HB ohne Filter vom 10. April 2015
In der Diskussion: Branchensterben, AutoBild-Händlerranking, Sommerreifen-Saison, 12. Autosalon Chemnitz und Thomas Middelhoff
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Datum:
10.04.2015Heute: Branchensterben – langsam, aber sicher, Autobild: Die 1.000 besten Autohändler, Sommerreifen-Saison 2015 läuft, 12. Autosalon Chemnitz, Exemplum Thomas Middelhoff
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Branchensterben – langsam, aber sicher!
Rudolf Bleuel, Volvo-, Fiat-, Hyundai- und Nissan-Händler, schrieb am 13. März 2015 einen Sechs-Seiten-Brief an den ZDK, indem er offen Beschwerde über die Untätigkeit der jeweiligen Verbandsgremien führt. Wir haben auf AUTOHAUS.de den Brief sowie die Antwort des ZDK-Präsidenten Jürgen Karpinski veröffentlicht. Endlich mal ein Händler, der offen artikuliert, was aus seiner Sicht Sache ist. Beklagt wird die diktatorische, anmaßende, respektlose, ja das unqualifizierte Vorgehen der Hersteller/Importeure. Ebenso unhaltbare Erledigungsfristen per E-Mail. Gerügt wird der untragbare Preiskrieg, der auf dem Rücken des Handels über Internet ausgetragen wird. Wer ermöglicht dort Nachlässe jenseits von 35 Prozent, die ein regulärer Vertragshändler selbst über fragwürdige Verkaufsförderungsaktionen nicht erreichen kann? Welche Bedeutung hat die UPE, wenn sie nur reine Makulatur ist? Wer stellt die bewusst komplizierten Prämiensysteme in Frage, die mit gezielten Fallstricken hinterlegt sind? Wie sieht die Lösung für den Beratungsdiebstahl per Internet aus? Wie muss Schadensteuerung angelegt sein, dass sie nicht einseitig zu Lasten der Werkstätten geht? Wann wird endlich zumindest der Selbstkostenerstattungspreis im Garantiefall durchgesetzt? Wie kann die Preistreiberei im Servicegeschäft mit Fleetkunden auf einen soliden Sockel gestellt werden? Was macht es sinnvoll, eine markengebundene Werkstatt zu betreiben? Hier herrscht zwischen den Freien Werkstätten und gebundenen Servicebetrieben ein Ungleichgewicht. Wer unternimmt etwas gegen die Dumpingpreise im Service von Niederlassungen? Der ZDK beklagt die Umsatzrendite von ein Prozent. Was aber wird außer verbalen Scheingefechten dagegen aktiv unternommen? Bleuel abschließend: "Kein Verband, keine Interessenvertretung, kein Medienvertreter etc. nimmt sich diesen heiklen, schwierigen und umfassenden Themen an."
ZDK-Präsident Karpinski ist in seinem Antwortschreiben der Auffassung, dass sich der Verband intensiv um die genannten Probleme kümmert. Er spricht dem konstruktiven Dialog das Wort und verweist darauf, dass die Umsetzung letztendlich den Fabrikatsverbänden obliegt. Karpinski hebt u.a. die Petition gegen die Abmahnungspraktiken der Deutschen Umwelthilfe (DHU) an die EU-Kommission hervor, die auf dem 4. Fabrikatshändlerkongress am 5. Mai 2015 in Berlin verabschiedet werden soll. Bis wann wird diesem Ewigkeitswerk Erfolg beschieden sein? Dialog in Ehren. Wenn aber Hersteller/Importeure in Sachen Garantievergütung sich beim Dialog taub stellen, dann muss der ZDK eben juristische Schritte beschreiten. Wenn die Händlervertrags-Kündigungsfrist bei befristeten Verträge sechs Monate, bei unbefristeten zwei Jahre ausmacht, dann muss für vertraglich vorgegebenen Investitionen ein Investitionsersatz her. Gelingt das im Dialog nicht, dann... Mitglieder erwarten zurecht von ihren Interessensvertretern auch sichtbare Erfolge!
Autobild: Die 1.000 besten Autohändler
"Autobild" ist aktuell dabei, ein neues Gütesiegel zu schaffen: "Beste Autohändler 2015". Ohne Frage, die Ergebnisdarstellung in Ausgabe 11 vom 13. März 2015 fällt für das Gewerbe sehr wohlwollend aus. Es wurden zusammen mit Statista, einem angeblich führenden Statistikunternehmen, die Ergebnisse ermittelt. Für die Kunden stehen Ehrlichkeit und Transparenz im Vordergrund, statt viel Show bzw. Glaspaläste. So richtig klar, wie die Ergebnisse ermittelt wurden, ist das allerdings nicht. Da wird behauptet, dass es in Deutschland 35.000 Kfz-Betriebe mit oder ohne Vertrag gibt, die Autos verkaufen. Das trifft natürlich nicht zu. Die meisten Freien Werkstätten sind nicht aktiv im Autoverkauf unterwegs. Wer dann beispielsweise für die Schwabengarage Stuttgart die Note 2,5 zur Kenntnis nimmt und der Tabelle entnehmen muss, dass die Schwabengarage keine Markenbindung hat, obwohl dort in der Cannstadter Strasse 12 Markenvertretungen unter einem Dach anzutreffen sind, kommt qualitativ ins Grübeln.
Die Gesamtnotenskala der Untersuchung läuft zwischen 1,0 und 2,7. Also mit der Schulnote 2,7 ist man immer noch bei den 1.000 besten dabei, sprich gehört unter die Besten 2015. Wer die Tabelle – für zwei Euro abrufbar unter www.autobild.de/liste1000 – liest, muss feststellen, dass es so gut wie keine "Landbetriebe" gibt. Klar, in einem ersten Schritt wurden die 10.000 umsatzstärksten Händler zu einer Online-Befragung eingeladen, in der diese Kollegen empfehlen konnten. Was ist denn das für ein Kriterium? Händler empfehlen Händler! Die kleineren Händler werden also systematisch ausgeschlossen. Und wer empfiehlt schon aus Leibesbrust seinen wettbewerbtreibenden Händlerkollegen? Nimmt man also die Ergebnispräsentation in der besagten Ausgabe, dann fehlt da das solide Fundament für eine glaubwürdige Darstellung. AutoBild liefert so eben eine inflationäre Bewertung von fragwürdiger Aussagekraft mehr.
Das neue Autobild-Siegel!
Sommerreifen-Saison 2015 läuft…
Gegenwärtig lauft die Sommerreifen-Aktion 2015. Wechselzeit! Ein Blick in die Werbelandschaft zeigt, dass gerade die Freien Werkstätten mit Markenbindung wie Bosch oder 1a oder AutoFit mit EFR aktiv unterwegs sind. Bosch: Machen Sie jetzt einen Boxenstopp zum Radwechsel. Es wird ein Komplett-Service rund ums Rad aufgerufen: Auswuchten, Waschen, Einlagern. Auf Großplakaten wird der Reifenwechsel für 15 Euro offeriert. Im Kleingedruckten: ohne Wuchten und Zusatzarbeiten, inkl. Sichtprüfung ihrer Bremsen. Ein 1a-Betrieb kombiniert sein Reifengeschäft mit Reifen1+. Der Kunde kann Reifen online kaufen und kriegt auf Wunsch eine Werkstatt genannt, die ihn berät und die Montage dieser Reifen vornimmt. Obendrein steigt Michelin mit einem 30-Euro-Tankgutschein beim Kauf von vier Sommerreifen ein. Bei BMW Kohl in Aachen wird auf der Homepage aktiv die Online-Terminierung für den Reifenwechsel angeboten. Mercedes Kunzmann zeigt im Internet eine differenzierende Reifen-Serviceofferte auf.
12. Autosalon Chemnitz
Vom 20. bis 22. März 2015 fand in der Stadthalle Chemitz der Autosalon 2015 statt. 15.000 Messebesucher, davon 6.000 bereits am Freitag, waren Zeugen eines überarbeiteten Konzepts mit attraktivem Rahmenprogramm. Auffallend die Luxuswagensonderschau – von Ferrari über Maserati bis Lamborghini. Schließlich war es August Horch, der in Sachsen erste Zeichen für Luxusautomobile setzte. Hinzu kamen einige Deutschlandpremieren diverser Marken, präsentiert von den regionalen Autohändlern. Im Rahmenprogramm setzte unter "Teenie Company" die Kfz-Innung Sachsen West/Chemnitz mit den verschiedenen Ausbildungsberufen besondere Akzente. Azubis selbst standen vor Ort Rede und Antwort. Gesucht wurde außerdem Sachsens bester Autofahrer. Bußgeldkartei und Punkteabbau bildete ein weiterer Stand. Kinder wurden mit (auto)mobilen Spielen und Automesse-Maskottchen Oskar unterhalten. Uwe Schmidt, Geschäftsführer von Ford-Besico und seinem Team gelang es, an den drei Tagen 32 Fahrzeuge zu verkaufen, darunter einen Mustang. Eberhard Gross, Erfolgstrainer, hatte das Team besico darauf vorbereitet und fungierte zugleich drei Tage als Messe-Coach. Das Beispiel zeigt, dass aktiver Neuwagenverkauf auf einer Regionalmesse gelingt. Chemnitz zeigt außerdem, dass Regionalmessen immer beliebter werden. Man würde sich in Sachen Regionalmessen ein aktiveres Engagement der Hersteller und Importeure wünschen.
Das Team Besico auf dem Chemnitzer Autosalon
Das Exemplum Thomas Middelhoff
AUTOHAUS gehörte von 1994 ff. an zum damaligen Weltkonzern Bertelsmann. Von 1998 bis 2002 fungierte Thomas Middelhoff – damals 45 Jahre (!) alt – als Vorstandsvorsitzender. Bertelsmann-Eigner und -Patriarch Reinhard Mohn hat ihn dazu berufen. Bei verschiedenen Zusammenkünften der Führungskräfte konnte ich "TM" live erleben. Unvergessen ein gemeinsamer Abend mit ihm im Bertelsmann-Pavillon der Expo 2000 in Hannover. Schrieb man "TM" abends eine E-Mail, bekam man von ihm selbst morgens übers Netz die Antwort. Er setzte damals durch, dass sämtliche Mitarbeiter als "Dauerleihgabe" für zu Hause einen Computer erhielten. Er wollte alle "Bertelsmänner" IT-affin machen. Sein größter Coup landete er mit dem Verkauf von AOL-Anteilen. Er wurde mit einem Bonus von einem einem Prozent, sprich 40 Millionen Euro bedacht. Dass er nun wegen Untreue und Steuerhinterziehung drei Jahre in Haft sitzt, wird seine Berechtigung haben.
Wenn einer wie "TM" 1,91 Meter groß ist und bei Haftantritt 87,4 Kilogramm wog und nun im Rahmen der Untersuchungshaft auf 70 Kilo abgemagert ist, dann stellt man sich Fragen. Über 28 Tage wurde Middelhoff – so seine Anwälte – alle 15 Minuten geweckt. Suizidgefahr. Diese Methode erinnert dann doch stark an das Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen, in dem damals schon u.a. der privilegierte Rechtsanwalt Gregor Gysi wirkte. Dort hat man aus den Inhaftierten gezielt Gebrochene gemacht. Büßen ja, aber doch nicht leiden! Ich war zehn Jahre sonntags als Gefängnisorganist in München-Stadelheim tätig und weiß zu gut, dass eine Haftstrafe hart genug ist, dass jegliche Haft jeden Menschen verändert. Uli Hoeneß wird sich dazu mit Sicherheit noch äußern. Wer muss aber denn da im Fall Middelhoff ein Exemplum statuieren? Ich möchte hier für meinen ehemaligen Chef aus der damaligen Zeit heraus eine Lanze brechen. Thomas Middelhoff darf als Häftling nicht zum Objekt gemacht werden. Er muss Subjekt eines ordentlichen Strafverfahrens bleiben!
Spruch der Woche:
"Das Billigste ist Selten das am Wenigsten Teure." (Greg Linster)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Rüdiger
V.
Karl-Heinz Scherer