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Unfallforschung: Falschfahrten auf Autobahnen passieren oft mit Absicht

29.08.2023 12:59 Uhr | Lesezeit: 4 min
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Die Folgen von Autobahn-Crashs mit Geisterfahrern sind meist verheerend, wie die Unfallforschung der deutschen Versicherer vergangene Woche aufzeigte.
© Foto: Harald Almo­nat/UDV

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat herausgefunden, dass viele Verkehrsteilnehmer ganz bewußt zu Geisterfahrern auf Autobahnen werden. Über die Ursachen und Hintergründe informierte UDV-Chef Siegfried Brockmann vergangene Woche in Münster unter hoher medialer Beteiligung.

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Über 40 Prozent aller Unfälle infolge von Falschfahrten auf Autobahnen werden von Menschen jenseits des 75. Lebensjahrs begangen. Das ist ein wesentliches Ergebnis eines Forschungsprojekts, das die Unfallforschung der Versicherer am 23. August 2023 in Münster vorstellte. Dass es sich dabei weit überwiegend um Männer handelte, liegt vermutlich eher daran, dass in dieser Altersgruppe überwiegend Männer noch Auto fahren. Demenz oder Verwirrtheit waren in dieser Altersgruppe das herausragende Problem.

Suizid-Absicht und Demenz vor Alkohol-Einfluß

Besonders erschreckend: In vielen Fällen wurde die Falschfahrt bewusst begonnen, dabei wurde in rund einem Drittel der Fälle im fließenden Verkehr gewendet. Während bei Senioren die Verwirrtheit eine Rolle spielt, waren bei den jungen Verursachern eine suizidale Absicht und eine Flucht vor der Polizei häufig.

Alkohol spielt mit knapp einem Fünftel der Fälle ebenfalls eine Rolle, zumindest als Begleitumstand, allerdings beinahe ausschließlich bei Personen unterhalb des 65. Lebensjahres. Interessant auch, dass die falsch zurückgelegte Wegstrecke weit überwiegend auf der (in korrekter Richtung) linken Spur lag und dementsprechend dort auch die meisten Unfälle stattfanden.

Stopp-Hände alleine reichen nicht

"Die Ergebnisse sind erschreckend und zeigen, dass wir bisher unsere Hoffnungen auf Maßnahmen gesetzt haben, die nur begrenzt Wirkung entfalten können", so UDV-Chef Siegfried Brockmann. Eine Verbesserung der Linienführung und "Stopp-Hände" nach österreichischem Vorbild an Autobahn-Anschlussstellen könnten nur wirken, wenn die Tat unbewusst geschieht und keine Demenz oder Verwirrtheit die Wirkung minimieren. Automatisch ausfahrende Krallen an Anschlussstellen können nur an Ausfahrten Einfluss nehmen, sind aber dazu noch sehr teuer und würden auch Rettungs- und Einsatzwagen stoppen.

Notbremsfunktion und Car2X als Ausweg

Längerfristig könnten Neuwagen mit einer Notbremsfunktion ausgerüstet werden, die via Verkehrszeichenerkennung und GPS die beginnende Falschfahrt frühzeitig erkennt und das Fahrzeug stoppt.

Kurz- und mittelfristig sollte nach Ansicht der UDV auf optimierte Information via Verkehrsfunk, Verkehrsbeeinflussungsanlagen und vor allem App-Lösungen im Fahrzeug oder Smartphone gesetzt werden. Da angesichts der festgestellten Hergänge der Einfluss auf die Verursacher ohnehin gering sein dürfte, liege hier der Schwerpunkt auf der Information der übrigen Verkehrsteilnehmenden.

Tempo-Reduktion und Warnblicklicht

Zu diskutieren wäre dann jedoch noch die Verhaltensempfehlung. Laut Brockmann sei zwar die bisherige Empfehlung richtig, äußerst rechts zu fahren und nicht zu überholen, jedoch sollte diese um die Empfehlung ergänzt werden, nicht schneller als 80 km/h zu fahren und das Warnblinklicht einzuschalten. Voraussetzung ist eine örtlich verlässliche und zeitnahe Information über die Falschfahrt.

Anhalten zur Energie-Neutralisation

Menschen, die versehentlich in falscher Richtung auf die Autobahn auffahren und ihren Fehler frühzeitig bemerken, empfiehlt Brockmann, möglichst auf dem Standstreifen stehenzubleiben, das Warnblinklicht einzuschalten und Hilfe zu rufen. Dann hätten sie wenigstens keine eigene Bewegungsenergie und seien nicht gefährlicher als Pannenfahrzeuge. (kaf/wkp)

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