HB ohne Filter vom 20. November 2009
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20.11.2009Heute zu den Themen: Endspurt bei Partikelfilter-Förderung, Leasingrückläufer-Rücknahmepflicht, Ist die Rezession zu Ende?, Einheitlicher Kfz-Branchenkontenrahmen, Der Mazda-Hammer sowie Mercedes und Formel I-Zirkus.
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15.November – Sonntag
Endspurt bei Partikelfilter-Förderung. Die Dieselpartikelfilter-Nachrüstförderung in Höhe von 330 Euro (inzwischen auch als Barzuschuss erhältlich) läuft Ende dieses Jahres aus. Die meisten Hersteller haben inzwischen die Preise für die Nachrüstsätze kräftig gesenkt. Volkswagen von 760 auf 250 Euro. Ford offeriert für einige Modelle die Filter sogar für 133,33 Euro plus MWSt. Klar, sie bleiben ab Januar auf den Nachrüstsätzen sitzen. Inzwischen haben 40 Städte Umweltzonen eingerichtet. Renault-Händler, die heute noch keine offiziell zugelassenen Nachrüstsätze erhalten, werden bei Fahrzeugen mit "roter Plakette" im Gebrauchtwagengeschäft erhebliche Probleme haben. Oder anders: Gebrauchtwagen in besagten "Umweltstädten" mit "grüner Plakette" haben künftig höhere Wertigkeit.
16. November – Montag
Leasingrückläufer-Rücknahmepflicht. Der Restwertverfall treibt in der Pleitewelle diverser Marken weitere Blüten. Jetzt kündigte der Vorsitzende des VW/Audi-Händlerverbandes Michael Lamlé an, juristisch die Nadel im Heuhaufen gefunden zu haben. Es sind in dieser Frage derzeit aus Händlersicht mehrere Gutachten unterwegs, die die Vertriebspartner juristisch aus dem Risiko befreien sollen. Wie sieht aber der Kontrapunkt aus? Die Hersteller warten ab, bis sie ihre juristischen Gutachten dagegen setzen. Eine rechtliche Auseinandersetzung in dieser Frage zwischen Handel und Hersteller würde über Jahre dauern. Bis dahin wären noch weit mehr Händler von der Bühne verdrängt.
Der Ex-Vorstandsvorsitzende der Santander Consumbank, Andreas Finkenberg, meinte bei einem Vortrag am 12. November 2009 an der Hochschule in Geislingen: "Einen Restwert für ein Auto auf drei Prozent genau über einen Zeitraum von drei Jahren zu prognostizieren, ist nicht möglich." Diese Erkenntnis zeigt, wie dünn das Eis für den Händler ist.
Unabhängig der juristischen Betrachtung sind für mich zwei Gesichtspunkte untragbar. Der Händler übernimmt in Sachen Restwerte ein Risiko, das er selbst nicht einmal beeinflussen kann. Im Klartext: Man darf derartige Geschäfte überhaupt nicht tätigen. Allein das Phänomen, dass heute ein Neuwagen nur noch 70 Prozent seines Anschaffungswertes hat, nachdem zum ersten Mal der Zündschlüssel gedreht wurde, zeigt, wie pervers und unvernünftig das Modell in sich ist. Das ist kein solides Geschäftsgebaren! Ich kenne einige Händler, die ihr Lebenswerk aufgrund von Restwertverlusten in diesem Jahr in den Sand setzten, obwohl sie nicht einmal selbst Schuld daran sind. Und jetzt kommt die Willkür. Dem einen Händler wird seitens der Hersteller geholfen. Der andere – der im zukünftigen Netz eines Retail-Betriebes störende – wird aussondiert. Wo bleibt der verbandspolitische Aufschrei gegen die Willkür!
17. November – Dienstag
Ist die Rezession zu Ende? Wer die Zeitungslandschaft verfolgt, stellt unterschiedliche Aussagen dazu fest. Die einen sehen den Aufschwung, die anderen die eigentlichen Krisenauswirkungen erst noch kommen. Vier Millionen Arbeitslose in 2010 u.a. Wir sprechen in der Volkswirtschaftslehre dann von Rezession, wenn die Wirtschaft mindestens zwei Quartale eine rückläufige Entwicklung zeigt. Sie kann natürlich auch viel länger andauern. Dann wird daraus eine Depression – siehe Japan, das von allen Industrieländern am tiefsten in der Krise steckt. Wenn also immer wieder zu lesen ist, dass die Rezession vorbei sei, dann ist damit nur gemeint, dass die Wirtschaft nicht mehr schrumpft. Kann man aber deswegen schon von einer echten, dauerhaften Erholung sprechen? Bei uns in Deutschland kann auf der einen Seite das Bruttoinlandsprodukt steigen und trotzdem die Arbeitslosigkeit zunehmen. Für viele Beobachter beginnt die Krise erst. Beispiel: Quelle & Co.
Es sei an dieser Stelle ein plastischer Exkurs zur Krise gestattet: GM und Opel. Am 10. Juni startete der aus der Insolvenz hervorgegangene neue GM-Konzern. Man versucht nun, die Geister der Vergangenheit zu vertreiben. Den Vorsitz führt nun Fritz Henderson, der seine ganze Karriere bei der "alten GM" gestaltete. Der "Alte" soll nun den "neuen Geist" kreieren? Man weiß, dass Henderson mit Ed Whitcare (68), dem Chef des GM-Verwaltungsrates und Vertrauten des US-Präsidenten, der das spektakuläre Scheitern des Opel-Verkaufs herbeiführte, erhebliche Auffassungsdifferenzen hat. Es zieht da ganz oben offensichtlich jeder in eine andere Richtung! GM wurden ursächlich 23 Milliarden Dollar erlassen und dennoch steht da eine Rückzahlung der Staatshilfen in Höhe von 50 Milliarden Dollar im Raum. 50 Milliarden Dollar! Nach dem Prinzip Hoffnung soll diese Summe innerhalb von zwölf Jahren zurückbezahlt werden. Mit was denn? Mit einer Überproduktion, die keiner braucht und die nur einen unsäglichen Preiswettbewerb schafft? Dieses Phänomen soll auch noch der Steuerzahler subventionieren? Nein, die Krise nicht vorbei. Sie wird weiter andauern – insbesondere bei GM!
18. November – Mittwoch
Einheitlicher Kfz-Branchenkontenrahmen. Pünktlich, ohne Absicht, legt der Arbeitskreis "Kfz-Branchenkontenrahmen" zum 100-jährigen Jubiläum des Kfz-Gewerbes einen einheitlichen Kontenrahmen für das Kfz-Gewerbe vor. Dies ist für alle Beteiligten, ob Hersteller/Importeure, Steuerberater oder Händler, nur von Vorteil. Künftig buchen sämtliche Hersteller und namhaften Importeure innerhalb ihrer Händlerorganisationen mit demselben Kontenrahmen. Noch mehr: Ein Handbuch wird dafür garantieren, dass auch hinter dem jeweiligen Konto dieselbe Botschaft steckt. Der Arbeitskreis wurde von Volkswagen und dort von Rainer Jung, dem Konzernleiter Händlerfinanz, vor drei Jahren initiiert. Die Inhalte haben nach und nach alle Organisationen überzeugt, so dass heute in Wolfsburg das fertige Werk vorgestellt werden konnte. Das ist eine Branchensensation!
Wer hinter die Kulissen schaut, weiß, welche Detailarbeit hier zu leisten war. Der Arbeitskreis weitete seine Zusammenarbeit mit Datev aus. Nachdem 90 Prozent der Händlerschaft den Jahresabschluss über ihren Steuerberater und damit über die Datev abwickelt, werden auch künftig die Abschlüsse einheitlich erstellbar und damit vergleichbar sein. Hoffentlich auch billiger! Datev wird dafür Sorge tragen, dass beispielsweise gesetzliche Vorgaben zukünftig automatisch für die gesamte Branche in den Kontenplan eingepflegt werden. Jetzt sind sämtliche Rechtsformen darstellbar. Filialbildung, die unterschiedlichen Vertriebskanäle, der Mehrmarkenhandel usw. Dazu kann man nur gratulieren, auch wenn diese Arbeit schon zehn Jahre früher notwendig gewesen wäre. Die ersten Organisationen beginnen mit der Umstellung im Januar 2011. Das nennt man wirklich Fortschritt! Das Projekt zeigt, dass es durchaus Themen gibt, die trotz Wettbewerbssituation für alle nur von Vorteil sind. Wer nimmt das Thema IT, CRM u.a. in die Hand?
19. November – Donnerstag
Der Mazda-Hammer. Da kündigt Mazda vor gut einem Jahr jegliche Gesprächsführung mit dem Händlerverband auf. Da leistet sich Mazda das unsägliche Phänomen, die deutsche Organisation über ein Jahr ohne Geschäftsführer gewähren zu lassen. Man lässt in dieser Zeit in Leverkusen einen Herrn Thomas Rothe die Verkaufsgeschäfte führen, obwohl aktives Verkaufen nicht dessen Heimat ist. Er musste den Platz zwangsläufig räumen, was schon vor einem Jahr absehbar war. Jetzt setzt man den bisherigen Österreich-Geschäftsführer Josef Schmid auf den deutschen Mazda-Thron.
Schmid war am vergangenen Wochenende auf der Mazda-Händlertagung zugegen und hörte sich nolens volens die Anliegen der Händlerschaft an. Seine Antwort: Ein Grußwort! Österreichisch formuliert "Schmäh". Zu den vorgetragenen Anliegen fiel kein einziger Satz. Dagegen kündigte er gleich im Durchmarsch höhere Preise ab 1. Januar 2010 an und eine Absenkung der Incentive-Ziele für das letzte Quartal. Für das gesamte kommende Jahr gab er eine Marschroute aus, die wenig Einfühlungsvermögen zeitigt. Da führt sich mal wieder einer auf, als hätte er auf dem deutschen Markt zehn Prozent Marktanteil. Was geht in einem japanisch gesteuerten Vasallen vor?
Schmids Aufgabe wäre es, die Mazda-Händler nach einem unseligen Interregnum zu motivieren, gemeinsame Perspektiven für die Zukunft aufzuzeigen und die jeweiligen Abteilungsleiter mit ihren Programmen 2010 aufmarschieren zu lassen. Nein, sein Weg heißt Schocktherapie. Ernst kann und darf man derartige Manager nicht nehmen. Schmid hat damit sein Finale bei Mazda Deutschland bereits angekündigt! So wird das nichts. Er möge sich mal nach Namen wie Albert Hogrewe, Manfred König oder Peter Seifert erkundigen. Deren Wirken ist für mich bis heute der Maßstab erfolgreicher Mazda-Kultur. Vorbilder! Sehr erfolgreiche Vorbilder, die die Marke Mazda verkörperten. Von der Verinnerlichung der Markenkultur bei aktuell 1,6 Prozent Marktanteil scheint Herr Schmid noch weit weg zu sein.
20. November – Freitag
Mercedes und Formel I-Zirkus. Nachdem Honda Ende 2008 der Formel I den Rücken gekehrt und im Juli BMW nach neun Jahren im Interesse der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit die Reißleine gezogen hatte, folgte am 4. November der Ausstieg von Toyota. MB-Chef Dieter Zetsche sieht diesen Hersteller-Aderlass als große Chance und erwirbt für viele Millionen Euro die Mehrheit am Weltmeisterteam Brawn. Wie tröstlich, dass Daimlers Großinvestor Aaraber Investments aus Abu Dhabi für weitere liquide Mittel sorgt. Erstaunlich, da muss MB Milliarden sparen, hält über 41.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit und haut das Pulver durch die Rohre in die überzogene Monsterwelt des Bernie Ecclestone. Nein, der Formel I-Zirkus gehört an Haupt und Gliedern neu formiert. Mercedes hat die Gunst der Stunde abermals nicht genutzt, um im Formel I-Zirkus neue Spielregeln zu setzen. Mal sehen, ob Herr Zetsche wenigstens hier eine Erfolgsspur zu ziehen weiß, nachdem Jenson Button zu McLaren wechselt, um dort acht Millionen Euro Jahresgage zu er-fahren.
Spruch der Woche:
"Einen Restwert für ein Auto auf drei Prozent genau über einen Zeitraum von drei Jahren zu prognostizieren, ist nicht möglich." (Andreas Finkenberg)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Peter Meier
E.Kühlwetter (Wallibelli)
Hans von Ohain
E. Kühlwetter (wallibelli)
HWB
Thorsten
H.v. Bödefeld
Rick Marlowe
H.v. Bödefeld
Hans von Ohain
H.v. Bödefeld
Thomas Müller