich wäre nun die Zeit, langfristige Themen anzugehen. Zukunftsgestaltung. Doch die Politik erfreut sich ob ihrer Erfolge. Das Schul- und Bildungssystem ist nicht dort, wo es hingehört. Es sind immer noch 1,3 Millionen Menschen zwischen 20 und 30 Jahren ohne Ausbildungsabschluss. Die Schulinhalte werden von Beamten gelehrt und gestaltet, die theoretisch etwas wissen, aber von der praktischen Realität im Alltag weit weg sind. Man schaue sich beispielhaft an, was die Schüler im Fach Informatik lernen müssen und wie deren Umgang im Alltag mit dem neuen Gott namens "Google" – für viele schon beim Aufstehen und während jeder Mahlzeit – zur terrorartigen Droge wird. Wie soll individuelle Persönlichkeitsbegleitung bei Klassen mit 30 Schülern gelingen? Auch das Niveau an den Hochschulen hat wirklich keinen Spitzencharakter.
Der Bund schafft es nicht, trotz Steuerrekordeinnahmen endlich die kalte Progression zu beseitigen, um die echten Leistungsträger – Facharbeiter – zu fördern. Und zahlreiche Bundesländer wie Kommunen kriegen trotz Steuerschwemme immer noch keine schwarze Null hin. Wann wollen die das packen, wenn nicht jetzt? Die Renten sind in der gegenwärtigen Form auf Dauer nicht mehr finanzierbar. Das Ganze hängt an "ewigem Wachstum". Dies gilt in Sonderheit für die völlig überzogenen Pensionen für die 1,9 Millionen Beamten. Dafür sind zur Stunde Null-Rücklagen gelegt. Lasst endlich die Leute arbeiten, so lange sie wollen. Die Löhne und Sozialabgaben – Pflegeversicherung – steigen, die Investitionen dagegen sinken. Angefangen von Verkehrsinfrastruktur, Forschung, Entwicklung, Maschinen, Innovationen sowie die gezielte Förderung von Unternehmernachwuchs (geschweige denn Firmengründungen). Es ist ja begrüßenswert, wenn Daimler gut eine Milliarden Euro in die Hand nimmt, um einen Teil seiner Niederlassungen los zu werden. Nur, welcher Mittelständler hat hier die finanzielle Kraft für einen soliden Einstieg? Die Förderung des echten Mittelstands ist unzureichend.
Weiter geht es mit einer ungesteuerten Zuwanderung und manch fragwürdiger Integration. Die jährliche Netto-Zuwanderung liegt bei 400.000 Personen. 2014 werden es 500.000 sein. Man denke dabei beispielhaft an die Abarten des Islamismus. Auch hier findet keine angemessene öffentliche Diskussion statt. Man traut sich vielfach schon gar nicht mehr seine Meinung zu sagen. Grundsätzlich: Der Konsens, eine politische Einigung zu finden, wird immer schwieriger. Die Elite zieht sich mehr und mehr in die innere Emigration zurück und schweigt. Es ist auch in unserem Gewerbe so. Es geht primär nur noch um Einheiten, Rendite und Machterhalt. Mögliche Alternativen sind lästig, obwohl sich ja alles ändern muss, wenn es gut bleiben soll.
Rufen wir noch international den Kontrast von Leben und Tod am Gaza-Streifen ab, den "Kalten Krieg" in der Ukraine, so hat dieser Sommer auch schreckliche Züge. Nicht nur im Fernsehen. Es wird unsere Aufgabe bleiben, stets das Ganze zu sehen und als Führungskräfte aktiv Wirtschaft zu gestalten. Gerade im Alltag. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen August, um das Gesamtgeschehen aus der Distanz anschauen zu können. Vielleicht sehen wir uns zur 23. AUTOHAUS-Sommerakademie an besonderer Stätte in Telfs mit wirklich ganz besonderem Programm. Ich darf Ihnen noch drei Bücher als Sommerlektüre empfehlen. Vor allem für jene, die eine besondere Verbundenheit zur Psychologie, Philosophie und den menschlichen Fragen haben:
1. Die Kunst sich selbst auszuhalten. Ein Weg zur inneren Freiheit, von Michael Bordt SJ, 95 S., Preis: 9,96 Euro
2. Was in Krisen zählt. Wie Leben gelingen kann. Michael Bordt, SJ, 8 S., Preis: 7,95 Euro
3. Der beste Rat, den ich je bekam. Frank Arnold stellt namhafte Persönlichkeiten dar, die den für sie prägenden Rat für ihr Leben darstellen. Von Reinhold Würth, Josef Ackermann, Warren Buffet, Roland Mack bis zu Jack Welch u.a., 238 S., Preis: 14,90Euro
Gutes Essen hält Körper, Leib und Seele zusammen. Die empfohlene Lektüre ist Nahrung für die Seele, unsere Innenwelt und wird Sie nachdenklich wie sehr zuversichtlich stimmen!
Ich freue mich wieder auf eine gute Fortsetzung der "HB ohne Filter"-Branchenkommentierung ab 5. September 2014.
Spruch der Woche:
"Unstrittig ist, dass die seit 2010 rasant angestiegenen Zuwanderungszahlen einen relevanten Beitrag zur aktuellen guten ökonomischen Verfassung Deutschlands geleistet haben." (Bert Rürup)
In besonderer Branchenverbundenheit
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Gerdi Hellmann