HB ohne Filter vom 12. Februar 2016
Heute: Seat-Aufwinde, Neue Vertriebswege - "Mehr-Marken-Welt", Bargeldobergrenzen, Online-Termin-Vereinbarung, VW verweigert außergerichtliche Einigung.
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12.02.2016Heute: Seat-Aufwinde, Neue Vertriebswege - "Mehr-Marken-Welt", Bargeldobergrenzen, das Ende geprägter Freiheit?, Online-Termin-Vereinbarung, VW verweigert außergerichtliche Einigung.
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Seat-Aufwinde
Wer die Mengenbilanz von Seat der vergangenen Jahre vor sich sieht, gerät ins Staunen. In Deutschland hat Seat von 2013 an ein Wachstum von 40 Prozent hingelegt. Es ist nun erstaunlich, wie einschlägige Medien diesen Erfolg kommentieren. Das geht beispielsweise auf die zunehmende Loyalität der Seat-Kunden zurück. Ferner auf ein starkes Wachstum im Flottengeschäft: 219 Prozent. Das entspricht im Flottenmarkt einer Zunahme von einem auf gut 2,3 Prozent. Statt 7.000 Einheiten waren es 2015 17.744. Ohne Frage ist die Modernisierung von Ibiza und Leon gelungen. Man wird zu den bestehenden fünf Baureihen - Mii, Ibiza, Toledo, Leon und Alhambra - auch noch ein SUV gesellen.
40 Prozent der Kundenneuzugänge kommen aus dem eigenen Konzernlager, sprich gehen auf Kannibalisierung zurück. Fremderoberungen gelingen vor allem im Teich der Opel-Fahrer. Wie allerdings die Ergebnisse von Seat unterm Strich aussehen, wird gerne übergangen. 2014 werden 66 Millionen Euro, sprich Verlust, ausgewiesen. Oder: Dass der deutsche Markterfolg streckenweise mit Nachlässen von 33 Prozent erkauft wird, geht ja aus der Mengenstatistik nicht hervor. Die Tageszulassungen liegen gleichermaßen über 30 Prozent. Wenn jetzt Hans-Jürgen Kronenberg als Vertriebschef mit sofortiger Wirkung freigestellt wurde, so bestätigt auch diese Trennung, dass ein Vertriebschef heute drei, maximal vier Jahre auf seinem Sessel sitzt. Jetzt muss wieder ein "Neuer" her, um die geplante Neuausrichtung auf Kurs zu bringen.
Neue Vertriebswege - "Mehr-Marken-Welt"
VW und Audi dünnen derzeit ihr Netz mit Vermittler- bzw. Agentenstatus aus. Ziele sind die Verkaufskostensenkung und die Reduzierung des Intra-Brand-Wettbewerbs. Ford, Mazda, Fiat, Toyota haben 2015 ihre B-Händlernetze ausgedünnt. Man glaube aber doch nicht, dass sich damit jeder "Entlassene" aus dem automobilen Handelsgeschäft verabschiedet. Etliche bekommen weiterhin Neufahrzeuge über Händlerkollegen zur Verfügung gestellt. Andere bedienen sich mit System eines EU-Mehrmarkenhandels-Konzeptes.
Praktisches Beispiel. In der unterfränkischen Stadt Iphofen, im mittelalterlichen sehr schön erhaltenen Kern der Stadt, leben 3.000 Einwohner. Da gab es mal eine VW-Vertragswerkstatt. Sie mutierte zur einzigen Tankstelle mit Waschanlage am Platze und konzentriert sich seit wenigen Jahren auf die Bosch-Werkstattmarke "1a". Der Sohn und seine tüchtige Frau übernehmen aktuell den elterlichen Betrieb, bauen um und erweitern ihre Offerte um die "Mehr-Marken-Welt".
Hier gibt es nun Neuwagen nach Maß mit individueller Wunschausstattung bis zu 35 Prozent billiger. Nahezu alle Marken und Modelle. Dahinter steht das Konzept von TOHA. Die zeigen, was ein Echtzeitkonfigurator auf EU-Basis möglich macht. Wenn also beispielsweise ein Fiat-Händler außer dem 500 für einen Kunden einen neuen Opel Adam braucht, um die Eva bedienen zu können, so ist das kein Problem. Und das alles ohne ständigen Mengendruck, ohne Standards, sondern als freier Händler, als freier Unternehmer. Man darf heute nicht mehr um jeden Preis an einer Marke kleben. Neue Wege gehen!
"Mehr-Marken-Welt"
Bargeldobergrenzen, das Ende geprägter Freiheit?
Außer dem Bargeld können sämtliche Kapitalströme überwacht werden. Die Geldwäsche über Immobilien, Schmuck, Pferde, Kunsthandel, Jachten und Autos macht laut einer aktuellen Studie pro Jahr in Deutschland rund 30 Milliarden Euro aus. Eine Beschränkung von Bargeld, wie sie bereits in Italien, Spanien und Frankreich eingeführt ist, wäre auch ein wirkungsvoller Beitrag zur Terrorbekämpfung, Steuerhinterziehung, Korruption und Kapitalflucht.
Es gibt nun für die praktische Umsetzung einige Vorschläge, beispielsweise die 200er und 500er-Euro-Scheine abzuschaffen. Gefordert wird eine zentrale Aufsicht beim Bund - gleich der BAFIN. Es gibt auch Länder wie Schweden, wo bereits 80 Prozent aller Einkäufe mit Karten oder Smartphone bezahlt werden. Noch mehr, der Handel ist dort nicht mehr verpflichtet, Bargeld als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Und die 50.000-Einwohner-Stadt Kleve ist dabei, das Kleingeld abzuschaffen. Bei allen Beträgen, die auf 1, 2, 6 oder 7 enden, wird auf den darunterliegenden Fünf-Cent-Betrag gerundet. Bei allen anderen, die auf 3, 4, 8 oder 9 enden, auf den nächsthöheren. Man hat das von den Niederländern übernommen, die das seit 2004 so machen.
Lassen wir Ex-Finanzminister und Euro-Einführer Dr. Theo Waigel (76) sprechen: "Ich will das Recht behalten, bar zu zahlen, wann und wo immer ich das möchte. Es ist doch absurd, wenn man heute in den Verdacht gerät, ein potenzieller Geldwäscher zu sein, wenn man mit Bargeld bezahlt." Haben sie schon mal auf einer Bank einen 500er Schein gewechselt? Er wird erst auf dein Konto zugebucht, sprich die mögliche Geldwäsche registriert und dann ausbezahlt.
Online-Termin-Vereinbarung
80 Prozent der Kunden melden sich heute zum Service telefonisch an. Mehr und mehr Kunden ziehen aber eine elektronische Terminvereinbarung vor. Blättert man dazu durchs Netz, so fallen die Markenhändler wie die Freien Werkstätten gegenüber den Kettenbetrieben ATU, Pitstop oder gegenüber den Reifenbörsen durch.
Ideal wäre, ein Hersteller/Importeur entwickelte für die gesamte Organisation ein einheitliches Terminannahmesystem. Geht ein Kunde beispielsweise bei Opel ins Netz und frägt dort einen Werkstatttermin nach, so müsste der unmittelbare Händler mit seinem Termintableau erscheinen. Und zwar so, dass der Kunde gleich das Datum und die Uhrzeit seines Wunschtermins eingeben kann. In der Abb. sehen sie das, wie Pitstop jetzt schon für die Sommerreifensaison wirbt. Oder Reiff, ein bekannter Reifenfachdienst vor allem im Schwabenland, ist im Reifenwechselgeschäft auch samstags unterwegs. Wer sich hier für ein Detailsystem interessiert, möge mal bei Soft-nrg.de reinschauen. In Sachen digitale Terminvereinbarung ist Handlungsbedarf angesagt.
VW verweigert außergerichtliche Einigung
Da versuchten sich einige Anwälte, u.a. Klägeranwalt Ralph Sauer, Lahr, vor Ort mit Wolfsburg über eine Sammelklage außergerichtlich ins Benehmen zu setzen. Dahinter stehen beispielsweise bis zu 10.000 Käufer von Autos mit der Schummel-Software. Man wollte in diesem Gespräch die Rücknahme der Fahrzeuge oder Schadenersatz erreichen. Die VW-Anwälte erschienen zum geplanten Gespräch gleich gar nicht. VW wollte auch keine schriftliche Garantie dafür geben, dass den Geschädigten durch die angekündigte Nachbesserung bzw. Reparatur keine Nachteile entstehen werden. Klar, fängt man an, den ersten Anwalt zu bedienen, folgen weitere nach. Wie viel Jahre wird sich aufgrund dessen die Klagerei gegen Volkswagen vor Gericht fortsetzen?
Walter Schiel