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HB ohne Filter vom 29. Mai 2015

Prof. Hannes Brachat
Prof. Hannes Brachat
© Foto: AUTOHAUS

Die Themen: Händlerzufriedenheit im GW-Bereich, Laue Mittelstandpolitik, Leadmanagement im Autohaus, Volkswagen und die Bundesliga

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Datum:
29.05.2015

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Heute: Händlerzufriedenheit im Bereich Gebrauchtwagen, Laue Mittelstandpolitik, "ams"-Test: Leadmanagement im Autohaus, FCA-Bazillus, Volkswagen und die Bundesliga

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Händlerzufriedenheit im Bereich Gebrauchtwagen

Eigentlich gehöre ich zu jenen, die gerne und mit innerer Überzeugung Mut machen, die Zuversicht verbreiten. Wenn ich aktuell die Aussagen zum Markenmonitor 2015 höre und lese, wie zufrieden die deutschen Händler sind, dann ist mir das allerdings zu viel der Schönrederei. Offensichtlich sehen die Schonfärber in ihrer Darstellung immer nur das erste Drittel im Handel, denen es zur Stunde gut geht. Das zweite Drittel hängt zwischen Baum und Borke und das letzte Drittel schreibt "rot". Fakt ist: Du musst heute das Doppelte arbeiten und das bei halbiertem Gewinn! Wer sich z.B. die neuerlichen Tarifabschlüsse von drei Prozent und im Folgejahr weitere 2,8 Prozent im Kfz-Gewerbe Bayern vergegenwärtigt, weiß, wohin sich seine Personalkosten entwickeln. Und wie viele Kfz-Betriebe müssen jetzt schon seit Jahren auf die Auszahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten, weil es schlichtweg nicht bezahlbar ist? Nicht auszumalen, wenn morgen die Zinsen wieder signifikant ansteigen. Wenn die MB-Vertreter einen Zufriedenheitsgrad mit der Rendite von 3,72 (!) aufweisen, obwohl der Konzern an sie 60 Millionen Euro ausschüttete, dann zeigt auch dies Premiumrealität! Wahre Zufriedenheit sieht anders aus. Es geht um die Balance, ums Gleichgewicht für das Ganze!

Solange Vertriebschefs bei den Herstellern/Importeuren der Auffassung sind, man müsse eben die Negativsalden im Verkauf über den Service quersubventionieren, muss man fragen, weshalb sie überhaupt auf ihrem Stuhl sitzen? Werfen wir einen Blick auf die Händlerzufriedenheit im Gebrauchtwagenbereich, wo die Unterstützung bei der GW-Vermarktung mit der Note 3,29 bedacht wird, die Zufriedenheit mit der Gebrauchtwagen-Garantie des Herstellers mit 2,64 und die Zufriedenheit mit der Gebrauchtwagenbörse des Herstellers mit 3,04. Grundsätzlich sei daran erinnert, dass der wesentliche Erfolg im GW-Leistungsbereich nicht in den Kosten zu suchen ist, sondern primär im Einkauf. Es bewahrheitet sich auch hier die betriebswirtschaftliche Grundregel: Im Einkauf liegt der Gewinn! Bei der Unterstützung der GW-Vermarktung schneiden Audi, BMW, Mercedes und Volkswagen, Porsche, also die Premiummarken am besten ab (2,44 bis 2,65) – Skoda (3,33), Seat (3.58) und die große Zahl an Importeuren dagegen auffällig schlecht. Subaru, Suzuki, Mitsubishi und Nissan bilden die Schlusslichter (3,9). Besser sieht es bei den GW-Garantien des Herstellers aus. Man sollte hinschauen, weshalb Smart hier mit der Note 1,83 brilliert und Subaru bei 4,05 hängen bleibt. Auch bei den Herstellerbörsen gibt es erhebliche Unterschiede. Wiederum glänzen die deutschen Premiumanbieter (2,42 bis 2,51). Hyundai und Nissan scheinen hier den größten Nachholbedarf zu haben (3,67).

Auch wenn ich die Besetzung der deutschen Vertriebszentralen personell für mehr als üppig besetzt halte, so kommt an dieser Stelle immerhin ein positives Ergebnis heraus. Ein Stück Direktvertrieb wird am wachsenden Meer der Dienst- und Jahreswagen sichtbar. Bei BMW werden "Jungwagen", sprich taktische Zulassungen mit Nachlässen bis zu 50 Prozent verramscht. Premiumfahrzeuge! Kleinere Händler im angrenzenden Umfeld werden über derartige Offerten ganz still an die Wand geschoben und müssen ausscheiden. Von dieser lautlosen Netzbereinigung spricht ja keiner, weil der Große sein Revier erweitern möchte und der Markenkollege sein größter Feind ist.

Die personelle Ausstattung in der Herstellerzentrale ist das eine. Es folgt die inhaltliche. Von wem gehen Impulse aus: für IT-Innovationen, GW-Prozess-Software, elektronische Fahrzeugakte, virtuelle Preisgestaltung, elektronische Preisauszeichnung, Flatrate im GW-Bereich, werblicher Auftritt, Restwertsteuerung, wirkungsvolles Remarketing usw.? In all diesen Bereichen glänzen gerade die Importeure vielfach mit totaler personeller und damit inhaltlicher Unterbesetzung. Es wird gespart! Es wäre viel besser, sie würden die Zahl der taktischen Zulassung reduzieren und mit dem gesparten Geld in die Qualität der Geschäfte investieren. Fazit: Was aktuell über die Schiene Gebrauchtwagen abgewickelt wird, geht vielfach zu Lasten des Handels. Ich kenne genügend Händler, die vor fünf Jahren noch mit 40 Prozent Eigenkapital operierten und heute bei 20 Prozent stehen! Das kann und darf man sich nicht gefallen lassen. Lasst die Schönfärberei! Nennt die Realitäten offen beim Namen! Nur das führt zu den notwendigen Anpassungen und Veränderungen.

Laue Mittelstandpolitik

Schaut man auf die wirtschaftspolitische Gestaltungsebene der großen Koalition, so fällt dabei zuvorderst der Mindestlohn, die Rente mit 63 und die Mütterrente auf. Die beiden letztgenannten Reformen kosten allein bis zum Jahr 2030 230 Milliarden Euro. Der sozialistische Nahles-Effekt! Die späte SPD-Befriedung für die Agenda 2010. Wo aber bleiben die notwendigen Reformen? Eine müsste lauten: Jegliche staatliche Befristung und rentenrechtliche Eindämmung der Lebensarbeitszeit wird gestrichen. Die Rente mit 65 wurde 1916 eingeführt. Damals wurden die Menschen im Schnitt 70 Jahre alt. Die letzten fünf Lebensjahre sollen sie wenigstens einen nahtlosen Übergang vom Herbst in den Winter des Lebens haben. Und heute stehen wir bei durchschnittlich 80 Lebensjahren. Lasst endlich alle älteren Menschen, die können und wollen, länger arbeiten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, derzeit vor der Kanzlerin beliebtester Politiker Deutschlands, fährt von Jahr zu Jahr Steuerrekordeinnahmen ein. Er hat es geschafft, 2014 erstmals ohne neue Schulden auszukommen. Wann endlich wird aber die kalte Progression im Einkommensteuertarif abgeflacht, damit der Mittelstand,  die Leistungsträger, netto mehr in der Kasse haben? Das soll Anfang 2016 kommen. Das Entlastungspaket sieht 1,5 Milliarden Euro vor. Das ist aber im Volumen eine Micky-Maus-Veranstaltung. Vermutlich behalten die Herren die große Steuersenkungsmunition für den Wahlkampf 2017 auf. Stimmenkauf!

Jetzt sollten die mittelständischen Unternehmen sehr konkret auf die neuen Erbschaftssteuerregelungen aufpassen. Dem Bundesverfassungsgericht gehen die Ausnahmen von der Erbschaftssteuer für kleine und mittlere Unternehmen zu weit. Bis Mitte 2016 ist für Herrn Schäuble Handlungsbedarf angesagt. Hinter einer Neuregelung steht eine Gerechtigkeitsdebatte. Warum steuerfrei Betriebsvermögen vererben? Es geht auch um die Vermögenskonzentration in Deutschland. Und die Länderfinanzminister nehmen pro Jahr fünf Milliarden Euro Erbschaftsteuer ein und suchen dringlich nach weiteren Mitteln. Ab 2020 müssen die Länder ohne neue Kredite auskommen. Die neue Erbschaftsteuerregelung kulminiert letztlich bei der Frage, ob der Fiskus im Falle der Erbschaftsteuer auf das Privatvermögen zurückgreifen kann, wenn diese Steuer nicht aus dem Firmenvermögen bezahlt werden kann? Da ist mittelstandspolitischer Handlungsbedarf angesagt! Wie stellt sich der ZDK in Berlin dazu?

"ams"-Test: Leadmanagement im Autohaus

Concertare führte im Auftrag von "ams" (auto motor sport) bei 1.030 Händlern der 32 verkaufsstärksten Marken in Deutschland einen Test durch (veröffentlicht in ams 8/2015 S. 118 ff.) Die Kontaktaufnahme per E-Mail ist offensichtlich nicht der beste Weg zum Autohaus. Diese Kundenanfragen werden – so das Testergebnis – oft nicht ernst genommen. Sprich, der Handel geht damit angeblich fahrlässig damit um. Ein Drittel aller E-Mails wurden im Test nicht beantwortet. Einladungen ins Autohaus werden in den Antworten nicht sehr oft gemacht, ebenso selten das Angebot zu einer Probefahrt. Nachdem die Verkäufer in diesem Test "ordentlich" vorgeführt wurden, haben sich viele von ihnen dagegen gewehrt und an "ams" geschrieben. Es ehrt das Magazin, dass es die Verkäufer auf zwei Seiten in Ausgabe 11/2015 S. 116 f. sprechen ließen. Da kommt Freude auf. So stellt man sich einen kreativen Diskurs vor.

Wir haben in der Branche rund 33.000 Automobilverkäufer. Ehrlich, als ich da die Auszüge in "ams" über deren Sicht der Dinge las, war ich richtig stolz auf unsere Verkäufer. Mancher verrät gar in seiner Schreibe hohe journalistische Qualitäten. Beispiel: "Nach meinem Dafürhalten ist es für einen hoch professionellen, (aus-) gebildeten, zertifizierten und mit guten Manieren ausgestatteten Autoverkäufer eine Zumutung, wenn nicht gar Folter, sich täglich mit vollkommen konträr gepolten, trotzdem sich als König Kunde wähnenden Vollproleten auf flache Rabattgespräche und Probefahrt-Schnorrereien einzulassen." Oder: "Wirkliche Interessenten schreiben keine Rundmails an zig Autohäuser, um noch mal 0,3 Prozent mehr Nachlass zu bekommen." Oder: "Bekommen sie eine Mail mit "Hallo, was ist Ihr letzter Preis für meine angehängte Konfiguration?" und im Empfängerfeld stehen fünf weitere Händler, dann…" Oder: "Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass mindestens auf die Hälfte aller E-Mail-Anfragen auch dem Verkäufer gegenüber nichts mehr zurückkommt (nicht mal eine Absage)." Oder: "Eine Telefonnummer wird nur in den seltensten Fällen angegeben." Oder: "Dies ist noch ärgerlicher, wenn eine Probefahrt angefragt wird, jedoch vier von fünf gar nicht zum angebotenen Termin erscheinen..." Wir leben von den Kunden. Jeder Kunde ist ein Markt. Es stimmt aber ebenso: Nicht jeder Kunde, den man auf Dauer von hinten sieht, ist auch ein Verlust! Stil ist eben Stil! Wenn der Kunde König ist, dann sollte man hinzufügen, möge er sich auch wie ein König benehmen. Der Verkäufer ist kein Vasall, der schnalzend einfach zu tanzen hat!

FCA-Bazillus

Wenn es heißt, Personalwechsel bei FCA Germany, denkt man zuerst an den Fußball-Bundesligisten Augsburg. Gemeint ist aber Fiat. Im Verbund mit Chrysler. Im aktuellen AUTOHAUS 10 wird noch berichtet, dass das Fiat-Händlernetz bezüglich Netz-Neustrukturierung "auf gutem Weg" sei. Reden tut interessanterweise der Importeur, weder der Vorstandsvorsitzende noch der Vertriebschef. Bitte, der "anonyme" Importeur. Der Importeur teilt mit. Wer auch immer das in der Verantwortung ist. Und siehe da, am 26. Mai lichtet sich das Geheimnis. Vertriebsleiter Basilio Scelza, seit 1. Juli 2013 als Vertriebsdirektor im Amte, hat das FCA-Haus verlassen. Was immer auch die wahren Gründe für sein Ausscheiden sind, gut ist das nicht, wenn der entscheidende Manager in der Phase der Netzumstrukturierung ausscheidet. Das schafft alles andere als notwendiges Vertrauen. Da fahre ich am Pfingstsamstag durch den Odenwald und komme durch Dallau. Ehrlich, das liegt landschaftlich in einer wunderschönen Landschaft. Aber halt ländlich ausgerichtet. In Dallau fahre ich an einem angestammten Fiat-Autohaus namens Pfaff vorbei und sehe, wie wunderbar dort die Marke Hyundai mit deren neuer Corporate Identity in das angestammte  Fiat-Areal eingebunden hat. Da kam Freude auf. Nicht warten, handeln!

© Foto: cka
Autohaus Pfaff in Dallau (Foto: cka)

Gleichzeitig sickert durch, dass General Motors Fiat Chrysler einen Korb gibt. FCA-Chef Sergio Marchionne hatte den Traum von einer Mega-Hochzeit mit GM. In einer Mail – so berichtet die "New York Times" – muss Marchionne der GM-Vorstandschefin Mary Barra eine Kombination der beiden Hersteller vorgeschlagen haben. Barra muss ein mögliches Treffen aber abgelehnt haben. Jetzt soll Marchionne bei Google und Apple auf dem Teppich stehen. Ferdinand Piëch wird froh sein, dass sein "spezieller Freund" von GM auf die Plätze verwiesen wurde. Wenn Herr Marchionne nur produktstrategisch die gleiche Genialität wie in finanzstrategischen Überlegungen hätte, wäre das für FCA der wahre Segen. Doch die meisten Produktankündigungen blieben bislang bei Ankündigungen stehen. Was kann man da noch glauben? Für einen Händler sind nun mal gute Produkte die halbe Miete. Man darf sich nicht wundern, dass bei dieser Malaise ein Job als Direktor bei FCA in Frankfurt nicht die erste Adresse ist.

Volkswagen und die Bundesliga

Zum Abschluss der Bundesligasaison darf man schon mal hinschauen, wie das Verhältnis von Auto und Fußball aussieht. Der Abschied des SC Freiburg hat ja mehr den Charakter von Tragik als von Sport. Und welche Tragik überfiele die Bundesliga, wenn Wolfsburg sich nicht nur von seinem Übervater Ferdinand Piëch löste, sondern auch von seinem Bundesliga-Engagement? Schließlich unterstützt Wolfsburg gleich 16 Bundesligisten. Noch intensiver wird die Kiste mit den Vereinsbeteiligungen. Der VfL Wolfsburg ist eine 100-Prozent-Tochter der Volkswagen AG. Dort fließen – so munkelt man – allein pro Jahr 80 Millionen Euro hin. Für den Transfer von Andre Schürrle wurden 32 Millionen Euro bezahlt. Wer zahlt da was? Ferner ist man über Audi am Bayern München und FC Ingolstadt direkt beteiligt. Der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn sitzt im Aufsichtsrat von VfL Wolfsburg wie in seinem Lieblingsclub Bayern München. Bitte, beim Hauptwettbewerber! Wo gibt es denn so etwas! Das Ganze hat schon ADAC-Charakter. Sprich, man engagiert sich aktiv in Geschäftsfeldern, die mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun haben. Das geht deutlich über den Bereich Werbung hinaus. Compliance-Gedanken seien gleich gar nicht gestellt. Oder anders: für was Polo-Fahrer alles bezahlen!

Offensichtlich kann man sich das leisten, nachdem alle Automobilhersteller weltweit 2014 in Summe einen Rekordgewinn von 127 Milliarden Dollar eingefahren haben. Das macht bei den Herstellern im Schnitt 6,6 Prozent Umsatzrendite aus. Ein respektables Ergebnis – trotz Investitionsrekorde und Absatzkrise in Russland! Da ist die Proportion zu einem Prozent im Vertragshandel bei den gegebenen investiven Herausforderungen nicht hinnehmbar.

Spruch der Woche:

"Ohne die Fragezeichen von heute gäbe es nie die Ausrufezeichen von morgen!" (Karl-Heinz Karius)

Mit meinen besten Grüßen und Wünschen

Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS

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