HB ohne Filter vom 18. Januar 2008
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Datum:
18.01.2008Heute mit den Themen: Verkaufsergebnisse 2007, Gewinnriese ExxonMobil, Automobile Regionaltagungen, ATU und Dr. Michael Kern, Schwarzarbeit
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14. Januar – Montag
Verkaufsergebnisse 2007. Nachdem die Dezember-Zulassungen auf dem Tisch liegen wird deutlich, dass selbst Marken wie Volkswagen oder Toyota dem Abwärtstrend nicht entfliehen konnten. Nissan bekam mit über 20 Prozent Rückgang die Quittung für die fehlgeleitete Vertriebspolitik. Welche grundsätzlichen Erkenntnisse gibt es?
1. Selbst die größten Rabattschleudereien aller Zeiten konnten den anhaltenden Käuferstreik 2007 weder auflösen noch sichtbar lockern. Für 2008 ist werthaltiges Preisverkaufen angesagt. Preiskampf hinterlässt auf Dauer nur Verlierer.
2. Die Käufer sehen die Realitäten besser als sie die angebliche Elite in den oberen Managmentetagen wahrhaben wollen. Ist die gesamte Klimadiskussion Irreführung oder Wirklichkeit? Wer schafft verlässliche Klarheit? Der echte Schwabe ist Dieselfahrer und dessen ökonomisches Weltbild wurde über die Benzinpreisunkultur 2007 fürchterlich erschüttert. Ein gigantischer Vertrauensbruch! Siehe dazu auch "Gewinnentwicklung der Mineralölkonzerne" weiter unten! Die Künasts & Co. treten alle für umweltbewußtes Handeln ein, fahren aber ihre alten Fahrzeuge dank langjährigem Korrosionsschutz und sonstiger qualitativer Vorzüge weiter. 5 Mio. Fahrzeuge des Gesamtbestandes von 46 Mio. sind älter als 15 Jahre! Und 15,8 Mio. Pkw, sprich ein Drittel des Gesamt-Pkw-Bestandes ist älter als 10 Jahre.
3. Die Modellwechsel kommen zu schnell und die neuen Modelle sind meist mit zu wenig begehrenswerten Vorzügen ausgestattet. Gut, wer beherrscht schon die Kunst, weltweit die richtigen Autos den richtigen Kunden zur richtigen Zeit zu bringen? Vielfach entscheidet beim Autokauf die Emotion. Dass das gelingen kann, zeigt der Fiat 500, der neue VW Tiguan, der Mini. Es gilt also das Begehrenswerte, die Emotionsfaktoren zu stärken. Und da kann der Automobilhandel in Verkaufsgesprächen, bei Probefahrten etc. vieles bewirken. Auch in Sachen Umweltauto!
4. Auto- und Vertriebskosten. Wer die Ausstattungslisten der Hersteller miteinander vergleicht staunt, wie vielfältig hier überzogen zugeschlagen wird. Da kostet ein Windshot für ein 45.000 Euro-Cabrio separat 350 Euro. Manche haben immer noch den unverschämten Mut, für ein Becker-Navisystem mit Pfeilgrafik dem Kunden 1.800 Euro aus der Tasche zu ziehen. Jetzt bekommt man dafür in Indien schon für 1.700 Euro einen fahrbaren Untersatz! Und wer muss derartig überzogenes Preisgebaren unter die Käufer bringen? Man schämt sich, ist machtlos unseligem Gebaren ausgesetzt und wundert sich. Der unausgesprochene Käuferstreik wird 2008 fortgesetzt!
Wir sollen ja das tun, was den Kunden zufrieden stellt. Damit steht die Forderung, dass zahlreiche überhöhte Glaspalast-Standards abzusenken sind. Außerdem sollte ein viel größerer Schwerpunkt darauf gelegt werden, wie Prozesse wirkungsvoll zu vereinfachen sind. Das fängt beim Telefonmanagement an und hört bei SMS-Botschaften und vereinfachter Garantieantragstellung auf.
15. Januar – Dienstag
Gewinnriese ExxonMobil. 40 Mrd. Dollar Gewinn bei ExxonMobil! Gewinn, nicht Umsatz! Shell folgt mit 25 Mrd. Dollar Gewinn! Deren Front-Agenten verkaufen immer das Argument, dass am Benzin und am Öl nichts verdient sei. Das Geld kommt über Förderstätten. Offensichtlich mehr als reichlich. Gerade ExxonMobil baut aber diese nicht aus. Sie würden die Ölofferten vergrößern und die Preise würden sinken. Daran hat das Management wenig Interesse. Also wird der größte Teil des Gewinnes den Aktionären ausgeschüttet.
Der Normalbürger bekommt für das Jahr 2007 den Eindruck, dass dem Autofahrer das Geld abgezogen wird, um es den "armen" Ölaktionären in die Tasche zu schaufeln. Wer den amerikanischen Präsidentenwahlkampf verfolgt, stellt hinsichtlich Globalisierung fest, dass es selbst bei den "US-Freetradern" Wandlungen gibt und der Wohlstand der Nationen für die Amerikaner über die Globalisierungsschiene aufgrund des schwindenden "Coca-Cola-Imperialismus" nicht mehr als gesichert gilt. Welcher deutsche Bundeskanzlerkandidat käme in einem Wahlkampf wie die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten auf der Automesse in Detroit zur öffentlich getroffenen Aussage, den drei großen US-Automobilherstellern jegliche Unterstützung zuzusagen? Amerika ist heute der größte Schuldner der Welt und zugleich weltgrößter Importeur. Eine mögliche amerikanische Rezession in 2008 hätte mit Sicherheit auch für den deutschen Markt noch weitere Folgen.
Mehr und mehr geraten die "Rohstoff-Supermächte" in den Vordergrund. Vielfach stehen damit hinter großen Öl- und Gasanbietern Staatsgesellschaften, angefangen von China, Russland, Venezuela, Angola bis hin zum ölreichsten Land Saudi-Arabien. Die größten, bisher nicht erschlossenen Öl- und Gasvorkommen der Welt, liegen vor den russischen Pazifikinseln. Alt-Kanzler Schröder wird so noch bei Gasprom zum gekrönten "Öl-Gas-Kanzler" werden. Man höre und staune: Das teuerste Unternehmen der Welt ist mit großem Abstand "Petrochina". Dessen Marktkapitalisierung beträgt 1.000 Mrd. US-Dollar. Gasprom liegt derzeit bei 331 Mrd. So diese Riesen nicht zerschlagen werden, wird Morgen "ExxonMobil" möglicherweise von den Chinesen geschluckt werden. Und wer landet in russischen Gewässern?
In Summe schreit in puncto Automobil alles nach Unabhängigkeit. Angefangen vom Elektro- über Wasserstofffahrzeuge bis hin zum emissionsfreien Automobil. Außerdem wünscht man sich neben Fuchs und Liqui Moly noch mehr mittelständische Mineralöl-Wettbewerber.
16. Januar – Mittwoch
Automobile Regionaltagungen. Derzeit sind zahlreiche Importeure quer durch Deutschland unterwegs, um ihre Händlerschaft auf 2008 einzustimmen. Einserseits ist man mit Maß unterwegs, andererseits spürt man an einigen Kanten die Überforderung. Da werden bei einer Marke 2008 fünf echte neue Modelle eingeführt. Das "Wie" ist das Eine, "mit was" das Andere. In der gesamten Branche werden 2008 gar 200 neue Modelle inkl. Faceliftings eingeführt. Auch auf den Wettbewerb sollte man ja seine Blicke werfen.
Hat man zu früheren Zeiten bei Neueinführung eines Modells an einem Wochenende gleich 20 Verträge geschrieben, so sind wir heute mehr an dem Branchenzustand angelangt, dass die meisten Betriebe froh sind, wenn überhaupt noch einige Interessenten kommen. Und wer da nicht mit aufwändigen Attraktionen auffährt, steht ohnehin allein da. Und das soll dann gleich fünf Mal übers Jahr mit Erfolg abgespult werden? Hier sind verständlicherweise die Vertriebs- und Marketingabteilungen der Hersteller/Importeure wie die im Handel schlichtweg überfordert. Konzentration ist angesagt: Drei Modelle an einem Veranstaltungswochenende einführen!
Was sich dringlich ändern sollte ist die Tatsache, dass neue Modelle, die 2010 auf den Markt kommen, heute schon in der Presse vorgestellt werden. Das führt nicht nur zu einer Kaufzurückkaltung beim Auslaufmodell, sondern lähmt den Novitätencharakter zur Markteinführung. Das ist eben auch ein Grund für die Zurückkaltung bei möglichen Interessenten. Daher, die Dummheiten von heute werden zu Zwangsläufigkeiten von morgen.
17. Januar – Donnerstag
ATU und Dr. Michael Kern. Der Abgang von gleich zwei namhaften Vertriebsmanagern bei Volkswagen zwingt zum Nachdenken. Stefan Müller, seit März 2006 VW-Vertriebschef, belegt abermals die These, dass es kein Vertriebschef mehr als zwei Jahre auf diesen mörderischen Zerfleischungsstühlen aushält. VW hat nach Peter Maiwald und jetzt Stefan Müller zwei wirkliche Könner – sagen wir es offen – verschlissen. Mal sehen, ob sich Stefan Müller in der Gau-Atmosphäre der ADAC-Welt zu München wohler fühlen wird?
Wenn BMW einen gegangenen Manager wie Karsten Engel in eine noch höhere Position wie der Leitung des weltweiten After-Sales-Geschäft zurückholt, dann muss das ein Mann von hohen Managergnaden sein. Der private Wohnsitz in München allein genügt da wirklich nicht. Ein Leser schrieb uns die spekulative These, dass BMW Herrn Engel ursprünglich zu ATU geschickt habe, um diverse Hintergründe fürs eigene BMW-Geschäft auszuleuchten. Lassen wir das mal so stehen. Engel konnte bei ATU in Summe sehr positive Ergebnisse vorlegen, wenn da die nimmersatte Heuschrecke namens KKR wäre, für die ATU vor drei Jahren mit 1,4 Mrd. Euro nicht viel zu viel bezahlt hätte. So wird ATU auch weiter sehr viel für die Banken arbeiten müssen. Zumindest darin besteht in der Branche große Gemeinsamkeit: das Zinsarbeiten für die Bank. Es gibt in der Wirtschaftstheorie u.a. die Auffassung, dass das Zins- und Zinseszinsphänomen zum Untergang des kapitalistischen Wirtschaftssystems führe.
Bei Dr. Michael Kern, der u.a. ob seiner kernigen Redensarten bekannt ist, verhält sich das anders. Vor über einem Jahr hat der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch angekündigt, für den Gesamtkonzern einen Gesamtvertriebsvorstand einzusetzen. M. Kern von Volkswagen wie R. Weyler von Audi kommen dafür offensichtlich nicht in Frage, so dass Kern für neue Lösungen offen stand. Weshalb aber holen sich die KKR-Hintermänner abermals einen "Neuwagenverkäufer" an den Vorstandsvorsitz? Kern ist u.a. ein ausgewiesener Marketingprofi. Auf ihn geht die Flatrate bei Volkswagen zurück. Und diese in einem Konzern wie Volkswagen durchzusetzen gleicht einem Meisterstück. ATU bietet aber inzwischen mit seinen 680 Stationen ein flächendeckendes Servicenetz. Wer bedenkt nun ATU als Erster mit einem geschlossenen Service-Vertrag? Die Chinesen? Die Inder? Ein chinesischer Importeur setze in jede der 16 Landeshauptstädte Deutschlands einen Containerverkaufsplatz, protegiere den Internetverkauf, treibe markanten Discounthandel und lasse ATU den Service durchführen. Außerdem braucht ATU im Service einen Mann, der Hochpreisigkeit beharrlich durchhalten kann. Der Heuschrecken wegen.
18. Januar – Freitag
Schwarzarbeit. Der Linzer Prof. F. Schneider taxiert das deutsche Schwarzarbeitsvolumen für 2007 auf 348 Mrd. Euro. Gut 13 Mio. Deutsche erarbeiten sich nebenbei schwarzes Geld. Der Stundenlohn dafür liegt bei rund 10 Euro bar auf die Kralle.
Es entspricht sicher der Realität, dass 20 Prozent der jährlich ca. 80 Mio. Wartungs- und Reparaturaufträge über die schwarze Schiene abgewickelt werden. 10 Euro gegen 70 Euro durchschnittlichen Stundenverrechnungssatz in der Branche, das ist alles andere als fairer Wettbewerb. Das Kfz-Gewerbe ist von der Schwarzarbeit massiv betroffen.
Unter Schwarzarbeit läuft, wenn jemand Arbeiten erledigen lässt und dabei dem Staat Steuern und/oder Sozialabgaben vorenthält. Oder, wenn ein Gewerbe ohne Anmeldung ausgeübt wird. Entscheidend ist dabei, ob das jemand immer, also auf Dauer und mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt. Dabei ist das Thema Nachbarschaftshilfe sehr weit gefasst. Ein Mechaniker darf also seinem Nachbarn helfen, solange er kein Geld bekommt. Ansonsten muss er eine Rechnung schreiben. Die Finanzkontrolle, ein Teil des Zolls, darf aber nicht ohne Anlass (z.B. einer vorliegenden Anzeige) vor Ort überprüfen.
Spruch der Woche:
Was ist solides Management? "Gewinne erzielen wir keine, aber wir halten die Verluste in Grenzen." – (Soviel zur Diskussion um die "schwarze Null"-Rendite)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Christoph
Michael