Am Anfang stand der Signalisationsstreit. Als der Bundesverband der Partnerwerkstätten sich damals dafür einsetzte, das drohende Durcheinander der Außenauftritte für die Reparaturbetriebe zu verhindern, entstand ein Konzept, das längst mehr ist, als "die neutrale Leistungsmarke" für Endkunden und FLI-Auftraggeber. Ganz dem Namen "mein optimales Reparatur Erlebnis" (m.o.r.e.) verpflichtet, verstehen sich eigenständige K&L-Unternehmer als Teil eines Netzwerkes, das höchsten Qualitätsstandards entspricht und professionelles Schadenmanagement aus Leidenschaft betreibt.
Michael Pinto, Geschäftsführer des BVdP, vergleicht die m.o.r.e.-Werkstätten im Interview mit Restaurants, die vom Guide Michelin mit Sternen geadelt wurden: "Ihr Handwerk verstehen die Instandsetzungsbetriebe ohnehin. Wer sich der m.o.r.e.-Familie anschließt, unterscheidet sich aber durch besondere Leistungen in Reparaturqualität, Servicegedanken und Prozessorganisation ebenso wie in seinem zukunftsorientierten Mindset." Wie man Autofahrer und Großkunden aus der Versicherungswirtschaft, Flotten oder Leasingunternehmen mit auf "die perfekte Schadenmanagementreise" nehmen will, erläutert Michael Pinto im Interview mit AH Schadenmanager.
Betrieb ist das Gesicht des Kundenservice
AH: Herr Pinto, oft ist in der Unfallschadenabwicklung von der customer journey die Rede, Sie sprechen dagegen von der Schadenmanagement-Reise. Was verstehen Sie darunter?
M. Pinto: Um ein bestmögliches Reparaturerlebnis zu gewährleisten, müssen alle Zahnräder perfekt ineinandergreifen. Deswegen wäre es zu kurz gedacht, den Prozess nur aus Sicht des gemeinsamen Kunden von Werkstatt und Versicherung auszugestalten. Der Betrieb leiht dem Großauftraggeber sein Gesicht und erfüllt ein Leistungsversprechen, das nur alle paar Jahre in die Tat umgesetzt werden kann. Deswegen ist im Schadenmanagement mehr gefragt als nur eine freundliche Ansprache.
Vom ersten Kontakt bis zur Regulierung des Schadens muss Kundenorientierung gelebt werden, denn der erste Eindruck ist oft entscheidend für das, was dann folgt. m.o.r.e. betrachtet dabei die Berührungspunkte in der Kundenkommunikation möglichst komplett. Ob Online-Präsenzen, freundliche Kundenansprache, das Lächeln durchs Telefon, all diese Dinge sollen dem Kunden vom ersten Moment ein gutes Gefühl vermitteln bzw. eine Leistung versprechen, die die Werkstatt dann auf der Schadenmanagement-Reise umsetzt. Wenn das gegeben ist, wissen auch die Sachbearbeiter, dass sie den gemeinsamen Kunden bedenkenlos in die Werkstatt steuern können. Zudem sorgt die Prozesssicherheit und einwandfreie Dokumentation für eine geräuschlose Auftragsabwicklung.
Gerade in der bevorstehenden Wechselsaison ist es der Service des K&L-Betriebes, der den Autofahrer gar nicht darüber nachdenken lässt, bei den einschlägigen Portalen nach einer anderen Kfz-Versicherung zu suchen. In dieser Gewissheit sollten die Betriebe auch auf Augenhöhe mit den Assekuranzen diskutieren und sich selbstbewusst zeigen.
Produktiver Austausch im Kollegenkreis
AH: Es geht also um Kundenorientierung und den Servicegedanken, ist dafür jede Werkstatt geeignet?
M. Pinto: Wenn die Betriebe die Anforderungskriterien erfüllen, dann ja. M.o.r.e.-Betriebe müssen keine glänzenden Glaspaläste sein! Man kann auch eine Reparaturwerkstatt mit langer Tradition fortlaufend weiterentwickeln. Dafür haben wir drei erfahrene Werkstattberater im Feld, die mit geschultem Blick auf jedes Detail achten und die Unternehmer auch auf Kleinigkeiten hinweisen. Ein weiteres wichtiges Instrument in Sachen m.o.r.e. sind die Best Practice-Zirkel des BVdP. Dort sind jeweils zehn Betriebsinhaber, deren Werkstätten ein ähnliches Profil aufweisen und die so weit auseinanderliegen, um nicht in direkter Konkurrenz zu stehen, organisiert.
Moderiert von bekannten Coaches aus der Branche treffen sich die Unternehmer abwechselnd vor Ort bei ihren Kollegen, um sich Anregungen zu holen und auszutauschen. Jeder Tag steht unter einem Motto, wie Mitarbeiterbindung, Kundenzufriedenheit oder Prozessoptimierung, und dort bringen sich die Inhaber gegenseitig auf neue Ideen und das höchste Niveau. Im Gegensatz zu den anderen BVdP-Mitgliedern ist die Teilnahme für m.o.r.e.-Partner verpflichtend und im Rahmen der Zirkel sind echte Freundschaften entstanden, wo man sich auch bei neuen Projekten gegenseitig unterstützt. Zudem bleiben die Unternehmer bei Zukunftsthemen wie Elektromobilität oder Digitalisierung auf dem neuesten Stand, wovon wir als Netzwerk profitieren. Um m.o.r.e.-Partner aus Überzeugung zu werden, braucht es schon eine innere Bereitschaft und die richtige Unternehmensphilosophie. Diese ist im Endeffekt deutlich wichtiger als Leitfäden in Sachen Werkstattausrüstung, Reklamationsbewältigung, Prozesssicherheit, Mitarbeiterfindung oder Schadendokumentation. Die gibt es natürlich auch bei uns, aber wichtig ist es, m.o.r.e. ganz individuell mit Leben zu erfüllen.
m.o.r.e. tut mehr: Umfassende Betreuung
AH: Aktuell sind rund 220 Betriebe unter der m.o.r.e.-Fahne versammelt. Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
M. Pinto: Natürlich wäre es großartig, bundesweit ein komplett flächendeckendes Netzwerk mit 500 Werkstätten zu haben. Uns geht es allerdings um Qualität statt Quantität und deswegen ist mir ein organisches Wachstum deutlich lieber als ständige Fluktuation. Unsere Ansprüche sind hoch und dennoch haben sich in den letzten Monaten weitere Betriebe für m.o.r.e. qualifiziert, die unsere Vision vom optimalen Reparaturerlebnis mit Leben erfüllen möchten.
Dazu gehört auch eine fortlaufende Beratung durch unsere Werkstattbetreuer, die keine Momentaufnahmen liefern, sondern die Betriebe durch den kompletten Prozess begleiten – möglichst zwei Mal im Jahr. Über eine virtuelle Assistenz unterstützen wir zudem beim Einstieg in Sachen Social Media, so dass die Unternehmer in die Lage kommen, ihre regionale und überregionale Bekanntheit gezielt zu steigern. Dazu gehört auch eine deutlich verbesserte Website mit Werkstattsuche nach definierten Leistungskriterien.
Mit m.o.r.e greifen wir die Zukunftsthemen, die uns aus den täglichen Feedbackgesprächen zurückgespielt werden, wie Digitalisierung, Herstellerdiagnose oder auch Elektromobilität auf, um m.o.r.e. als Netzwerk weiterzuentwickeln. Immerhin sind es die unter dieser Leistungsmarke versammelten Unternehmerpersönlichkeiten, die die Transformation der Branche künftig vorantreiben werden.
AH: Welche Schwerpunkte sind bei diesem Wandel aus Ihrer Sicht notwendig?
M. Pinto: Es braucht Zukunftsorientierung, den Willen, den Wandel aktiv und erfolgreich mitzugestalten sowie einen wachen Geist. Unsere Branche steht vor der wahrscheinlich spannendsten Zeit ihrer Geschichte. Um diese gemeinsam erfolgreich zu gestalten, müssen die Unternehmer vor allem ihre Mitarbeiter als wichtigste Ressource begreifen. Natürlich müssen wir uns dem Megatrend Digitalisierung stellen, doch im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz und Chatbots geht es mehr als je zuvor um den persönlichen Kontakt. Bei allem Transformationsdruck und den Diskussionen um neue Software muss, wer auch zukünftig erfolgreich sein will, das eigene Team auf diese Reise mitnehmen.
Unser Ziel ist es, das Negativerlebnis Verkehrsunfall in eine positive Serviceerfahrung umzugestalten. Dies klappt nur über den Faktor Mensch. Ergreifen wir also die Möglichkeiten der modernen Technik, um die gesparte Zeit für ein Mehr an Kundenservice und Qualität im besten traditionellen Sinn zu nutzen.
AH: Herr Pinto, vielen Dank für dieses Gespräch. (kt/se)