Ausgabe 09/2009: Rettungsanker Service

Rettungsanker ServiceServicegeschäft 2009 E Auch das Servicegeschäft spürt die Krise. Aber es hat noch immer das Zeug zum „Rettungsanker“. Von Manfred SchlegelGemischte Gefühle löst der Rück- und Ausblick auf das Servicegeschäft aus. Pluspunkt Nummer eins: 2008 konnten die Anzahl der Serviceaufträge und der Umsatz gegenüber dem Vorjahr nochmals gesteigert werden. 72,2 Millionen Reparaturaufträge, welche die Werkstätten abarbeiteten, bedeuten ein Plus von 1,3 Prozent gegenüber 2007. Dies bescherte dem Service ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 0,73 Prozent (siehe Grafik rechts). Da der Service zu 25 bis 40 Prozent zum Ergebnis beiträgt, gilt es festzustellen, dass der Service nach wie vor das wichtigste Geschäftsfeld eines Autohauses ist.Werkstattsterben auf RekordhöheKehrseite der Medaille ist die ungebrochen hohe Sterberate der Werkstätten. Allein im letzten Jahr traf es 650 Betriebe. Reduzierten sich die Markenbetriebe von 2005 auf 2006 um nur 100 Unternehmen, so reduzierte sich die Zahl der Vertragswerkstätten im vergangenen Jahr um 800. Davon mussten viele Betriebe komplett aufgeben, andere machten als markenlose Werkstatt weiter. Und 2009 dürfte es an dieser Front kaum Entwarnung geben.Diese Tatsachen sind zu beachten, wenn es um die Fortführung der GVO geht. Wir brauchen Markenbetriebe – aber mit praxisgerechten Standard-Anforderungen, die der Kunde bereit ist zu bezahlen. Denn der technikbedingte Rückgang von Reparatur- und Wartungsintensität wird sich auch künftig in voller Intensität fortsetzen. Ergo: Mit immer weniger Werkstattdurchgängen müssen die Fixkosten der Standards finanziert werden. Boxenstopp statt GlaspalastErneut müssen Vertragswerkstätten einen historischen Tiefstand des Marktanteils hinnehmen. Nur noch 63 Prozent aller Aufträge landen dort. Ein Jahr zuvor waren es noch 67 Prozent. Eine Ursache ist das gestiegene Durchschnittsalter des Fahrzeugbestandes (1,1 Jahre älter). Fakt ist, dass das (standardbedingte) hohe Serviceniveau der Vertragswerkstätten offensichtlich immer weniger Kunden anspricht. Die Kunden scheinen die Boxenstopps der freien Werkstätten den Glaspalästen vorzuziehen. Der Rückgang des Marktanteils der Vertragswerkstätten darf nicht tatenlos hingenommen werden. Die Auslastung ist allein zur Finanzierung der Fixkosten unabdingbar notwendig. Dahingehend haben sich die Anstrengungen zu konzentrieren.Einmalige Chance: AbwrackprämieMehr als 1 Million Neuzulassungen wird die Abwrackprämie voraussichtlich im laufenden Jahr der Branche bescheren. Allesamt gehen diese Fahrzeuge an private Fahrzeughalter, deren Vorbesitz-Fahrzeug bereits neun Jahre oder älter war. An Fahrer also, die typischerweise schon lange nicht mehr Kunden einer Vertragswerkstatt waren. Jetzt besteht die einmalige Chance, diese Kunden langfristig für die eigenen Werkstatt zu gewinnen. Es ist nahe liegend, dass diese Kunden den Werkstätten mit Vorbehalten („Hochpreisimage“) begegnen. Dieser Thematik ist bei der Vorstellung des Servicepersonals Rechnung zu tragen, indem bewusst die langfristigen Kostenvorteile wie Garantie- und Mobilitätsversprechen hervorgehoben werden. Auch darf eine konkrete Präsentation eines günstigen Komplettpreisangebots zur Unterstreichung des Gesagten nicht fehlen.Chance ReifengeschäftEine weitere notwendige Chance liegt darin, Geschäftsfelder, die bisher ein Schattendasein im Autohaus führten, aktiv zu bearbeiten und zurückzuerobern. Dazu gehört vor allem das Reifengeschäft. Nur 30 Prozent der jährlich 46 Millionen verkauften Reifen gehen im Autohaus über den Ladentisch. Den Löwenanteil haben sich in wirtschaftlich guten Zeiten die Reifenfachhändler einverleibt. Die Vertragswerkstätten sind in diesem Geschäftsfeld mittlerweile im Gros auch preislich durchaus wettbewerbsfähig aufgestellt. Zudem bedeutet das Reifengeschäft zwangsläufig mindestens zwei zusätzliche Kundenkontakte pro Jahr, die sich für weitergehenden Serviceverkauf nutzen lassen.Chance GlasgeschäftEin ähnliches Bild zeigt sich in Sachen Autoglas-Service. Ein Geschäftsfeld, auf das sich erst vor wenigen Jahren spezialisierte Ketten stürzten. Man muss anerkennen: Mit Erfolg. Viele Kunden wissen offensichtlich noch nicht, dass auch ihre Vertragswerkstatt über die Kaskoversicherung kostenfreie Scheibenreparaturen durchführen kann. Würth beispielsweise unterstützt die Autohäuser in diesem Geschäft und bietet mit dem Online-System „Glasauskunft“ eine einfache Möglichkeit, Glasschäden vom Angebot über die Teile- und Einbauinformation bis zur direkten papierlosen Abrechnung mit der Versicherung effizient zu gestalten. Ganze drei Millionen Autoscheiben verkaufen sich jährlich in Deutschland. Eine ernst zu nehmende Dimension.Preiswert statt billig!Zweifelsohne spielen die Kosten in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten eine immer bedeutendere Rollen. Die Idee der absoluten Preisführerschaft wird auch künftig nicht die anzustrebende Philosophie des vertragsgebundenen Automobilservices sein. Zahlreiche Versuche von Rabattaktionen wie z. B. die 2 Prozent pro Jahr von VW konnte außer temporären Mindererträgen kaum neue Kunden dauerhaft an das Autohaus binden. Betrachtet man die Misere bei ATU genau, kommt man zu dem Schluss, dass der Kunde nicht unbedingt „billig“ sucht, sonder klar das „Preis-werte“. Genau hier kann die Vertragswerkstatt punkten: Mit hochspezialisiertem Service auf qualitativ unschlagbarem Niveau, umfangreichen Garantien, Herstellerkulanzen und qualitativ hochwertigen Originalteilen. Ernüchternde Tatsache: 30 Prozent der Autofahrer lassen gar keine Wartungen durchführen. Man möge sich vor Augen führen, was dies für die Verkehrssicherheit bedeutet.Der Nutzfahrzeug-Spezialist MAN hat sich diese Erkenntnis zu Herzen genommen und bietet seit geraumer Zeit einen für den Kunden kostenlosen Effizienz-Check an. Hierbei untersucht ein Mechaniker das Fahrzeug vor allen Dingen hinsichtlich langfristiger Einsparmöglichkeiten. Auch im Pkw-Bereich gibt es dazu viele Möglichkeiten: Widerstandsarme Reifen, rechtzeitig durchgeführte Wartungsarbeiten, unnötiger Ballast an Bord oder die Umrüstung auf Autogas.Chance AutogasAuch in Sachen Autogas liegen noch zahlreiche Chancen brach. Der klare Auftrag muss heißen: Jedem Kunden mit einer Fahrleistung von mehr als 15.000 km pro Jahr ist eine Amortisationsrechnung zu überreichen. Unter www.amortisationsrechner.de finden Serviceberater eine kostenlose und unkomplizierte Lösung. In wenigen Augenblicken ermittelt sie grafisch und rechnerisch die Rentabilität und Amortisationszeit. Dies gehört auf die Rückseite jedes Umrüstangebots. Wie langfristige Kundenbindung an den Service funktioniert, machen uns unsere schweizerischen Nachbarn seit Jahren vor. Serienmäßig sind alle Fahrzeuge mit mehreren Jahren Service und Wartung „ausgestattet“. Bei Opel heißt dieser Service „Opel All-in“ und deckt alle Wartungsarbeiten für die ersten fünf Jahre sowie alle Reparaturen innerhalb der ersten drei Jahre ab. Wie lange braucht die Umsetzung dieser kundenfreundlichen Strategie in Deutschland noch? So lange ist die Eigeninitiative der Händler gefragt: Drei Jahre Wartung anstelle von Prozentschleuderei beim Fahrzeugverkauf.Chance GW-KundenJeder zweite GW-Käufer kommt nach dem Kauf nicht in die vertragsgebundene Werkstatt. Warum stellen wir dem Neuwagenkäufer den Servicebetrieb vor und lassen die umsatzstarken Gebrauchtfahrzeugkunden außen vor? Hier muss ein Umdenken in der Form einkehren, dass für die Auslieferung von Gebrauchtwagen dieselben Anforderungen wie für die Übergabe von Neuwagen zu gelten hat. Ein weiteres Feld sind die eingelagerten Reifen verkaufter Gebrauchtwagen. Am besten, sie bleiben bis zur Wechselsaison eingelagert. Dies ist zum einen kundenfreundlich und generiert zum anderen ohne weiteres Zutun einen zwangsläufigen Werkstattkontakt.Frauen sind untreuer!Der DAT-Report 2009 beweist es: Während nur 20 Prozent der Männer in Sachen Inspektion zu freien Werkstätten abwandern, gehen 30 Prozent der Frauen in dieser Beziehung fremd. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden. Vermutlich schätzen Frauen die oft persönlichere Betreuung in freien Werkstätten mehr als in den meist größeren Autohäusern. Auch hier kann organisatorisch entgegengewirkt werden, indem die Serviceberater immer demselben Kunden zugeordnet und entsprechend sensibilisiert sind. Treue muss erarbeitet werden. Wie brachte es ein frischgebackener geprüfter Automobilserviceberater vor kurzem nach seiner Ausbildung auf den Punkt: „Endlich verstehe ich sogar die Frauen!“Viel getan hat sich in Sachen AU. Mittels Onboard-Diagnose wurde sie zum technischen Kinderspiel. Mit viel Bemühungen und Sachverstand konnte erreicht werden, dass die AU nach wie vor in der Hand der Werkstätten bleibt. Dies ist auch aus Verbrauchersicht zu begrüßen, denn nahezu 80 Prozent der Autofahrer suchen die Werkstätten für den Plakettenservice auf. Tendenz steigend. Sicher, der Zeitaufwand für eine AU wird nach der neuen Prüfmethode erheblich verkürzt. Jetzt könnte sich die Idee aufdrängen, mit der AU in den Preiswettbewerb zu ziehen. Zu beachten ist: Über die Gebühr müssen sich neben dem Lohn auch die teuren Spezialgeräte finanzieren. Zu beachten ist auch, dass die Werkstatt ganz dringend einen regelmäßigen Ertragsbringer benötigt. Diese rettende Funktion sollte die AU in Zukunft einnehmen. Branchenweit. Prozesse auf Vordermann bringenSoviel an dieser Stelle zu den Möglichkeiten, zusätzlichen Werkstattumsatz zu generieren. Aber auch innerbetrieblich gibt es Stellschrauben: Wirtschaftskrisen führen nicht zuletzt beim Personal zu einer erheblich höheren Bereitschaft aus alten Strukturen aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Die gesamten Serviceprozesse sind zu hinterfragen nach den Kriterien Kundenorientierung, Effizienz und Rentabilität. Paradebeispiele sind die immer noch zu hohen Wartezeiten am Teileschalter oder der Prozess der Auftragserweiterung. Dies erfordert bisweilen clevere und intelligente Lösungsansätze. Caroline Noblé, Kundendienstleiterin bei der Mercedes-Benz Niederlassung Dortmund, bringt es auf den Punkt: „ Die Herausforderung ist, Prozessqualität und Kundenzufriedenheit bei gleichzeitiger Kosteneinsparung zu steigern.“ z manfred.schlegel@autopro-online.comLesen SIe hier...... was das Servicegeschäft 2009 bewegt, welche Renditebringer den Service nach vorne bringen und welche Maßnahmen die Werkstattauslastung erhöhen.KurzfassungTrotz einer Steigerung der Aufträge und des Umsatzes mussten auch im vergangenen Jahr 650 Betriebe die Werkstatttore endgültig schließen. Andererseits hat sich das Servicegeschäft als stabiler Renditebringer längst bewährt. Gerade in Krisenzeiten sind deshalb Entwicklungsmöglichkeiten mehr als sonst gefragt. Viel Potenzial für das Servicegeschäft liegt in der einen Million Neufahrzeuge, die per Abwrackprämie „über Nacht“ auf die Straßen kamen. Aber auch in Geschäftsfeldern wie dem Reifengeschäft oder dem Öko-Service liegen noch große Chancen. Sie gilt es 2009 zu nutzen.Ort der Durchführung von Wartungs- und ReparaturarbeitenVertragswerkstattkeine AngabenDo-it-yourselfsonst. Werkstatt/TankstelleOrt der Wartungsarbeiten nach FahrzeugalterBekannteNachfüllen von Öl durch ...

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