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SCR-Katalysator: Euro 6 zum Nachrüsten

19.09.2017 14:00 Uhr
SCR-Technologie
Mit dem BNOx-System lassen sich auch ältere Dieselfahrzeuge nachrüsten.
© Foto: Twintec

In Zeiten drohender Fahrverbote sind viele Dieselfahrer verunsichert. Twintec-Baumot bietet mit dem BNOx-System eine Möglichkeit an, auch ältere Dieselfahrzeuge mit SCR-Katalysator nachzurüsten.

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Von asp-Redakteur Alexander Junk

Angesichts drohender Fahrverbote in einigen Metropolen diskutieren Experten über eine Hardware-Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge. Fest steht, dass sich mit Optimierungen im Verbrennungsprozess und der Abgasnachbehandlung auch ein Diesel der Euro-5-Norm auf das Abgas-Niveau eines Euro-6-Selbstzünders bringen lässt. Dafür gibt es momentan zwei Alternativen: eine Lösung per Software und die Nachrüstung eines zusätzlichen SCR-Katalysators (Selective Catalytic Reduction), der auch bereits in vielen Euro-6-Fahrzeugen zum Einsatz kommt. Das Software-Update ist einfach und günstig umzusetzen - auch deshalb gehört es zu dem auf dem Dieselgipfel Anfang August beschlossenen Maßnahmenpaket. Jedoch sind laut fachlicher Meinung nur SCR-Katalysatoren in der Lage, Stickoxide (NOx) wirksam unter allen Bedingungen zu reduzieren. Dabei wird eine Harnstofflösung (Vorstufe zu Ammoniak) dem Abgas beigemischt, die Stickoxide in Wasser und Stickstoff umwandelt. Das Verfahren setzt einen zusätzlichen Tank mit Harnstofflösung ("Adblue") voraus, der im Fahrzeug untergebracht wird und regelmäßig nachgetankt werden muss.

Nachrüstung für 1.500 Euro

Twintec-Baumot als Spezialist für Abgas-Nachbehandlungen hat mit BNOx einen SCR-Katalysator als Prototypen vorgestellt, der sich in Euro-5-Fahrzeugen nachrüsten lässt. Ursprünglich war das System für den Einsatz in großen Motoren von Bussen, Lkw und Land- sowie Baumaschinen entwickelt worden, wurde dann jedoch auch für Pkw realisiert. Euro-5-Fahrzeuge könnten dadurch die Stickoxid-Grenzwerte eines Euro-6-Fahrzeuges erreichen und es ließen sich Fahrverbote in den Städten entgehen.

Die Kosten des Systems belaufen sich laut Hersteller auf rund 1.500 Euro zuzüglich Einbau, was sich bei einem relativ neuen Euro-5-Dieselfahrzeug lohnt. Der Einbau würde rund einen halben Tag in Anspruch nehmen und den ausführenden Werkstätten angesichts der Zahl von Euro-5-Fahrzeugen volle Auftragsbücher bescheren. Die Funktionsweise des BNOx-Systems ähnelt der von herkömmlichen SCR-Katalysatoren: Die wässrige Harnstofflösung wird dem Adblue-Tank entnommen und über ein Dosiersystem in den BNOx-Generator (Ammoniak-Generator) eingesprüht, in welchem die Aufbereitung zu Ammoniak stattfindet. Das erzeugte Ammoniak wird über den Mischer in das Abgasnachbehandlungssystem eingeleitet und sorgt dort für die selektive katalytische Reduktion.

Für die Aufbereitung steht dem Generator Energie aus dem Abgasteilmassenstrom zur Verfügung, welcher aus dem Abgaskrümmer vor dem Turbolader entnommen und passiv über eine Blende gesteuert wird. Zusätzlich ist der Generator mit einem Heizkatalysator ausgestattet, der bei tiefen Temperaturen auf elektrische Energie zurückgreift. Die erforderliche Heizleistung und die Ammoniak-Dosiermenge wird über das Abgassteuergerät (ACU) aus den Betriebsdaten und der Systemsensorik aus Temperatur- und NOx-Sensoren ermittelt. Da das Ammoniak beim BNOx-System im Gegensatz zu herkömmlichen SCR-Systemen direkt in den Abgasstrom eindosiert wird, ergeben sich laut Twintec mehrere Vorteile: Das System funktioniert bereits ab einer Abgastemperatur von 150 Grad Celsius, was gerade beim Kaltstart wichtig ist, da die katalytische Reduktion dann noch nicht funktioniert und das System möglichst schnell auf Temperatur gebracht werden muss. Es ist bereits in rund 100 Sekunden nach Kaltstart einsatzbereit. Eine NOx-Minderung soll zudem in fast allen Betriebspunkten funktionieren, insbesondere bei tiefen Abgastemperaturen. Durch die hohe Mischungseffizienz und gleichmäßige Verteilung des Ammoniaks im Abgassystem soll zudem eine bessere Performance geliefert werden. Darüber hinaus verhindert das BNOx-System Ablagerungen von Adblue im Abgassystem. Durch die geringe Größe des Systems soll es zudem möglich sein, das System in einer Vielzahl von Fahrzeugen installieren zu können.

Zweifel an der Machbarkeit

Twintec-Baumot hat die Wirksamkeit von BNOx an einem VW Passat mit 1,6-Liter-TDI-Motor demonstriert: Das Unternehmen spricht von einer NOx-Reduzierung von durchschnittlich 93 Prozent unter Realbedingungen. Dabei soll der Euro-5-Motor sogar bessere Emissionswerte als der serienmäßige Euro-6-Motor liefern. Der ADAC hat das in einem Test im realen Betrieb auf der Straße (Real Driving Emissions) ebenfalls bestätigt: In allen Testzyklen konnte das BNOx-System die Stickoxid-Emissionen weit unter den Euro-6-Grenzwert von 0,08 Gramm NOx pro Kilometer reduzieren. Allerdings hatte der Einbau des Nachrüstsatzes auch unerwünschte Folgen: Strom und Kraftstoffverbrauch des Testfahrzeuges stiegen um rund fünf Prozent. Zudem wird der Adblue-Bedarf für das System von den Testern je nach Fahrweise mit 1,5 bis drei Litern je 1.000 Kilometer angegeben, was einen entsprechend großen Zusatztank nötig macht. Aufgrund der fehlenden Serienreife des Systems können vom Automobilclub auch keine Aussagen zur Dauerhaltbarkeit, Systemeinbindung und Betriebssicherheit gemacht werden.

Die Autohersteller betonen gerne, dass eine Nachrüstung des Systems nicht nur mit hohen Kosten verbunden sei, sondern sich nur sehr schwierig umsetzen lasse. "Eine komplette Nachrüstung von Euro 5 auf Euro 6 wäre sehr komplex und würde umfangreiche und tiefe Eingriffe in die Motorsteuerung und Abgasanlage erfordern", sagt beispielsweise der Verband der Automobilindustrie (VDA). Gerade der Einbau in kleine Fahrzeuge sei aufgrund des geringen Bauraums kaum möglich. Daimler vertritt die Auffassung, dass eine Umrüstung in "technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht sinnvoll" sei. Auch für Audi ist die Nachrüstung aufgrund des technischen Aufwands "keine Option". Porsche sieht die Umrüstung vom baulichen Aufwand her nicht praktikabel. Einzig BMW schlägt vor, Nachrüstlösungen im Einzelfall zu prüfen. Wie es dann mit Garantieleistungen aussieht, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

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KOMMENTARE


Klaus Nagel

19.09.2017 - 22:06 Uhr

Die Hardwarenachrüstung ist den Herstellern, die für den Wertverlust so vieler Dieselfahrzeuge zusammen mit der wegschauenden Politik verantwortlich sind, wohl zu teuer. Wie sagte der Vostandsvorsitzende Müller von VW: nach vorne schauen, nicht rückwärts. Wie arrogant, die Geschädigten im Regen stehen zu lassen und keine vernünftigen Lösungen anzubieten. Die Stellungnahmen der Autoindustrie, warum eine Hardwarnachrüstung angeblich nicht möglich sei, klingen arrogant und viel zu allgemein. Da sollen sie sich doch mal mit der Twintec-Lösung qualifiziert auseinandersetzen. Das erwarte ich auch von der Politik, technischen Sachverstand kann man sich verschaffen (lassen). Die Politik sollen sich gefälligst nicht schon wieder ( oder immer weiter) abspeisen lassen, das erwarten Millionen Diesel-Fahrer, die auch Wähler sind, wenngleich sie auch ohne Wahlen die Autoindustrie und die Politik durchaus in die Verantwortung nehmen dürfen. Ich bin selbst betroffen und "stinksauer".


Joachim Küster

20.09.2017 - 13:41 Uhr

... Nachrüstung aufgrund des technischen Aufwands "keine Option" - das könnte nur eine "Meinung" sein und keine Faktenbasis. Besser wäre die betroffenen Fahrzeuge exemplarisch Twintec-Baumot gemäß nachzurüsten, inkl. die Umrüstung nachvollziehbar (wissenschaftlich) dokumentieren! Dann könnte eine neue Faktenlage eintreten. In diesem Fall wären Steuergelder als Subvention für Twintec-Baumot sinnvoll verwendet (IAA: ein franz. Lieferant bietet ja auch schon eine Lösung an!). Übrigens "Meinungen von Fakten zu trennen" ist eine tägliche Herausforderung, um sich nicht von sog. Autoritäten und anderen blenden zu lassen.


Kikenberg Ulrich

20.09.2017 - 17:57 Uhr

Der Mann spricht mir aus der Seele .


Uwe

21.09.2017 - 09:38 Uhr

Ich kann diese Gejammer von selbsternannten "Opfern" und "Geschädigten" nicht mehr hören. Wer sein Haus, Hab und und Gut bei den Wirbelstürmen in der Karibik verloren hat, der ist wirklich ein Opfer. Bin selber Fahrer eines der so verschmähten Fahrzeugen mit Dieseltechnologie. Aber ungeachtet der öffentlichen Diskussion leistet mein Fahrzeug immer noch hervorragende Arbeit und bringt mich sicher und kostengünstig von A nach B. Solange es noch keine konkreten Fahrverbote gibt, die mich daran hindern bin ich auch nicht "geschädigt" worden. Lasst doch mal die Kirche im Dorf und beschwert Euch erst dann, wenn es tasächlich einen konkrete Fakten gibt.


herbert oppe

26.02.2018 - 20:08 Uhr

Hallo Klaus Nagel, ich bin genau wie du auch betroffen. Dein Beitrag hätte auchvon mir sein können. Es sollten sich mehr Betroffene bekennen. Weiter so !!!


Detlef Rüdel

27.02.2018 - 07:54 Uhr

@Uwe, genau dass ist es, was genau falsch ist: "solange ich vom Fahrverbot nicht betroffen bin ist alles gut" dieses wegducken, und nichts sagen, ist genau dass was wir nicht tun sollten. Vielleicht denken Sie einfach mal Stück weiter, als nur bis zur Tapete. Aber vielleicht behaupten Sie ja auch, was geht mich der Klimawandel an?! Gibt es denn überhaupt? Wird das durch Fakten überhaupt belegt? Wir alle haben es in der Hand, wie wir weiter in unserer Welt leben wollen. Die Zeit des wegsehen, ist definitiv vorbei...


Detlef Rüdel

27.02.2018 - 15:04 Uhr

Die Bundesregierung lässt wie die Landesregierungen und die Kom- munen die Menschen im Dieselabgasdunst allein. Von der DUH seit 2007 erwirkte Gerichtsentscheidungen werden genauso ignoriert wie ein 2015 eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren der EU- Kommission gegen Deutschland. Wir erleben, wie die Autokonzerne durchregieren und die Autokanzlerin Angela Merkel durch die Chefs von Daimler, BMW und VW ferngesteuert wird. Die Diesel-Konzerne haben neun Millionen betrügerische Fahrzeuge verkauft und werden weder mit einer Strafe belegt noch zwingt man sie, die Abgas- reinigung so nachzubessern, dass die Grenzwerte auf der Straße eingehalten werden. VW, Daimler & Co, haben eingestanden, seit 20 Jahren ein Kartell gebildet zu haben um Abgasvorschriften zu unterlaufen. Und was macht die Bundesregierung? Sie schweigt zum größten Industrieskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Diesel-Abgasbetrug offenbart das organisierte Staatsversagen. Ein weiter so, kann und darf es nicht mehr geben.


Georg Lenser

23.01.2019 - 12:17 Uhr

Ich werde meine Stimme zur Europawahl unter anderm davon abhängig machen wie sich die Parteien zum Abgasskandal verhalten. Natürlich auch wie sich Brüssel dazu stellt. Hier gibt es endlich mal die Möglichkeit für die Bürger unserem obersten Automobil-Lobyisten Scheuer zu signalisieren, dass wir Euro 5 Autokäufer uns von der Regierung nicht alles gefallen lassen.


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