Das Fahrverbot hat die grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg am Mittwoch beschlossen. Ein Verbot für jüngere Diesel der Euronorm 5 wollen die Koalitionspartner weiterhin vermeiden. Mögliche Verbote für solche Fahrzeuge sollen von der Wirkung eines Paketes zur Luftreinhaltung für die Landeshauptstadt abhängig gemacht werden, hieß es aus Koalitionskreisen. Stuttgart folgt mit dem Verbot Hamburg, wo bereits Einschränkungen für Dieselwagen auf zwei Streckenabschnitten gelten. Allerdings beziehen sich die Fahrverbote in Stuttgart auf das gesamte Stadtgebiet.
Frist für Anwohner, Ausnahmen für Gewerbetreibende und Einsatzkräfte
Nicht nur das Fahrverbot, sondern auch Ausnahmen haben die Koalitionspartner ausgehandelt. So soll für Anwohner mit älteren Diesel-Autos eine Übergangsfrist bis zum 1. April 2019 gelten. Handwerkern soll Zeit eingeräumt werden, ihre Fuhrparks zu erneuern. Taxen, Reisebusse, Einsatz- und Hilfsfahrzeuge sind vom Verbot ausgenommen, ebenso Arbeitsmaschinen, Bundeswehrfahrzeuge, Müllabfuhr und Oldtimer mit entsprechendem Kennzeichen.
Gleichzeitig will die Landesregierung ein Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung beschließen, mit dem der öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und die Elektromobilität unterstützt werden sollen. Demnach sollen die Ticket-Preise im ÖPNV gesenkt und nachhaltige Fahrzeuge wie elektrische Busse und Lastenfahrräder gefördert werden.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat mit Blick auf Fahrverbote für altere Diesel ihre Forderung nach technischen Nachrüstungen an der Abgasreinigung abermals bekräftigt. "Ich sage es seit Wochen voraus: Je länger mit dem Einsatz von Hardware-Nachrüstungen für ältere Diesel gewartet wird, desto wahrscheinlicher werden Fahrverbote", erklärte die SPD-Politikerin am Mittwoch. "Jetzt müssen Diesel-Besitzer die massiven Fehler der Autobranche ausbaden." Ohne solche Nachrüstungen werde das Ziel, die Luft in Städten sauberer zu machen, nicht erreicht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar dieses Jahres entschieden, dass Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Seither stand die Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) unter großem Druck, die hohen Stickoxid-Werte in der Stadt zu senken. Stickoxide sind Gase, die unter anderem die Atemwege und Augen reizen können. Die Umweltgifte entstehen bei vielen Verbrennungsvorgängen, im Straßenverkehr vor allem aus Dieselmotoren.
Innovativer Straßenbelag und Lärmschutzwand sollen helfen
Die CDU-Fraktion hatte mehrere technische Lösungen vorgestellt, die zu einem niedrigeren Stickoxid-Ausstoß in der Stadt beitragen sollen. Dazu gehören ein innovativer Straßenbelag, der die Gase aus der Luft bindet, sowie eine Lärmschutzwand, die sowohl Stickoxide als auch Feinstaube aus der Luft abbauen soll. Solche Maßnahmen sind vor allem am Neckartor geplant, wo regelmäßig die schlechtesten Luftwerte gemessen werden.
Laut Zahlen, die das Kraftfahrt-Bundesamt (Stand 1. Januar 2018) an das Land übermittelte, sind in der Region Stuttgart, Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis insgesamt 534.573 Dieselautos zugelassen. 34 Prozent davon sind mit Euro-5-Norm unterwegs, das entspricht 183.358 Autos. Hinzu kommen noch 188.163 Dieselwagen, die mit den Euronormen 1 bis 4 registriert sind. Das entspricht einem Anteil von 35 Prozent aller Dieselautos. (dpa)
Fabio Carlos
MB
Manfred Wiehe