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Podiumsdiskussion Automechanika Frankfurt 2021: Ohne Daten keine Zukunft

17.09.2021 15:39 Uhr
asp Podiumsdiskussion Automechanika 2021
Auf der Podiumsdiskussion "Datenbasierte Geschäftsmodelle für Werkstätten", die asp AUTO SERVICE PRAXIS im Rahmen der Automechanika Frankfurt Digital Plus veranstaltete, wurde deutlich: Ein ungehinderter und wettbewerbsneutraler Zugang zu Fahrzeugdaten ist für die Branche überlebensnotwendig.
© Foto: Messe Frankfurt/Sutera

Der Zugang zu Fahrzeugdaten ist für die Wettbewerbsfähigkeit der freien Werkstätten unerlässlich. Darüber herrschte Einigkeit unter den Teilnehmern der asp-Podiumsdiskussion zu datenbasierten Geschäftsmodellen.

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Über das "Wie" gibt es noch unterschiedliche Ansichten aber über das "Ob" wird schon lange nicht mehr gestritten: Ganz gleich, ob es Vertreter aus Teilegroßhandel, Teileindustrie, Experten von Datendienstleistern oder die Werkstätten selbst sind – alle Seiten sind sich einig, dass der ungehinderte und wettbewerbsneutrale Zugang zu Fahrzeugdaten künftig unerlässlich sein wird.

Das wurde in der Podiumsdiskussion "Datenbasierte Geschäftsmodelle für Werkstätten" deutlich, die asp AUTO SERVICE PRAXIS im Rahmen der Automechanika Frankfurt Digital Plus am letzten Messetag veranstaltete.

"Wer sich nicht mit dem Thema befasst, wird abgehängt"

Andreas Günther, geschäftsführender Vorstand Bosch Service Strategieausschuss (BSSA), sieht aus Werkstattsicht keine Alternative: "Wenn man sich nicht schnell mit dem Thema auseinandersetzt, wird man vom Markt abgehängt" Viele Betriebsinhaber wiegten sich laut Günther in einer falschen Sicherheit, weil das Geschäft aktuell immer noch gut gehe. "Das wird sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern. Wer im Markt bestehen will, muss den Schritt jetzt gehen", appellierte Günther, der selbst einen Bosch Service in Kassel leitet.

Gleichwohl seien viele Werkstätten noch nicht bereit, sich mit Themen wie digitaler Terminbuchung oder Verarbeitung von Fahrzeugdaten zu befassen. Diese Kollegen müsse man abholen. Das Online-Terminbuchungssystem "MyBCS" das bei den Bosch Car Servicebetrieben im Einsatz ist, stecke ebenfalls noch in den Kinderschuhen und werde nicht intensiv genutzt. "Die Kunden wissen einfach nicht, was am Auto fehlt und rufen dann im Zweifel doch in der die Werkstatt an."

"Die digitale Terminvereinbarung ist die Basis"

Eben hier könne die Verarbeitung von Fahrzugdaten helfen, glaubt Thomas Vollmar, Geschäftsführer CARAT Unternehmensgruppe, die mit der Plattform Drivemotive Werkstätten den Weg in die digitale Zukunft weisen will. Die Plattform sei live und man habe jetzt schon einige tausend Datenstecker zur Übermittlung von Fahrzeugdaten im Einsatz. "Die digitale Terminvereinbarung ist die Basis, das klappt aber nur, wenn gleichzeitig auch Informationen zum Fahrzeug und zum vorliegenden Fehlerbild übermittelt werden. Dann hat die Werkstatt alle nötigen Informationen vorliegen und kann den Reparaturbedarf einschätzen."

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Holger Hättich, Leiter des Bereichs Kunden und Strategie bei ZF Aftermarket (Mitte): "ZF sammelt schon länger Erfahrungen mit herstellerübergreifenden Lösungen im Flottenmanagement. Der Nutzfahrzeugmarkt kann Vorbild auch für den Pkw-Bereich sein."
© Foto: Messe Frankfurt/Sutera

Theoretisch könne dann die zielgenaue Teilebestellung schon automatisch angestoßen werden. Dies, so ist Holger Hättich, Leiter des Bereichs "Kunden und Strategie" bei ZF Aftermarket, überzeugt, könnte auch dem Großhandel zugutekommen: "Daten helfen, die Fehlbestellungen zu minimieren. Heute liegt die Retourenquote immer noch zwischen zehn und zwanzig Prozent."

Ein erster Schritt, wie Werkstätten stärker in eine digitalisierte Wertschöpfungskette eingebunden werden könne, sei die Buchungspattform "Repdate", eine gemeinsame Entwicklung mehrerer Unternehmen aus Großhandel und Industrie. ZF ist neben ATR International, Bosch, Carat, Caruso, Continental, Global One Automotive und Schaeffler ebenfalls an dem Gemeinschaftsprojekt beteiligt.

Werkstätten hinken beim Thema Online-Buchung und -Zahlung hinterher

"Konsumenten sind gewohnt heute beispielsweise ein Hotel online zu buchen und zu bezahlen. Beim Werkstatttermin greift man immer noch zum Telefon dann hat man noch keinen Preis - und Online-Bezahlung geht schon gar nicht", beklagte Hättich. Repdate schaffe eine mögliche Umgebung dafür, Werkstattauswahl und Terminvereinbarung zu digitalisieren. 


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Henning Kaess, Managing Director ATR International, seht genau darin die Rolle des Großhandels: "Ich sehe darin eine wichtige Aufgabe für den Großhandel, die Werkstatt zu befähigen den Schritt in die Zukunft mitzugehen." Dass mehrere Unternehmen aus der Branche an einem Strang ziehen und gemeinsam eine technische Plattform schaffen, begrüßt Kaess. Man habe hier aus der Erfahrung gelernt: "Alle von uns im Handel haben versucht, Insellösungen in den Markt zu bringen. Aber niemand hat es geschafft, dem Endkunden eine App oder die Installation eines OBD-Steckers für das Auslesen von Fahrzeugdaten schmackhaft zu machen." Das liege an der mangelnden Bereitschaft, solche Dongles zu verwenden, es gebe nur wenige Anwendungsfälle, wo dies funktioniere, etwa bei der Steuerung von kommerziell genutzten Flotten.

"Die heute noch verwendeten Fahrzeug-Dongles sind eine Übergangslösung für Fahrzeuge die noch nicht ab Werk 'connected' sind", ist Thomas Vollmar überzeugt. "Deshalb brauchen wir eine klare Regelung aus Brüssel, wie der Datenzugriff aussehen kann", forderte Vollmar Richtung Gesetzgeber.

Zugang zu Fahrzeugdaten ausbaufähig

Mit Vjumi hat die Einkaufskooperation Select im Mai eine Telematiklösung vorgestellt, die zusammen mit der Telekom entwickelt wurde. Das System kann Daten aus einem OBD-Stecker verarbeiten oder Daten, die direkt aus einem "connected" Fahrzeug stammen. Das sei bereits bei 300 Fahrzeugen von BMW realisiert. "Hier kommen die Daten direkt aus dem Backend von BMW in unser Backend und können dort verarbeitet werden", erklärte Westbrock. "Bei Vjumi geht es um die digitale Kommunikation zwischen Autofahrer und Werkstatt. Die Werkstatt kann anhand der übertragenen Fahrzeugdaten direkt überprüfen, ob die für eine Reparatur benötigten Teile verfügbar sind und diese vorab bestellen. Das ist effektive Prozessoptimierung."

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Stephan Westbrock, Vorstandsvorsitzender der Einkaufskooperation Select AG. "Select hat mit Vjumi ganz aktuell ein eigene Telematiklösung für die Freie Werkstatt an den Start gebracht."
© Foto: Messe Frankfurt/Sutera

Norbert Dohmen, Geschäftsführer des Plattformbetreibers Caruso, sieht in der Bereitstellung von OE-Fahrzeugdaten die wichtigste Aufgabe seines Unternehmens: "Caruso kann heute schon von 14 Automobilherstellern die Sensordaten des Autos, teilweise sogar im Live Stream, dem Service zur Verfügung stellen. Die Automobilhersteller lenken ein Stück weit ein weil sie erkannt haben, das dies ein Geschäftsmodell ist."

Die Datentiefe und die Qualität seien von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Ziel sei es, die Daten in Real-Time zu bekommen, also ohne zeitlichen Verzug, forderte Dohmen. Hier gebe es Fortschritte aber insgesamt seien es immer noch zu wenige Datenpunkte, die verfügbar seien.

Der Nutzfahrzeugbereich ist schon weiter

Dohmen verwies auf ein wegweisendes Projekt, das Caruso zusammen mit dem Fahrzeughersteller BMW und Bosch derzeit realisiert. Im Rahmen des Pilotprojekts FNOS (First Notification of Service), das Bosch erstmals im Rahmen der Automechanika vorgestellt hat, erhält der Autofahrer eine Servicemeldung seines Boschdienstes direkt auf das Display im Fahrzeug, eine zusätzliche App sei nicht notwendig.

Holger Hättich von ZF Aftersales verwies auf die fortgeschrittene Telematikanwendungen aus dem Nutzfahrzeugbereich, die über die jüngst erworbene ZF-Marke Wabco bereits im Angebot seien: "Letztlich war es der hohe Kostendruck der Flottenkunden auf die OEM, der dazu geführt hat, dass es herstellerübergreifende Telematiklösungen gibt, mit denen man auch Mischflotten managen kann. Das sollte auch bei Pkw-Flotten möglich sein."

Weitere Aspekte der Podiumsdiskussion waren mögliche Business-Cases für Telematikanwendungen für die Werkstatt und der wichtige Bereich des Datenschutzes.

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