HB ohne Filter vom 13. März 2009
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13.03.2009Heute mit den Themen: Lidl-EU-Neuwagen – über Jütten & Koolen, ZDK-Jahrespressekonferenz, Opel und die Konkursfolgen, Wendlingen – Blutbad im VW-Autohaus
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9. März – Montag
Lidl-EU-Neuwagen – über Jütten & Koolen. Lidl schlägt im Verbund mit Jütten & Koolen mal wieder aufmerksamkeitsstark zu. Da werden EU-Neuwagen von VW und Opel offeriert. Die Offerte selbst wird maßgeblich über die Lebensmittelflyer von Lidl verbreitet. Schaut man bei www.lidl-shop.de nach, landet man erst einmal bei den Rubriken Gartenprofis, Gartentechnik, Wohnträume, ehe der findige Sucher über die Rubrik Motorfreunde dann bei den besagten Autos landet. Mit der Abwicklung ist die Firma ATG Automobile GmbH in Heinsberg betraut. Einen direkten Link dazu versucht man vergebens. Nachdem die Fahrzeuge ja nicht über die Lid-Filialen erhältlich sind, weder Besichtigung noch Probefahrt möglich ist, möchte man zumindest erfahren, wer denn hinter der ATG steht? Der Sucher weiß ja nicht, wer Jütten & Koolen ist. Also sucht er bei Google unter ATG Automobile GmbH. Dort kommt er dann u.a. zu einer Firma, die angeblich pleite ist. Auch die Lieferzeit wird alles andere als deutlich herausgearbeitet. Sie liegt bei drei bis fünf Monaten. Eine verbindliche Zusage ist gleich gar nicht möglich. In der Lidl-Offerte ist wird dann noch die Finanzierungsmöglichkeit über ATG angesprochen. Auch das sucht man vergeblich. Beim angegebenen Volkswagenmodell handelt es sich außerdem um einen VW Cross Polo, einem Auslaufmodell, das in Deutschland gar nicht mehr produziert wird. Davon ist in der Offerte aber nicht die Rede.
Ergo: Eine laue, halbseichte Veranstaltung! Der Lidl-Kunde hat eines bis heute dort noch nie gesucht, dass er drei bis fünf Monate auf eine Ware warten muss. Jütten & Koolen waren schon origineller, kreativer, solider!
10. März – Dienstag
ZDK-Jahrespressekonferenz. Eigentlich waren für heute im Rahmen der ZDK-IHM-Jahrespressekonferenz in München Details zum neuen Geschäftsmodell angekündigt worden. Sie blieben aber aus. ZDK-Präsident Robert Rademacher hat politisch die wunden Branchenpunkte mehr in Headline-Form angesprochen. Was aber wird damit bewirkt? Beispiel: Erstmals, so Rademacher, habe die Branche bei der durchschnittlichen Rendite rot geschrieben. Und jetzt? Wo bleiben die Konsequenzen?
Rendite
Da behauptet VW-Vertriebschef Werner Eichhorn: "Von unseren 1.200 Vertriebspartnern erzielen viele nach wie vor eine attraktive Rendite, einige von ihnen sogar mehr als drei Prozent!" Volkswagen schreibt 2008 ein Gewinnrekordjahr. VW-Konzernchef Winterkorn bezieht für 2008 ein Rekord-Salär von 12,7 Millionen Euro und die Mehrheit der VW-Händlerschaft (ich behaupte 70 Prozent) schreibt rote Zahlen! Da meint Peugeot-Chef Olivier Dardart, die Rendite der Peugeot-Händler sei von 0,2 auf 0,6 Prozent gestiegen. Bei Toyota haben angeblich kleinere Händler ein Prozent, größere 0,6 Prozent erwirtschaftet. Bei Fiat seien die besten Renditen seit fünf Jahren erreicht worden: 0,8 Prozent. Wer das alles und weitere Fabrikate registriert, fragt sich, weshalb dann die Branche 0,6 Prozent Minusrendite schrieb? Wir haben die 0,6 Prozent Minusrendite von Deutschlands größter kfz-spezifischen Steuerkanzlei.
Ich weiß, was ich von deren Zahlen zu halten habe! Offensichtlich rechnen sich da die Hersteller und Importeure gesund. Wo bleibt das Offenlegen der Fakten? Was klagt der ZDK, was die Händlerverbände an konkreter Einsicht in dieser Frage ein? Beim lebenswichtigsten Faktor der Branche, der erzielten Rendite wird gelogen, die Realität vernebelt. Das ist spätestens mit der historischen Wende in die Welt der Minus-Renditen und Rekordgewinnen bei diversen Herstellern nicht mehr hinnehmbar. Das müssen sichtbare Gegenaktionen folgen! Beispielsweise eine offizielle Einsicht in die Auswertung der Betriebsvergleiche der Hersteller/Importeure und ein Testat durch einen fremden Dritten Wirtschaftsprüfer, und zwar mit differenzierten Angaben und entsprechender Publizitätspflicht.
Restwert-Risiko
BMW hat auf der anderen Seite 2008 erhebliche Gewinneinbußen. Man hat wissentlich über Jahre die neuen Modelle mit Leasingverträgen bzw. finanzierungsgünstigen Offerten um jeden Preis in den Markt gedrückt. Bitte, sie tun dies zur Stunde immer noch! Unglaublich! Die Leasingrückläufer haben nicht nur mindere Restwerte, sondern sie gehen inzwischen auch auf dem GW-Platz gar nicht mehr weg. Dafür sollen die Händler die Köpfe hinhalten? Forderung: Zum einen hat der ZDK die Regelungen der diversen Hersteller offen zu legen. Zum anderen sind hier sämtliche juristischen Wege der Herstellerbelastung auszuloten. Es wird ja in 2009 so sein, dass der Hersteller den einen und anderen Händler stützt, aber andere fallen lässt. Diese Ungleichbehandlung muss geahndet werden. Das wäre Aufgabe des BMW-Händlerverbandes wie des ZDK. Die klare Branchenforderung des ZDK hat zu lauten: Das Restwertrisiko für das Leasinggeschäft trägt einzig und allein der Hersteller. Betroffene Fahrzeuge hat der Hersteller zurückzunehmen bzw. über die interne Börse der Händlerschaft zu offerieren.
Umweltprämie
ZDK-Präsident Robert Rademacher forderte wie VDA-Präsident Matthias Wissmann eine verlängerte Zahlung der Abwrackprämie für Altautos bis zum Jahresende, nachdem die positive Wirkung für die Gesamtwirtschaft absehbar ist. Man würde gerne wissen, wann da die verantwortlichen Herren vor der Türe von Wirtschaftsminister Guttenberg stehen, um hier politisch die richtigen Weichen zu stellen. Was wird seitens des ZDK dafür tatsächlich getan und politisch bewirkt, nicht nur in München geredet? Warum legt man die Fakten der eigenen Bemühungen nicht auf den Tisch?
Opel-Zukunft
Der ZDK-Präsident hob positiv die Beteiligung der Opel-Händler am kriselnden Hersteller hervor. Auch eine Staatshilfe für Opel wäre "kein Sündenfall". Was ist das aber für eine ZDK-Öffentlichkeitsarbeit, wenn in jeder Zeitungsmeldung immer nur von den 25.000 Opel-Mitarbeitern die Rede, aber keiner über das denkbare Schicksal der 35.000 Mitarbeiter (inkl. 6.000 Auszubildende) in den deutschen Opel-Händlerbetrieben berichtet? Da gibt es beim ZDK ein stattliches Referat Öffentlichkeitsarbeit. Wo bleiben da die einschlägigen Kontakte zu den entsprechenden Tageszeitungen und Motor-Magazinen, um das fach- und sachgerecht darzustellen? An markanter Stelle! Da ist alles so lau und brav.
Und wo bleiben die Anmerkungen zum Saab-Konkurs am 20. Februar? Auch aus diesem Faktum wird deutlich, dass sich die Händler auf mögliche Herstellerkonkurse einstellen müssen, wie im Jahre 2000 die BMW-Händler auf die Rover-Pleite. Aber wie? Wie sehen die konkreten Antworten des ZDK dazu aus? Bei Saab wird versucht, sich aus dem GM-Verbund zu lösen und zu einem eigenständigen leistungsfähigen Automobilhersteller zu werden. Dazu laufen Gespräche mit GM und der schwedischen Regierung. Neue Investoren werden gesucht. Fortschritt auf dem Weg in die Unabhängigkeit?
12. März – Donnerstag
Opel und die Konkursfolgen. Heute tagte in Gernsheim die Interessengemeinschaft der Opel-Spezialisten. Der Vorsitzende Rolf Höschele und ZDK-Verbandsgeschäftsführer Dietrich Asche haben ein sehr reichhaltiges Informationsangebot zusammengestellt. Selbst der neue Verkaufsdirektor von Opel, Todd Gaffner, stellte seine optimistische Sicht der Dinge vor Ort dar. Rechtsanwalt Sven Köhnen von der Kanzlei Graf von Westphalen hatte den gewichtigen Part, nämlich über die Thematik "Herstellerinsolvenz – Was nun?" zu sprechen. Es reihen sich eine Menge Sachverhalte aneinander:
-Händlervertragskündigung?
-Rückgabe der Vertragsware
-Abnahmepflicht?
-Widerruf von Einzugsermächtigungen
-Welche Forderungen werden in welcher Höhe bedient? (Gewährleistungs-, Garantie-, Kulanz-Ansprüche, Boni, Verkaufsförderungsaktionen etc.)
-Aufrechnung von Forderungen
-Wegfall der Gewährleistungskette u.a.
Hier sind die nötigen Antworten gefragt! Auf meine Frage was ein Opel-Händler sagen soll, wenn ein Kunde einen neuen Opel kaufen möchte, ob er denn in fünf Jahren noch die Teile für sein Fahrzeug erhalte, meinte RA Köhnen: "Juristisch gesehen können sie das nicht garantieren!" Ergo: Wer zu ehrlich ist, wird – wie im wahren Leben –, kein Auto verkaufen. Die solide, nicht die juristische Verkaufsantwort muss lauten: "Allein auf deutschen Straßen fahren 6,5 Millionen Opel-Fahrzeuge. Die gängigsten Teile bzw. 80 Prozent der Teile können heute schon über den freien Markt der Zulieferer (Bosch & Co.) geliefert werden. Für die restlichen 20 Prozent wird sich mit Sicherheit ein Unternehmer finden, der für das 'Danach' europaweit seine Logistikchance nutzen wird." Ergo: Nicht die Juristen, sondern die Unternehmer lösen die Verkaufs-Herausforderungen des Marktes!
13. März – Freitag
Wendlingen – Blutbad im VW-Autohaus. 11. März 2009 kurz vor 12 Uhr: Der Täter lässt das gestohlene Auto und die Geisel auf der Autobahn zurück. Der 17-Jährige geht zu Fuß zum nahegelegenen Industriegebiet. Der geflüchtete Fahrer benachrichtigt die Polizei. 12.01 Uhr: Der Täter betritt ein VW-Autohaus und erschießt den Verkäufer und seinen Kunden. 12.05 Uhr: Als der Amokläufer aus dem Autohaus kommt, eröffnet er das Feuer auf die Polizei. Er verletzt zwei Beamte schwer und erschießt sich dann.
Ich war auf dem Weg zur Innungsversammlung Waldeck-Frankenberg in Korbach, als mich der Firmenchef des Schicksal-Autohauses Otto Hahn anrief und eine Tat schilderte, wie man sie in Baden-Württemberg nicht für möglich gehalten hat. Der Amokläufer von Winnenden tötete Passanten, Menschen, die ihm zufällig ins Schussfeld gerieten. 110 Schüsse! Zuvor war er in derselben Klasse, die er im vergangenen Sommer abgeschlossen hatte. Man ist versucht, derartiges Amokläufertum gleich gar nicht zu verstehen. Nach Erfurt war in Winnenden wiederum die Schule die attackierte Institution. Es geht um Gewalt. Und man muss über Gewalt reden und darüber, zu welchen Zwecken sie benutzt wird. Siehe die mediale Verwahrlosung. Auch bei den öffentlichen Sendern.
Man denkt unmittelbar an das geflügelte Lateinerwort: "Non scholae, sed vitae discimus." Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Ist nicht die inhaltliche Überfrachtung bzw. Überforderung das, was Frust, seelische Belastung, Stress, Stau schafft? Man hat den Eindruck, die humanistische Erkenntnis lautet heute mehr "Non vitae, sed scholae discimus." Die "Kinder" lernen nicht mehr für das Leben, sondern für die Schule, nur noch für das Berufsleben, aber erfahren viel zu wenig darüber, wie sie aus ihrem Leben ein Meisterwerk machen können und innere Zufriedenheit finden. Damit wäre Verantwortung und der Respekt vor dem anderen verbunden. Lassen sie uns offen darüber reden, wo überall Gewalt Realität ist, im gegenseitigen Mobbing, in der Hersteller–Händlerbeziehung, überall dort, wo der Wille eines anderen zum eigenen Zweck gebrochen wird. Unser Mitgefühl gehört allen, die Opfer eines ganz tiefen Schicksalsschlages wurden. Auch allen Mitarbeitern im Autohaus Hahn zu Wendlingen.
Spruch der Woche:
"Missachtung für deine Mitmenschen hindert dich nicht, nach ihrer Achtung zu streben." (Dag Hammarskjöld)
Mit sehr nachdenklichem und betroffenem Gruße
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
wallibelli
W. Krause
schneider
Klaus de Nardo
F.Nerlich
Markur Helm