HB ohne Filter: Opel – Abwicklungskandidat oder PSA-"High-Marke"? +++ E-Umweltbonus +++ AUTOHAUS-Perspektiven
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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14.02.2020Opel – Abwicklungskandidat oder PSA-"High-Marke"? +++ E-Umweltbonus von 6.000 Euro zeigt Wirkung +++ Arne Joswig bei den AUTOHAUS-Perspektiven in Hamburg +++ "Hybride" Fahrzeugförderung
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Opel - Abwicklungskandidat oder PSA-"High-Marke"?
Opel hat seit 2017 bei PSA eine "Neue Heimat" gefunden, nachdem man seit 1929 in der Abhängigkeit von GM stand. Ab Ende 2019 verbündet sich PSA mit Fiat Chrysler und rückt so zum viertgrößten Automobilhersteller der Welt auf. PSA bringt aus 2018 3,88 Millionen verkaufte Einheiten mit, Fiat-Chrysler 4,84 Millionen. In Summe stehen nun im Konzern 410.000 Mitarbeiter und weltweit 120 Produktionsstätten dahinter. Der Kostensenker-König, Peugeot-Vorstandsvorsitzender Carlos Tavares, ist nun über Nacht zum König der Überkapazitäten geworden. Die Frage stellt sich, ob dieses nunmehr viersprachige Kulturkonglomerat mit 14 verschiedenen Marken überhaupt regierbar sein wird?
Ewiges Opel-Schwanken
Opel-Chef Michael Lohscheller konnte immerhin nach 20 Jahren für Opel 2018 erstmals wieder schwarze Zahlen ankündigen. Um welchen Preis? Nach 30 Jahren ist aber der Marktanteil von Opel von 17 Prozent im Januar 2020 auf fünf Prozent (!) abgerutscht. Die neue Multi-Energy-Plattform (CamP) für alle Marken wird in Sachen Produktionseffizienz gute Wirkung zeigen. Die Kostensenkungsarien des Herrn Tavares sind bei Opel allerdings immer noch nicht zu Ende. Jetzt sollen weitere 4.000 Mitarbeiter abgebaut werden. Stellt sich im neuen Groß-Verbund gleich die Frage, welches Werk von insgesamt 120 geschlossen werden wird? Eisenach steht da immer wieder zur Diskussion, obwohl dort der Grandland X als Hybrid vom Band läuft. Im Sommer kommt der neue Mokka-SUV. In Rüsselsheim wird der neue Astra gebaut. Und in Kaiserslautern sollen ab 2024 Batteriezellen für E-Autos des PSA-Konzerns gebaut werden. Ein Zwei-Milliarden-Investment, das an die 2.000 neue Arbeitsplätze mit sich bringen soll. Melfi, Fiats größter Produktionsstandort in Italien, ist beispielsweise nachhaltig nur zu zwei Drittel ausgelastet.
Von typischen Kleinmodellen wie Karl und Adam hat sich Opel verabschiedet. Warum? Durch diese Maßnahme verliert der einzelne Händler zwischen 20 und 25 Prozent seines Umsatzes. Strategisch könnte man sich als Händler damit anfreunden, würde die Marke Opel künftig zur "High-Perle" im PSA-Konglomerat avancieren. Das Beispiel zeigt, es wird seitens des Konzerns nicht offen kommuniziert, wohin die Opelreise führen soll. Damit wird der Spekulation Tür und Tor geöffnet und führt in der Händlerschaft zu großer Unsicherheit und vielfach unnötigen Diskussionen. Klarheit führt zur Berechenbarkeit.
Opel-Handelspolitik
Vergangenes Jahr verließ ein langjähriges Opel-Gestein, Deutschlandchef Jürgen Keller, das Opel-Schiff und überzeugt heute als neuer Hyundai-Deutschlandchef etliche arrivierte Opel-Händler von ihren neuen, koreanischen Chancen. Bei Peugeot hat sich Deutschlandchef Steffen Raschig verabschiedet. Beide Abgänge sind ja kein Zufall. Auch das schafft mentale Vorbehalte. Wer nicht linientreu marschiert, wird demissioniert. Unabhängig davon sind zahlreiche Opelhändler schon längere Zeit im Mehrmarkenbereich aktiv unterwegs. Klar, deren Autohäuser waren in der Größendimension mal auf 17 Prozent Marktanteil ausgelegt. Selbst die OSP, die Opel-Service-Partner, spüren inzwischen die Einbrüche in der Servicewelt, die sich zwangsläufig von Jahr zu Jahr durch Volumenabbau ergeben. Und eine Teilepreiserhöhung von acht Prozent in 2019 ist auch Ausdruck dessen, auf was Carlos Tavares setzt: Ebit-Marge erhöhen. Um jeden Preis. Auch die aktuellen Peugeot-Händlerauseinandersetzungen belegen das. Man schaue sich die lausigen Renditen der Peugeothändler in 2019 an. Die strategische Empfehlung aus Paris an die Händlerschaft lautet lapidar Ausbau der Erträge im GW-Bereich und massive Kosteneinsparungen. Schlimm, wenn man wie beispielsweise beim neuen 308 u.a. eine attraktive Modellpalette besitzt und dann im Neuwagenbereich nichts verdienen soll! Das ist nur peinlich.
Selbige Vorgehensweise wird über die Opelschiene gefahren. Man will seitens des Herstellers CO2-Strafzahlungen vermeiden und strapaziert da die Händlerschaft in überzogenem Maße. Der neue Opel-Deutschlandchef Andreas Marx – seit 1. Februar 2020 - hat als eine seiner ersten Amtshandlungen offensichtlich eine verträgliche Anpassung der überzogenen Mengen-Zielvorgaben vorgenommen, obwohl da ursächlich bei rückläufigem Markt 2020, reduzierter Neuwagenmodelle, unzureichender Verfügbarkeit natürliche Grenzen für jeden Händler gesetzt sind. Opel ist außerdem im Wettbewerb zu VW, Skoda, Ford und Seat gehalten, bei seinen Modellen auf die Preislandschaft zu schauen. VW trumpft aktuell mit fragwürdiger Preisdimension auf. Der neue Golf 8 wird mit 45.000 Euro aufgerufen. Ein VOLKSwagen. Der deutsche Neuwagendurchschnittspreis liegt bei 32.000 Euro inkl. MwSt.
Opel-Händlerverbandspolitik
Die Opel-Händler hatten dann 2019 in Rüsselsheim für Jürgen Keller einen neuen Deutschlandchef erhalten. Dieser erarbeitete sich in seiner kurzen Amtszeit das Image des gleitenden "Märchenerzählers". Er wird künftig im Hause Opel strategische Aufgaben bei der Internationalisierung des Herstellers wahrnehmen. Der Neue, Andreas Marx, gilt in der Händlerschaft als Hoffnungsträger. Die 100-Tage-Einarbeitsungszeit muss man ihm zugestehen. Vermutlich braucht er noch mehr Zeit. Die zentrale Frage aber lautet dennoch, welche Vorgabe wurde ihm von Paris aus in die Feder diktiert? Hat er Handlungsspielraum, der so dringlich erforderlich wäre oder hat er gemeinsam mit Opel-Chefbuchhalter Michael Lohscheller eine gleitende Abwicklung von Opel herbeizuführen? Stolpernde Insolvenzen diverser Opelhändler gehörten in diesem Fall als "Abfallprodukt" dazu. Andreas Marx bräuchte für den Markenerfolg von Opel neben viel Zeit auch viel Geld. Das fängt beim "Umparken im Kopf", sprich beim Markenimage an. Sollte Opel im neuen PSA-Konzept zu Höherem berufen sein, ist da noch kräftig am Image zu feilen. Die überzogenen Eigenzulassungen sind ein weiteres, verdammt teures Unterfangen. Und wie stellt man sich die Händlerqualifizierung vor? Es gibt ja heute noch die eine und andere handverlesene Besonderheit, dass ein Opelhändler in seiner Region über 20 Prozent Marktanteil einfährt.
Bei Volkswagen weiß man, dass man dort strategisch in Zukunft darauf setzt, dass ein Händler die Marken Volkswagen, Audi, Seat und Skoda unter einem Dach abdeckt. Das würde für PSA bedeuten, dass künftig ein Händler die Zentralmarken Peugeot, Citroen, Opel und Fiat abdeckt. Man sucht sich also die Händler aus, die bei der jeweiligen Marke vorne an stehen und die man dann zu ihrem erweiterten Markenglück anhält. Der Rest der störenden Händler, also beispielsweise auch Servicebetriebe mit Vermittlerstatus, wird u.a. über erhöhte Vorgaben aufgelöst. Was bedeutet das verbandspolitisch? Der VPPD, der VDC, der VDOH, der Fiat-Händlerverband und die sonstigen zugehörigen Mini-Verbände gehörten dringlich unter ein sehr eng kooperierendes zentrales Dach. Und die Zentralforderung müsste lauten: Offener strategischer "Partneraustausch" über die Zukunft der einzelnen Marken inkl. der Netzplanungen für die nunmehr 14 PSA-Konzern-Marken.
Für den PSA-Gesamtkonzern ist zur Stunde von außen festzustellen, dass Kostensenkung allein nicht den Zukunftserfolg des Konzerns garantiert. Wo bleibt die innovative "Produktentwicklung", wo auf Dauer die Differenzierungsstrategie und der Platz für 14 Marken, die es zu gestalten gilt? Fiat als Beispiel ist aktuell nicht nur fußkrank! Über wie viele Jahre hat Fiat-Konzernchef Sergio Marcionne die Fiat- und Alfa-Händler mit all seinen Ankündigngen und Versprechungen hingehalten bzw. mit System belogen. Der "Fiat Tipo More" wird auch als Preis-Leistungs-König die grundsätzliche Fiat-Malaise nicht lösen. Und die Fiat 500-Ikone – siehe Abbildung – mag zum Valentinstag noch besonderen Reiz haben. Doch die Preislandschaft zeigt für dieses Modell den spezifischen Mengendruck. Fazit: Ein fairer und offener Umgang mit seinen wichtigsten Kunden, den Händlern, sollte mit überzeugenderem Niveau angelegt werden. Weitere Veränderungen stehen an!
Fiat 500 - zum Valentinstag
E-Umweltbonus von 6.000 Euro zeigt Wirkung
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Wenn nun die Januarzahlen 16.143 E-Fahrzeuge, sprich 6,6 Prozent der Zulassungen, ausmachen, sollte man ein E-Halleluja nicht zu laut singen. Es waren 8.639 reine E-Fahrzeuge und 7.492 Hybride. Erfreulich, dass die EU für die erhöhte Umweltprämie von 4.000 auf 6.000 Euro grünes Licht gab, und das sogar rückwirkend für alle betreffenden Fahrzeuge, die nach dem 4. November 2019 in der begünstigten Klasse zugelassen wurden. Die Kaufprämie wird es bis 2025 geben. Dieser Umweltbonus gilt auch für junge Gebrauchte. Voraussetzung: Der Wagen ist zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs mindestens vier und maximal acht Monate in erster Hand zugelassen und hat nicht mehr als 8.000 km Laufleistung hinter sich. Die 6.000 Euro Umweltprämie gibt es für diese Fahrzeuge bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro. Tesla geht da leer aus. Aber es gehören bereits gut 20 E-Modelle in diese begünstigte Gattung, und weitere 20 kommen übers Jahr verteilt noch hinzu. Beispiele: BMW i3, Smart, VW up, Seat Mii, Skoda Citigo bis zum VW ID.3. Damit liegen einige E-Fahrzeuge auf vergleichbarem Preis-Niveau entsprechender Verbrenner. Und zahlreiche dieser Offerten weisen bereits eine Reichweite von über 300 Kilometer aus.
Diese Woche traf ich zum Gedankenaustausch in Sachen E-Mobiltiät Dr. Alexander Röther, ein ausgewiesener Experte quer über alle Marken-Modellofferten. Seine Feststellung: Der Verkauf von Elektrofahrzeugen läuft schleppend. Warum? Um E-Mobilität dreht sich ein ganzes Ökosystem mit ganz neuen Aspekten, Beispiel Ladestationen, Energievertrag, Werkstattfrage, Versicherung, Fahrzeugbedienung u.a. E-Mobilität ist viel mehr als nur eine neue Antriebsform. Grundsätzlich muss der Handel dem Kunden seine Verunsicherung nehmen. Daher ist ein Perspektivwechsel unbedingte Voraussetzung. Das bedeutet, es muss intensiv an den Kaufbarrieren gearbeitet werden. Kunden benötigen und erwarten eine ganzheitliche Beratung vom Verkäufer. Verkäufer sind oft nicht motiviert, weil zu viele Fragen hinsichtlich Praktikabilität nicht beantwortet werden. Erfolgreicher Verkauf von E-Fahrzeugen beginnt mit dem Verständnis für den Kunden und dem Beherrschen der Spezifika der E-Mobilität. Dr. Röther stellte mir sein Konzept vor, wie man eine Verkaufsmannschaft in Sachen E-Auto von minus zehn auf plus zehn pro E-Auto führt. Ebenso, wie man solide und erfolgreiche Flottenmanagement-Beratung für das E-Auto initiiert. Weitere Details siehe unter www.getting-electrified.com.
E-Experts mit Dr. Alexander Röther
Arne Joswig bei den AUTOHAUS-Perspektiven in Hamburg
Auf den 28. AUTOHAUS-Perspektiven in Hamburg stellte ZDK-Vorstandsmitglied Arne Joswig, im ZDK verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, die aktuellen ZDK-Arbeitsschwerpunkte vor. Im Mittelpunkt stand die App für Kfz-Innungen sowie die Arbeitsschwerpunkte 2020 (siehe Abbildung).
Die Veranstaltung fand in Hamburg im Hotel Gas(t)werk statt. Das ehemalige Gaswerk stand unter Denkmalschutz und wurde zum Hotel umgestaltet. Eine Sehenswürdigkeit, die Alt und Neu so genial verbindet. Da hat es dann im ganzen Hotel verteilt stets besondere Oasen, beispielsweise "Denk.mal"! Was ein kleiner Punkt inhaltlich bewirken kann (siehe Abbildung). In Hamburg konnten wir auch Dello-Chef Kurt Kröger willkommen heißen. Hier im Bild im Gespräch mit Wirtschaftsprüfer Horst Neubacher von der Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner. Arne Joswig dankte AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat mit einem originellen Spiel "Santa Fu", von Gefangenen selbst entwickelt und auf den Zellen gespielt, für die engagierte journalistische Begleitung der ZDK-Öffentlichkeitsarbeit in AUTOHAUS.
ZDK-Arbeitsschwerpunkte 2020
Dello-Chef Kurt Kröger (r.) und Wirtschaftsprüfer Horst Neubacher, Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner
Arne Joswig (r.) und Hannes Brachat
Denk.mal
"Hybride" Fahrzeugförderung
Der Gesetzgeber hat für die private Nutzung von Elektroautos und Plug-in-Hybriden als Dienstwagen die 0,5 Prozent Regelung als "Geldwerter Vorteil" festgelegt. Statt einem Prozent des Brutto-Listenpreises müssen Arbeitnehmer nur noch 0,5 Prozent steuerlich geltend machen. Bei Hybriden gilt das für Fahrzeuge, die mindestens 40 Kilometer weit rein elektrisch fahren können bzw. max. 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Wir werden voraussichtlich dieses Jahr rund 125.000 reine Elektrofahrzeuge und 75.000 Plug-in-Hybride auf dem deutschen Markt absetzen. Aktive Flottenmanagement-Beratung ist da aktuell gefragt.
Nun favorisieren da manche ein kurzsichtiges Hybridmodell. Es wird als Dienstwagen ein Plug-in-Hybrid angeschafft, doch das Ladekabel liegt nach einem Jahr immer noch unberührt im Ersatzrad, sprich, E-Fahren findet nie statt. Man nützt quasi nur den Steuervorteil aus. Da sind manche guter Dinge, man würde derartige Praktiken beim Fiskus nicht aufdecken. Fakt ist, fliegt diese Machenschaft auf, wird die Gesamtregelung verworfen und der betroffene Dienstwagenfahrer zahlt die Zeche in Form der Ein-Prozentregelung nach. Die Zeche für bewusstes Umwidmen kommt noch obenauf. Man kann da nur nachhaltig rufen: Sauber bleiben!
Hinzu kommt, dass die aktuellen WLTP-Angaben zur praktischen Verbrauchsrealität bei Plug-in-Hybriden markante Differenzen zeigen. Es wird abermals wissentlich gelogen und alle Welt nimmt es abermal hin. Viele Hybride - SUV - haben im reinen Verbrennermodus wahren Schluckspechtcharakter. Eine Gratistankkarte zu Lasten der Firma wird so zum aufwendigen Firmenunterfangen. Unsolide Flottenmanagementberatung.
Spruch der Woche:
Erich Sixt hat politisch gesprochen:
Allgemein bekannt wurde der Valentinstag durch die vor dem 14. Februar verstärkt einsetzende Werbung der Floristik- und der Süßwarenindustrie. Auch in Deutschland gehören Blumen nach wie vor zu den häufigsten Geschenken am Valentinstag. Allein zum Valentinstag 2018 transportierte die "Lufthansa Cargo" 800 Tonnen roter Rosen nach Deutschland. Es wird höchste Zeit, dass wir in unserer Branche auch dazu kommen, den "Auto-Tag 2020" auszurufen. Alle Autohäuser haben dann deutschlandweit bis 20 h geöffnet. Er sollte zur Befeuerung des Ganzen beispielsweise immer am dritten Samstag im Monat März liegen. Vorschläge dazu willkommen!
Ihr Rosenfan
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 21. Februar 2020!