HB ohne Filter vom 12. September 2008
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Datum:
12.09.2008Heute mit den Themen: Insolvenz Enning-Gruppe, "Bild" Dresden – Firmenkommunikation, TÜV und Testkonzepte für Flottenfahrzeuge, Krisenplan Daimler und Nicolas Hayek – Smart-Erfinder
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8. September – Montag
Insolvenz Enning-Gruppe. Das Insolvenz-Exemplum der Enning Gruppe ist ein Beispiel mehr, dass es hinter den Branchenkulissen viel schlimmer aussieht, als es in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Abermals hat es einen weiteren "VW-Großhändler", ein Traditionsunternehmen, "erwischt". Bitte, einen großen Händler! Man fragt nach den Ursachen? Insolvenzen kommen in der Regel nie von heute auf morgen. Häufig stellen sie einen schleichenden Prozess dar. Zu gut ist der Bau der Autoarena Bochum der Enning Gruppe vor Jahren in Erinnerung. Es wurde – mit Unterstützung von Volkswagen – am Opelstandort Bochum eine Dimension "hingesetzt", die wirtschaftlich grundsätzliche Fragezeichen setzte. Heute sitzt da längst eine BMW-Vertretung drin. Das Beispiel lehrt, dass man nie alles tun sollte, was der Hersteller empfiehlt. Die Enning-Gruppe kämpfte in Fragen der Wirtschaftlichkeit also seit Jahren. Betriebsstätten wurden reduziert. Die Gesellschafter schossen immer wieder neue Mittel zu. Und dennoch!
Jede Insolvenz hat ihre eigene Geschichte. Die der Enning-Gruppe hat aber eine besondere Tragik. Da steht im Zentrum Bernhard Enning. Er hat nicht nur zwei Perioden als ZDK-Präsident gewirkt. Für all seine gesellschaftlichen Verdienste erhielt er das Bundesverdienstkreuz, und die Delegiertenversammlung erhob ihn zum Abschied seiner aktiven Präsidentenzeit in den besonderen Stand des ZDK-Ehrenpräsidenten. Wer in der Branche verbandspolitisch, ob auf Handels- oder auf Innungsebene zu tun hatte, kennt ihn und schätzt ihn. Er war ein Präsident zum Anfassen und aufgrund seiner Herzlichkeit äußerst beliebt. Mit welchem Engagement hat er sich buchstäblich ehrenamtlich verausgabt, ja verschlissen!
Und jetzt dieses Finale. Mit menschlicher Gerechtigkeit hat das nichts zu tun. Stimmt das Netz der Selektion? Hat es etwas Natürliches, dass ein Unternehmen, das 1907 als Hufbeschlags-Schmiede in Recklinghausen gegründet wurde, eben in dritter Generation finalisiert wird? Die Insolvenz ist die härteste Strafe des kapitalistischen Marktes. Bernhard Enning, das tut verdammt weh! Die mentale Unterstützung ist das eine. Die Verarbeitung der Realität die andere. Sie ist fürchterlich. Über diese Art von unternehmerischer Einsamkeit und Einschränkung schaut man großzügig hinweg und geht locker zum Alltagsgeschäft über. Jeder ist sich selbst der Nächste! Aktive Dritthilfe – eine Illusion!
9. September – Dienstag
"Bild" Dresden – Firmenkommunikation. Die "Bild-Zeitung" Dresden hatte ihre automobilen Anzeigenkunden zu einem "Stammtisch" ins Verkehrsmuseum zu Dresden eingeladen. In verschiedenen Händlergesprächen stellte ich in Sachen Kommunikation nach außen buchstäblich eine Verweigerung fest. Dabei geht es mir nicht um aufwendige Ausgaben, die bei der gegebenen Rendite gerne zurückgeschraubt werden. Trennen wir grundsätzlich zwischen Werbung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. In der Regel werden diese Bereiche im Autohaus eben unter einem Dach vom "Vertrieb" mitgemacht. Da sitzt kein separater PR-Experte. Öffentlichkeitsarbeit findet allenfalls über den Anzeigenbereich statt. Das sind meist bezuschusste, vorgegebene, mehr oder weniger originelle Werbevorlagen für Neuwagenmodelle seitens der Hersteller. Immerhin hat die Branche in diesem Jahr 80 echte bzw. 180 "geliftete" neue Modelle einzuführen. Ein klares, mit Zuschuss gefördertes Service-Marketing gibt es bis heute nicht, obwohl dort – auch die Hersteller – über den Teilebereich massives Geld verdienen.
Aus einem Interview mit Erich Sixt, dessen Marketing wie Werbeauftritt seit Jahren von einzigartiger Originalität und Kreativität ist, nahm ich den wichtigen Satz mit: "Es geht da nicht nur um Image, es geht um viel mehr, nämlich um Reputation." Und darin steckt das Geheimnis für Familienbetriebe, deren Wertigkeiten Qualität, Ehrlichkeit und Authentizität darstellen. Es geht also um nachhaltige Werte. Wer gute Mitarbeiter sucht, wird über die Schiene der öffentlichen Reputation die Vorzüge spüren. Reputation schafft regionale Verwurzelung. Betriebe mit einer hohen Reputation werden über die höhere Kundenbindung und damit über Wettbewerbsvorteile verfügen. In Krisenfällen, in Umweltfragen, öffentlichen Werkstatttestergebnissen bis hin zu einem denkbaren Personalabbau macht sich ein guter Ruf bezahlt! Oftmals liegt zurückhaltender Öffentlichkeitsarbeit falsche Bescheidenheit, die Tugend der Verschwiegenheit zugrunde. Schaue ich mir die Studenten und Studentinnen an der Hochschule an, dann wird man künftig dazu eine andere Einstellung ausmachen können. Gleich wie: Der Status des Familienunternehmens sollte man wirklich nicht verstecken. Er ist für uns alle viel zu wertvoll!
10. September – Mittwoch
TÜV und Testkonzepte für Flottenfahrzeuge. Der TÜV Rheinland veranstaltete heute in der Zentrale zu Köln ein Forum zum Thema Anforderungen & Testkonzepte im Firmenkundengeschäft. Dr. Manfred Doerges, der Geschäftsführer für die Kraftfahrt GmbH, stellte den Teilnehmern erst die Gesamtleistung des TÜV Rheinland vor, bevor Torsten Brämer, Leiter Autohaus- und Fuhrpark-Services, die inhaltliche Moderation des Tages übernahm. Ein Thema war dabei den Dienstwagen gewidmet.
Helmut Pätz von Insight setzte dazu besondere Zeichen. Aussage: "Die durchschnittliche Service-Annahme plus Rückgabe des Fahrzeuges an die Dienstwagennutzer kostet ca. 60 Minuten Arbeitszeit für den Gesamtprozess. Bei einem Fuhrpark von nur 100 Fahrzeugen, die nur zweimal pro Jahr in die Werkstatt kommen, werden damit 200 Arbeitsstunden, also mehr als einen Mannmonat, an Unternehmensproduktivität vernichtet. Bei einem durchschnittlichen Prozesskostensatz in der Industrie von etwa 120 Euro pro Stunde werden demzufolge rund 24.000 Euro pro Jahr nur durch das Abgeben und Abholen von Dienstwagen vernichtet." Seine Forderung: Wartezeiten inklusive Werkstattannahmezeiten für Dienstwagenfahrer drastisch reduzieren! "Schlüsselkunden-Management" praktizieren!
11. September – Donnerstag
Krisenplan Daimler. Den Daimler-Partnern sei das aktuelle Manager-Magazin 9/2008 empfohlen. Dort wird über den Krisenplan von MB berichtet, nachdem sich der Aktienkurs von Daimler seit Februar 2008 von 80 auf aktuell 40 Euro halbiert hat. In diesem Beitrag wird auch auf die Volumenrolle von Jean-Marc Gales eingegangen. Volumen contra Rendite! Ein Teufelskreis. Bis auf Herrn Cordes sitzen bis heute sämtliche Daimler-Vorstände aus der Schrempp-Ära immer noch im Sattel. Was soll da anders werden? Große Fragezeichen werden hinsichtlich Lkw-Chef Andreas Renschler gesetzt.
In einem Exkurs wird in diesem Beitrag hinsichtlich BMW berichtet: Sommerschlussverkauf! Billig-BMW für "Familiy and Friends". "Ein Geländewagen X3 zum Beispiel, etliche Extras inklusive, um etwa die Hälfte reduziert auf 23.000 Euro, das Flaggschiff 7er sogar bis zu 64 Prozent billiger." Gott sei Dank wird diese Wahnsinnsaktion auch einmal von einem branchenexternen Magazin thematisiert. Schreiben wir das, dann wird das seitens BMW kommentierend kosmetisiert! Bagatellcharakter!
Seitens VW setzt man vor allem auf die Hoffnungsträger neuer Golf und Polo. Die IG Metall-Lanze, die am 12. September mit einem Großstreik in Wolfsburg gegen die Großaktionäre gesetzt wird, führt möglicherweise dazu, die Übernahme und Einflusssphäre von Porsche zu verhindern. Da kleben in Wolfsburg noch einige am erotischen Co-Regime zwischen Management und Gewerkschaft. Automogul Piëch steckt in einem unauflösbaren Interessenskonflikt, hier als Aufsichtsratsvorsitzender bei VW, dort als Aufsichtsrat und Miteigentümer bei Porsche. Sein angestammtes Verhalten, über permanente Sticheleien für Unfrieden zu sorgen, ist sicher nicht die Lösung. Dass die 400.000 Mitarbeiter im VW-Konzern um eine "sichere" Zukunft kämpfen, ist nachvollziehbar. Dass umgekehrt der VW-Konzern einen Manager wie Wendelin Wiedeking bräuchte, der nicht nur die richtigen Fragen stellt, sondern selbst den Standort Wolfsburg unter Ertragsgesichtspunkten aufmöbelt und die IG-Metaller an ihre Zukunftsaufgabe erinnert, nämlich produktiv und damit wettbewerbskonform zu arbeiten, ist ebenso zutreffend. Da sägen ein paar am falschen Aste!
12. September – Freitag
Nicolas Hayek – Smart-Erfinder. Eine geniale Unternehmerpersönlichkeit feierte unlängst seinen 80. Geburtstag und jetzt das 25-jährige Bestehen seiner Uhrenmarke Swatch. Hinter Swatch stehen die Wörtchen Second und Watch. Die Idee: eine Art Zweituhr. Bis heute wurden 400 Millionen Exemplare verkauft. Hayek hatte in den 1990-er Jahren die Idee für den Smart mit Hybrid-Antrieb. Wenn nun Daimler bis heute eine Million Exemplare verkauft hat und 2009 den Elektro-Smart serienmäßig auflegen wird, dann war Hayek zumindest mit seinen Überlegungen zu früh dran. Richtig gedacht hat er.
Was unverständlich ist, dass Daimler in Sachen Umweltimage nicht mehr aus der Tatsache macht, dass der Smart Fortwo Cdi mit 45 PS und 3,3 Liter Dieselverbrauch das "umweltfreundlichste CO2-Auto" ist. 88 g/km CO2-Ausstoss! Hayek spricht auch deutliche Worte in Richtung Finanzinvestoren: "Ein Finanzinvestor, mit gigantischen Mitteln, geführt von einem Menschen, der unter dem Druck seiner Finanziers und Investoren selbst an nichts anderes denkt als an Geld, schnelles Geld und um jeden Preis Geld – der saugt eine Firma nur aus, anstatt in das Produkt und in die Anlagen zu investieren. Das ist keine gute Entwicklung!"
Automechanika-Einladung!
Vom 16. bis 21. September findet in Frankfurt die 20. Automechanika statt. Auf der Leitmesse für den Aftermarket präsentieren sich 4.500 Aussteller. AUTOHAUS ist mit einem eigenen Stand dabei: Halle 4.1., im Foyer (FOY 05). Ich werde am 16. und 17. September zwischen 11 Uhr 30 und 14 Uhr auf unserem Stand präsent sein.
Spruch der Woche:
"Perfektes Auto für SPD-Treffen: Das einzige mit zwei Hintertüren." (Sixt-Werbung zum Mini Clubman)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS