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DEKRA zur Alters-Mobilität: Erhöhtes Unfallrisiko bei Senioren

31.05.2021 04:55 Uhr | Lesezeit: 3 min
DEKRA zur Alters-Mobilität: Erhöhtes Unfallrisiko bei Senioren
DEKRA Vorstandschef Stefan Kölbl (r.) und Jann Fehlauer, Geschäftsführer DEKRA Automobil GmbH, bei der Vorstellung des Verkehrssicherheitsreports 2021 "Mobilität im Alter".
© Foto: DEKRA

Rund 30 Prozent aller Verkehrstoten in der EU zählten in den letzten Jahren zur Altersgruppe 65+, unter den Fußgängern und Radfahrern machten Senioren sogar etwa die Hälfte aller Getöteten im Straßenverkehr aus. DEKRA widmet sich in seinem neuen "Verkehrssicherheitsreport" gezielt dieser Problematik.

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"Mobilität im Alter" ist der neue Verkehrssicherheitsreport 2021 zentral überschrieben. Das 68-seitige Werk geht inhaltlich ausschließlich auf diese Thematik ein, zeigt die Risiken im Straßenverkehr auf, bringt markante Unfallbeispiele, schildert Präventionsmaßnahmen sowie technische Hilfsmittel und weitere Lösungsansätze, die auch in eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung münden. "Lebenslange sichere Mobilität darf keine Utopie sein", fordert Jan Fehlauer, Geschäftsführer der DEKRA Automobil GmbH, bereits in seinem Editorial.

"Mobilität erhalten und sicherer gestalten"

Ausgangspunkt der im neuen Report behandelten Problematik ist die Tatsache, dass weltweit Senioren immer mobiler werden und "teilweise bis ins hohe Alter auf unterschiedlichste Weise aktiv am Straßenverkehr teilnehmen" – mit dem eigenen Auto, mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Damit verbunden ist laut DEKRA ein im Vergleich zu jüngeren Menschen deutlich erhöhtes Unfallrisiko: "Es muss dringend gehandelt werden, um dieses Risiko zu minimieren und dennoch gleichzeitig die Mobilität älterer Menschen zu erhalten – im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe", fordert Fehlauer. Das gelte erst recht, weil der Anteil der Altersgruppe 65+ an der Gesamtbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten weiter zunehmen werde.

Etwa 30 Prozent der Verkehrstoten EU-weit gehörten in den letzten Jahren zur Altersgruppe 65+. Bei den Fußgängern und Radfahrern waren es laut DEKRA sogar rund 50 Prozent aller Getöteten im Straßenverkehr. Bereits diese wenigen Fakten verdeutlichten "das mitunter lebensgefährliche Dilemma älterer Menschen".

Starke Risiko-Verschiebung von jung zu alt

Das zeige sich vor allem auch, wenn man die Zahlen der im Straßenverkehr getöteten Senioren in Bezug zu jüngeren Altersgruppen setzt: Laut der International Traffic Safety Data and Analysis Group (IRTAD) sank in den von ihr untersuchten Ländern (OECD-Staaten außer Argentinien, Kanada, Kolumbien und Slowenien) von 2010 bis 2018 die Zahl der im Verkehr getöteten 18- bis 24-Jährigen um 25 Prozent, die der 25- bis 64-Jährigen um 6,9 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der bei Unfällen tödlich verletzten über 65-Jährigen dagegen um rund sieben Prozent, die der über 75-Jährigen um 4,7 Prozent. Die Situation könnte sich in Zukunft in einzelnen Weltregionen noch weiter verschärfen, sofern die Prognosen der Vereinten Nationen eintreffen. Demzufolge soll zum Beispiel in Europa und Nordamerika 2050 bereits jeder vierte Einwohner 65 Jahre oder älter sein.

"Angesichts der mit zunehmendem Alter höheren Vulnerabilität, also dem im Vergleich zu jüngeren Menschen höheren Risiko, bei identischen Unfallbelastungen schwerere oder tödliche Verletzungen zu erleiden, besteht die Gefahr, dass sich die Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Altersgruppe 65+ weiter erhöht", gab Jann Fehlauer bei der Vorstellung des DEKRA Verkehrssicherheitsreports 2021 im Rahmen eines Digitalevents in der Konzernzentrale in Stuttgart zu bedenken. Der Report zeigt auf, wo es anzusetzen gilt, um alle sich bietenden Optimierungspotenziale für die weitere Erhöhung der Verkehrssicherheit von Senioren effizient zu nutzen.

Hilfen durch ein Bündel von Maßnahmen

Eine Herausforderung bestehe dabei darin, einen Zielkonflikt zu lösen – nämlich den zwischen dem Erhalt der eigenständigen Mobilität von Senioren bis ins hohe Alter auf der einen Seite und der Minimierung des für sie bestehenden und mitunter auch von ihnen ausgehendenden Risikopotenzials auf der anderen Seite. Wolle man diesem Problemkomplex präventiv entgegenwirken, erscheine die Bündelung verschiedener Lösungsansätze als zielführendster Weg. "Überwachungs-, Beratungs- und Begutachtungsmaßnahmen sind ebenso ein Thema wie Gestaltungslösungen in Sachen Fahrzeugtechnik und Infrastruktur sowie integrative Mobilitätskonzepte", so Fehlauer.

"Faktor Mensch" verstärkt im Fokus

Zur Steigerung der Verkehrssicherheit von Senioren befürworten viele Experten den Einsatz und die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen. Es geht um Systeme, die altersbedingte Defizite ausgleichen und dazu beitragen können, dass ältere Fahrer etwa aufgrund von Fehlverhalten am Steuer seltener in Pkw-Unfälle verwickelt oder gar Hauptverursacher sind. Wie eine von DEKRA beauftragte Befragung zeigt, steht die Altersgruppe 65+ elektronischen Helfern grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber. Zu bedenken sei allerdings, dass eine hohe Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit Assistenzsystemen viel Zeit erfordere. Bei neuen Sicherheitssystemen ist hier ab dem Zeitpunkt der vorgeschriebenen Ausrüstung mit durchschnittlich rund 15 Jahren zu rechnen.

Da auch infrastrukturelle Maßnahmen wie zum Beispiel straßenbauliche Veränderungen von der Planung bis zur Umsetzung häufig einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, muss der Fokus zunächst vor allem auf dem Faktor Mensch liegen, um möglichst schnell positive Resultate im Hinblick auf die Verkehrssicherheit nicht zuletzt von Senioren zu erzielen. "Altersbedingte Einschränkungen mentaler Verarbeitungsressourcen nehmen erheblichen Einfluss auf die Menge der Informationen, die eine Person zu einem Zeitpunkt bewältigen kann", ist Fehlauer überzeugt. Die Bewältigung einer Fahraufgabe erfordere deshalb eine höhere Anstrengung, was rascher zu Fehlbeanspruchungen wie Ermüdung oder psychischem Stress führe. Es erkläre auch die erhöhte Anfälligkeit für Unfallbeteiligungen gerade in komplexen Verkehrssituationen.

Grundsätzlich sei für mehr Verkehrssicherheit von Senioren auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene eine "proaktive Strategie" notwendig, die alle Arten der Fortbewegung umfasse. Erklärtes Ziel, so Fehlauer weiter, müsse dabei der Erhalt einer sicheren individuellen Mobilität sein. Dies aber sei eine gesellschaftliche Verpflichtung.

Der Verkehrssicherheitsreport steht online unter www.dekra-roadsafety.com zum Download zur Verfügung. Dort finden sich auch sämtliche Vorgänger-Reports inklusive weitergehender Inhalte, etwa in Form von Bewegtbildern oder interaktiven Grafiken.

Das 10-Punkte-Programm

Die Forderungen und Ratschläge für mehr Verkehrssicherheit von Senioren fasst die Prüforganisation in insgesamt zehn Punkten wie folgt zusammen:

1. Ältere Menschen müssen für eine sichere Teilnahme am Verkehrsgeschehen intensiv in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit beziehungsweise Einschränkungen aufgeklärt werden.

2. Für Senioren über 75 Jahren sollten regelmäßige Rückmeldefahrten als wichtiger Beitrag zum Kompetenzerhalt verpflichtend sein.

3. Alle relevanten Akteure im Gesundheitssystem müssen dafür sensibilisiert und qualifiziert werden, ältere Menschen im Hinblick auf ihre Fahrsicherheit zu beraten.

4. Die Marktdurchdringung von Fahrerassistenzsystemen muss im Interesse der Sicherheit weiter verbessert werden.

5. Sicherheitsrelevante Funktionen im Fahrzeug sollten – unabhängig vom Fahrzeugmodell – für eine möglichst intuitive Bedienung weitgehend vereinheitlicht werden.

6. Zur Sicherung von Querungsstellen sind gerade auch für ältere Fußgänger je nach Örtlichkeit Lichtsignalanlagen, Fußgängerüberwege (Zebrastreifen), Mittelinseln oder vorgezogene Fahrbahnränder unverzichtbar.

7. Angesichts der immer häufigeren Nutzung von Fahrrädern und Pedelecs durch die Altersgruppe 65+ müssen der verkehrssichere Ausbau des Radwegenetzes und die Pflege der Radwege eine hohe Priorität genießen.

8. Vor dem Verkauf von Pedelecs sollte gerade auch bei älteren Menschen eine intensive Beratung erfolgen und die Möglichkeit bestehen, sich in Ruhe mit dem ungewohnten Fahrverhalten vertraut zu machen.

9. Um Falschfahrten auf Autobahnen möglichst zu verhindern, sind geeignete Maßnahmen erforderlich, die den Kraftfahrern helfen, sich (intuitiv) richtig und frühzeitig zu orientieren.

10. Speziell in ländlichen Regionen müssen Modelle entwickelt werden, die die Mobilität älterer Menschen erhalten, ohne auf das Fahren eines eigenen Pkw angewiesen zu sein. (fi)

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