Ausgabe 05/2009: Sturmfest

SturmfestLiqui Moly trotzt der Krise E Ernst Prost ist überzeugt: Wo es auf der Welt Autos gibt, kann man Öl verkaufen, z. B. im rezessionsgebeutelten Japan.von Prof. Hannes BrachatErnst Prost (51) hat im Jahr 1998 von den Nachfolgern des Firmengründers Hans Henle Liqui Moly in Ulm übernommen. Heute erwirtschaftet der Bilderbuchunternehmer mit seinen 450 Mitarbeitern 240 Millionen Euro Umsatz. Und das in 90 Ländern. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat im Gespräch mit Ernst Prost. AH: Herr Prost, wie muss man das Jahr 2008 aus Sicht der Mineralölwirtschaft interpretieren? Es war das Jahr mit dem höchsten Ölpreis. Wie stufen Sie die weitere Entwicklung ein?E. Prost: Einstufen kann man da gar nichts. Wir müssen damit leben, dass verschiedene wirtschaftliche Entwicklungen wie der Ölpreis, wie Währungsparitäten, Aktienkurse volatil geworden sind. Wir haben ein ständiges Auf und Ab und werden nicht mehr auf alle Fragen die passende Antwort bekommen. Das gilt für 2008 wie 2009. Uns haben der steigende und dann der fallende Ölpreis in 2008 viel Kopfzerbrechen bereitet. Wir mussten sehr stark unsere Kosten wie unsere Verkaufspreise erst in die eine und dann in die andere Richtung anpassen.AH: Kann man sich diesen Wandlungen so flexibel stellen? Eine Benzinpreisanpassung kommt immer mit Zeitversatz.E. Prost: Wir haben beispielsweise unsere Beschaffungsrhythmen verkürzt, um stets flexibel einkaufen zu können, sowohl das Öl wie den Dollar. Gewissheit gibt es nicht. Da unterlaufen zwangsläufig auch Fehler. Wirtschaftsjahr 2008 AH: Wie ist das Wirtschaftsjahr 2008 für Liqui Moly gelaufen?E. Prost: Wir hatten das Glück, dass die Ölpreiskrise uns weit vor der Weltwirtschaftskrise traf. So konnten wir unser Schiff bereits im Frühjahr sturmfest machen. Damit waren wir in der Lage, die Immobilienkrise in den USA, dann die Finanzkrise besser zu meistern. Mitte des Jahres sah es aus, als ob wir Verluste einfahren werden. Das lag an unseren Hochrechnungen, an verschiedenen Szenarien und Prognosen, für das Barrel Öl 200 Dollar zahlen zu müssen. Wir haben es dann im Herbst durch systematische Kostensenkung und Umsatzsteigerung doch geschafft, diesen drohenden Verlust abzuwenden und 9 Millionen Euro Gewinn zu erwirtschaften. Da hat die Entwicklung des Ölpreises einen wichtigen Beitrag geleistet. Umgekehrt, wir sind inzwischen in 90 Ländern vertreten. Und da gab es z. B. in der Ukraine erhebliche Einbrüche. In Summe haben wir aber ein Ergebnis erzielt, das in die betriebswirtschaftliche Welt passt und unseren Renditeansprüchen genügt. Wir hatten zwar im Vorjahr noch einen Gewinn von 12,8 Mio. Euro, aber in Anbetracht der globalen Ereignisse sind wir durchaus zufrieden.AH: Wenn Sie die Sichtweise auf den deutschen Markt eingrenzen und hier Ihre Aktivitäten reflektieren – etwa Ihren gigantischen Stand auf der Automechanika, mit dem Sie als einer der wenigen Mineralölanbieter als Botschafter fungierten. Sie stehen als Mittelständler im Wettbewerb zu den großen Mineralölanbietern.E. Prost: Das ist nicht der Wettbewerb Groß gegen Klein, sondern unflexibler Großkonzern gegen fitten, kräftigen, schnellen Mittelstand. Es fressen nicht die Großen die Kleinen, sondern die schnellen die langsamen Marktteilnehmer. So können wir uns als kleines Unternehmen gegen die Weltkonzerne behaupten. Ich gehe sogar weiter, wir punkten und gewinnen Marktanteile hinzu, erobern neue Länder. Auch in Deutschland haben wir 2008 ein Wachstum von knapp 15 Prozent hingelegt. Wir sind näher am Markt, besser in der Umsetzung von Strategien und sicher kundenverliebter als ein Großkonzern, der mehr seine eigenen Statistiken pflegt, als die Beziehung zum Kunden. Markenhandel vs. Freie WerkstättenAH: Wie hat sich für Ihr Haus die Relation zum Markenhandel, wie zu den Freien Werkstätten entwickelt?E. Prost: Die markengebundenen Autohäuser sind etwas unter die Räder gekommen. Weniger durch die Marktentwicklung als vielmehr durch die Politik der Hersteller bzw. Importeure. Der Autofahrer bevorzugt mehr und mehr die Freie Werkstatt. So sehe ich das. Und da sind wir gut beheimatet. Davon profitieren wir. Der Autofahrer ist preissensibel. Es macht einfach einen Unterschied, ob der Kunde ins markengebundene Autohaus geht, dort 80 Euro pro Stunde bezahlt oder in der Freien Werkstatt für vergleichbare Qualität mit der Hälfte auskommt. Wir sind allerdings im Markenhandel ein gutes Stück vorangekommen. Das liegt u. a. daran, dass Traditionsmarken wie Veedol vom Markt genommen wurden, wir in diese Nische stoßen und den Partner abgeben, den andere konzerngesteuerte Marken besetzt hatten. Ich sehe sehr deutlich einen Rückzug der großen Mineralölindustrie, bei den Freien Werkstätten wie im markengebundenen Autohaus. Offensichtlich spielt das Mineralölgeschäft für diese Konzerne nicht mehr die Rolle, die es noch vor ein paar Jahren spielte. Der Motorenölmarkt macht bei diesen Gigantenunternehmen gerade mal 0,2 Prozent vom Gesamtgeschäft aus. Sie verdienen ihr Geld mit Heizöl, Kerosin, Diesel, Benzin, Exploration, Rohöl. AH: Sie sprachen von der „Veedol-Lücke“; Sie rüsten den Außendienst auf. Andere rüsten ab?E. Prost: Man muss bei einer Außendienstorganisation nicht nur fragen, was sie kostet, sondern was sie bringt. Der Außendienst holt die Aufträge. Habe ich keinen Außendienst, verkaufe ich nichts mehr. Wir verkaufen mit Menschen an andere Menschen! Das ist unsere Philosophie. Perspektive 2009 AH: Wie sieht die Perspektive 2009 aus? E. Prost: Trotz dieser wetterwendischen Zeit, in der man eigentlich nichts mehr konkret und verlässlich planen kann, ist es besonders wichtig zu planen. Auch strategisch. Wir segeln hart am Wind und haben uns eine Umsatzsteigerung von 16 Prozent vorgenommen. Das werden wir auch erreichen. In der strategischen Ausrichtung werden wir noch tiefer in den Markt eindringen, noch mehr im Werkstatt- und Autohausbereich akquirieren, um neue Kunden zu gewinnen. Wir haben uns vorgenommen, keine „alten Kunden“ zu verlieren. Und wir haben uns vorgenommen, weiter im Ausland aktiv zu wirbeln. Jüngst waren wir in Japan auf der Tokyo Motor Show und haben Liqui Moly erstmals dem japanischen Autofahrer präsentiert. Das war ein toller Start! Wir fangen in Japan an, wo andere von Rezession reden. Es geht weiter in Korea, Malaysia, Vietnam. Jetzt kam sogar der Erstauftrag aus Nepal. Man kann überall hin verkaufen, wo es Autos gibt. AH: Wie geht es Ihrer Zweitmarke Méguin im Saarland?E. Prost: Méguin im Saarland ist in erster Linie unsere Produktionsstätte. Dort werden auch Liqui-Moly-Produkte produziert. Aber Méguin ist eine sehr feine, kleine Marke. „Oil of Germany“, im Ausland wie im Inland. Die Positionierung für Méguin ist der Mineralölhandel, das Autohaus als Exklusivmarke für diejenigen, die sich mit einer Marke profilieren möchten, die es nicht so oft am Markt gibt. MarketingAH: Sie gelten in der Branche u.a. als Marketinggenie. Welche Richtung schlagen Sie ein? Vierschanzentournee, 1860 München, Motorsport Tourenwagenklasse oder gar Formel 1?E. Prost: Sponsoring schafft Image, Reputation. Wir werden über Werbung unser Markenöl, das es jetzt seit 50 Jahren in Deutschland gibt, weiter an die Endverbraucher tragen und damit unsere Partner verkaufswirksam unterstützen.AH: Wohin läuft die Ölentwicklung der Zukunft?E. Prost: Ich habe Anfang des Jahres 2008 prognostiziert, dass der Ölpreis bei 200 Dollar pro Barrel liegen wird. Jetzt liegt er bei 40 Dollar. Das schafft in einem gebotene, oder soll ich sagen: betretene Zurückhaltung. zLesen SIe hier...... warum sich der Mittelständler Liqui Moly gegenüber den großen Mineralölkonzernen behaupten kann.KurzfassungIm Jahr 2008 hatte Liqui Moly mit dem unberechenbaren Ölpreis zu kämpfen. Da man mit einem hohen Barrelpreis von 200 Dollar rechnete, traf die Finanzkrise den Mittelständler weniger heftig als andere. So konnten dennoch 9 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet werden. Auch für die Zukunft sieht sich Ernst Prost auf Erfolgskurs: mit einem verstärkten Außendienst, mit der Expansion in weitere Länder, mit der exklusiven Zweitmarke Méguin und mit verkaufswirksamen Marketingmaßnahmen.

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