Lange vor Corona hat das Service-Partner-Netzwerk bereits die Konsolidierung ihrer rund 1.000 Werkstätten eingeläutet. Für die neue SPN-Alleingeschäftsführerin Dimitra Theocharidou-Sohns ist dies ein wesentlicher Grund, warum das Netz vergleichsweise gut durch die Pandemie und auch das schwierige Jahr 2022 kam. Ein aktuelles Exklusiv-Interview mit AUTOHAUS zu den aktuellen Herausforderungen, die von den Betrieben des Partnernetzes gemeistert werden müssen:
AH: Frau Theocharidou-Sohns, Sie sind jetzt seit 1. Mai dieses Jahres neue und alleinige Geschäftsführerin der Service Partner Netzwerk GmbH, kurz SPN. Sie haben damit das Werkstätten-Netz in einer herausfordernden Zeit übernommen, die noch immer unter den Eindrücken der Corona-Pandemie steht und mit allen neuen Herausforderungen zurechtkommen muss, die sich aus den Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine geopolitisch, aber auch ganz speziell für K&L Handwerksbetriebe ergeben haben. Wie ist denn generell die Stimmung bei Ihren SPN-Partnerbetrieben?
D. Theocharidou-Sohns: Die gesamte Branche, ob Partnerbetriebe, Auftraggeber oder Dienstleister – alle sind von heute auf morgen mit Veränderungen konfrontiert worden. Erforderlich waren und sind außerordentlich kurzfristige Entscheidungen ebenso wie eine hohe Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Situation. Aus meiner Sicht keine einfache Aufgabe inmitten dieses gewaltigen Prozesses der Neuorientierung von Denken und globalem Handeln.
In den bisher geführten informativen und konstruktiven Gesprächen mit unseren Service Partnern habe ich sehr oft die Aussage bekommen: "Um unsere Unternehmensziele zu erreichen, gilt es heute mehr denn je, gemeinsam kooperativer und zielgerichteter an den Kundenbedürfnissen zu arbeiten." Die Stimmung, welche ich wahrnehme, ist zukunftsorientiert – mit gleichzeitigem Mut zu Perspektiven und unternehmerischen Visionen. Nahezu alle Partnerbetriebe tragen in diesem Zusammenhang Sorge und sind sich bewusst über die bevorstehenden Veränderungen und dazu notwendigen Investitionen.
Unsere Partnerbetriebe und ihre Mitarbeiter haben mit ihrem Know-how und Engagement in der Vergangenheit die erfolgreiche Unternehmensentwicklung der SPN Service Partner Netzwerk GmbH mitgeprägt. Und mit dieser Haltung und Denkweise werden sie auch in Zukunft maßgeblich daran beteiligt sein.
Neuausrichtung von Arbeitsabläufen
AH: Schleppender Ersatzteil-Nachschub, häufig auch ein erschwerter Zugang zu neuen Werkstatt-Ersatzwagen für Unfallkunden, geradezu explodierende Energiekosten kennzeichnen auch den Alltag von markengebundenen und freien Werkstätten nachhaltig. Wie gehen Ihre Betriebe damit um?
D. Theocharidou-Sohns: Jeder einzelne Partnerbetrieb ist mit der stagnierenden Liefersituation im Ersatzteilbereich, den explodierenden Energiekosten und dem Führungskräftemangel persönlich stark gefordert, die eigenen Unternehmensabläufe neu auszurichten und sich den veränderten Bedingungen entsprechend anzupassen. Wir verschlanken gemeinsam weiterhin die Arbeitsabläufe mit dem Ziel, nachhaltig die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Daraus resultieren die unterschiedlichen Maßnahmen. Ein Beispiel dafür ist die seit einigen Monaten angebotene Unterstützung bei den gestiegenen Unfallersatzwagenkosten im Kaskoschadensfall.
AH: Was sind die größten Sorgen, die an Sie aus dem Netz herangetragen werden? Und wie können Sie Abhilfe schaffen? Haben Sie dafür so etwas wie ein "Patent-Rezept" in der Schublade?
D. Theocharidou-Sohns: Aufgrund des Fachkräftemangels liegt eine hohe Priorität in den Servicebetrieben, gute Mitarbeiter zu halten. Dies bedeutet auch höhere Personalkosten. Zusätzliche Preiserhöhungen im Ersatzteilbereich, steigende Energiekosten und notwendige Investitionskosten – wie z.B. in Digitalisierungen, technische Ausstattungen und ansteigende gesetzliche Auflagen – sind keine einfachen Aufgaben für die Verantwortlichen in den Unternehmen. Die heterogenen Betriebstypen und Gebietsstrukturen in den ländlichen Gebieten bzw. Ballungszentren lassen verständlicherweise kein "Patent-Rezept" zu, das wir für alle Betriebe in unserem Service Partner Netz anwenden könnten.
Von daher kann es auch keine "einheitliche" Lösung geben. Es gilt vielmehr, in den kommenden Wochen kritische Themen schnell aus verschiedenen Perspektiven ganzheitlich zu betrachten, präzise zu analysieren und individuell zu bewerten.
"Unser Netz wächst weiter"
AH: Auch Insolvenzen und aufgekündigte Verträge kennzeichnen die aktuelle Branchensituation. Wie steht es damit im SPN-Netz? Machen sich noch Nachwirkungen der Pandemie negativ bemerkbar oder haben Ihre Betriebe da bereits wieder einen eher optimistischeren Blick?
D. Theocharidou-Sohns: Die Konsolidierung der Werkstätten ist in vollem Gange und hat längst vor der Pandemie begonnen. Wir können mit ca. 1.000 Partnerbetrieben beständig das Netz weiter entwickeln. Jedem einzelnen von ihnen danke ich von dieser Stelle aus auch ganz persönlich, denn erst durch die Verlässlichkeit und Qualität aller Partner – sozusagen als Fundament des Netzes – kann dieses auch tatsächlich weiter wachsen.
Gerade bei kleineren, mittelständisch geprägten Partnerstandorten kommt es zu veränderten Betriebsstrukturen, um den Anforderungen und dem Umgang mit den neuen Rahmenbedingungen gerecht werden zu können. Schwierig ist dabei oftmals der zusätzliche Generationswechsel. Der steht jetzt vor allem bei den Babyboomer-Jahrgängen an, wo also die Unternehmer das 60. Lebensjahr erreicht bzw. überschritten haben. Da ist es nur allzu verständlich, dass der Betrieb an Nachfolger aus der Familie oder der eigenen Belegschaft übergeben wird. Der gemeinsamen Aufgabe, Betriebe up to date, also zukunftsfit zu erhalten, sind wir uns bewusst und daher auch im ständigen Austausch mit diesen Partnerbetrieben.
AH: Wie steht es denn generell um die Auslastung Ihrer Betriebe mit Reparaturaufträgen – auch im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit?
D. Theocharidou-Sohns: Trotz der mannigfaltigen Herausforderungen haben wir in unserem SPN Netz in diesem Jahr mehr als 85.000 Schadensfälle erfolgreich abgewickelt. Seit 2021 steigt unser Auftragsvolumen wieder kontinuierlich. Wir beobachten allerdings auch in unserem Netz einen Anstieg von temporären Werkstattdeaktivierungen. Das heißt, dass sich Betriebe vorübergehend aufgrund von Kapazitätsengpässen für die Annahme weiterer Aufträge abmelden. Ob die Gründe dafür "nur" in einer generell sehr guten Werkstatt-Auslastung liegen oder auch auf einen Fachkräftemangel zurückzuführen sind, analysieren wir zurzeit in individuellen Abstimmungsgesprächen mit unseren Service-Partner-Standorten.
Positiver Blick in die Zukunft
AH: Und zum Abschluss einmal Hand aufs Herz, auch wenn dies vielleicht angesichts der allgemeinen Lage nicht ganz einfach ist: Wie beurteilen Sie für die SPN und Ihre Betriebe die Entwicklung der nächsten ein bis zwei Jahre?
D. Theocharidou-Sohns: Veränderung. Verbesserung. Weiterentwicklung. Das Service Partner Netzwerk steht ohne Frage vor einer positiven Entwicklung. Die gemeinsamen Leistungen innerhalb unseres Netzes bilden eine verlässliche Basis für die Zukunft, um partnerschaftlich den eingeschlagenen Weg weiter zu gestalten.
Mit die größte Bedeutung kommt künftig der Verschlankung von Prozessen zu, um eine schnelle und effiziente digitale Vernetzung unterschiedlicher Systemwelten wirksam umzusetzen. Dabei ist das nachhaltige und gezielte Zusammenführen von Digitalisierung und Partnernetz-Entwicklung ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Organisation. Mit dem Ziel, den Markt gemeinsam zu gestalten, gehen wir als Service Partner Netzwerk die zukünftigen Herausforderungen aus einer starken Position heraus an.
AH: Vielen Dank, Frau Theocharidou-Sohns, für dieses Gespräch.