Erst vor wenigen Wochen hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die weltweit erste Typgenehmigung für automatisiertes Fahren auf Level 3 erteilt. Diese Funktionen werden auch bei den periodisch technischen Inspektionen geprüft werden müssen. Mit der derzeit im Bau befindlichen Prüfstraße "KÜS Drive" (Dynamic Roadworthiness Inspection for Vehicles) will die Sachverständigenorganisation künftig Hauptuntersuchungen (HU) an Fahrzeugen mit erweiterten Automatisierungsstufen ermöglichen.
"Von Beginn an geht es bei diesem Forschungsprojekt grundsätzlich darum, die Fahrfunktionen moderner Fahrzeuge in Verbindung mit ihren Assistenzsystemen heute und in Zukunft herstellerunabhängig einer Wirkungsprüfung zu unterziehen", erklärt KÜS-Hauptgeschäftsführer Peter Schuler. Dazu wolle man direkte Reaktionen eines Fahrzeugs auf Einwirkungen von außen dynamisch auf einem Prüfstand untersuchen. Eine solche Einwirkung könne etwa ein vorausfahrendes oder entgegenkommendes Fahrzeug sein.
Um flexibel anpassbare, aber dennoch reproduzierbare Prüfabläufe sicherstellen zu können, wird das zu prüfende Fahrzeug in eine virtuelle Realität versetzt. Der KÜS-Prüfingenieur lenkt das Fahrzeug dabei eigenständig angetrieben durch diese simulierte Umgebung. Hierbei werden die Sensoren des Fahrzeugs mit zur Simulation passenden Signalen versorgt. Die bei dieser Prüfungsfahrt provozierten Reaktionen des Fahrzeugs werden im Anschluss beurteilt und gegebenenfalls bemängelt.
Dabei können auf dem Prüfstand Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h gefahren werden, ohne dass das Fahrzeug aufwändig verzurrt und abgesichert werden muss. Die Fahrzeuge bleiben in allen Geschwindigkeitsbereichen lenkbar, sodass auch Systeme, die erst ab einer gewissen Geschwindigkeit aktiv werden wie zum Beispiel adaptive Lichtsysteme, dynamisch geprüft werden können.
Die Technologie des "KÜS Drive" soll darüber hinaus erstmals ermöglichen, auch die bekannten Systeme ABS, ESP und ACC dynamisch auf engstem Raum, verkehrsunabhängig auf Funktionalität und Wirkung im Rahmen einer HU im Fahrversuch zu überprüfen. Durch das modulare Grundkonzept sind die Prüfumfänge in Zukunft beliebig erweiterbar.
Start im nächsten Jahr
Schuler sagte: "Wenn alles nach Plan läuft, werden wir noch im ersten Halbjahr 2022 mit dem Prototyp in Betrieb gehen können. Bis zu einem realen Forschungseinsatz am Kfz wird es, insbesondere durch die vielen coronabedingten Engpässe, aber wohl noch bis Ende 2022 dauern."