Im gegenständlichen Fall hatte der Kläger keine Vorfahrt und fuhr aus seiner Straße auf eine Kreuzung zu. Dort bog er nach rechts auf die Vorfahrtsstraße, obwohl er den Kreuzungsbereich nicht ausreichend überblicken konnte. Der Beklagte kam ihm entgegen und wollte auf der Vorfahrtsstraße nach links abbiegen. Dabei wählte er den Kurvenradius zu eng, so dass er über den gedachten mittleren Grenzstreifen in den Kreuzungsbereich fuhr und die Kurve "schnitt". Deshalb kam es zum Unfall.
Das Landgericht entschied, dass der Beklagte zu 60 Prozent und der Kläger zu 40 Prozent für den Unfall haften. Der Beklagte habe durch das "Schneiden der Kurve" eine erhebliche Gefahr geschaffen. Das Gericht warf hingegen dem Kläger vor, in die Kreuzung gefahren zu sein, obwohl er den Beklagten nicht habe sehen können.
Rechtsprechung: Wer die Kurve schneidet, haftet trotz Vorfahrt
Wer Vorfahrt hat und beim Linksabbiegen die Kurve schneidet, muss bei einem Crash mit 60 Prozent überwiegend haften. Den Unfallgegner treffen noch 40 Prozent der Schuld. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts München II vom 20. Januar 2023 (AZ: 11 O 2351/21).