Der 12. Allianz Autotag beschäftigte sich kürzlich im Allianz Zentrum für Technik (AZT) auch mit der Verkehrssicherheit in Städten. Hierzu hat das AZT 700 Verkehrsunfälle von Vans und Lkw mit vulnerablen Verkehrsteilnehmern im städtischen Bereich untersucht.
Unterschiedliche Unfallsituationen
Das aktuelle Unfallforschungsprojekt zeigt ein unterschiedliches Unfallgeschehen bei Lkw und Kleintransporter (Van). Die Auswertungen belegen, dass Fußgänger und Fahrradfahrer vor allem dann gefährdet sind, wenn Lkw an Kreuzungen und Einmündungen nach rechts abbiegen. "Nach Einschätzung der Allianz Unfallforscher hätte ein Drittel aller untersuchten Unfälle mit Verletzten und Getöteten vermieden werden können, wenn die Lkw-Fahrer durch eine direkte Sichtlinie die Verkehrsteilnehmer rechtzeitig gesehen hätten oder der Lkw mit einem aktiv bremsenden Abbiegeassistenten ausgestattet gewesen wäre", fasste Frank Sommerfeld, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, die wichtigste Erkenntnis der AZT-Unfallforscher auf dem 12. Allianz Autotag zusammen.
Bei Kleintransportern (Vans) lassen sich andere typische Unfallsituationen beobachten: "Bei Kleintransportern ist vor allem das Rückwärtsfahren aus Ein- und Ausfahrten, beispielsweise aus Grundstücken, risikoreich", so Sommerfeld. Jeder dritte Unfall (32 Prozent) zwischen Van und Fußgänger ereignet sich beim Rückwärtsfahren. Fahrradfahrer verunfallen in mehr als 20 Prozent der Fälle mit rechtsabbiegenden Vans – dieses Szenario ist also seltener als bei Lkw, jedoch immer noch auffällig.
Fußgänger und Radfahrer tragen zum Unfallrisiko mit bei
Die Unfallanalyse der Allianz zeigt, dass Lkw- und Lieferwagenfahrer nicht alleine für die Unfälle verantwortlich sind. In 33 Prozent der Lkw-Unfälle erhielten Fußgänger durch ihr eigenes Verhalten eine Mithaftung, bei Fahrradfahrern waren es 20 Prozent. Die Untersuchung zeigte aber, dass bei mehr Rücksichtnahme und vorausschauendem Verhalten der vulnerablen Verkehrsteilnehmer fast 80 Prozent der Unfälle mit Lkw hätten verhindert werden können.
"Gleiche Sicherheitsausstattung unabdingbar"
Von daher war es nicht verwunderlich, dass Sommerfeld eine recht deutliche Forderung aufstellte: "Die Ergebnisse unserer aktuellen Allianz Unfallforschung geben uns allen die Möglichkeit, zu entscheiden, alles zu tun, was technisch und menschlich möglich ist oder nur die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Wir sollten uns für das Beste entscheiden. Denn das Leben ist durch nichts zu ersetzen. Wir fordern deshalb, dass die Sicherheitsausstattung von Transportern und Lkw über den aktuellen gesetzlichen Standard hinausgehen muss. Transporter sollten mindestens über die gleichen Sicherheitssysteme wie Pkw verfügen, da sie die gleichen Unfallmuster aufweisen. Und Lkw-Hersteller sollten bereits verfügbare Innovationen, die zur Unfallverhütung beitragen, vollumfänglich nutzen. Dazu zählen Manövrierfenster, niedrigere Fahrerkabinen und automatische Notbremssysteme beim Abbiegen. Zudem fordern wir die EU-Gesetzgeber auf, die aktuellen Vorschriften weiter zu verbessern und beispielsweise generell aktiv eingreifende anstatt nur warnende Systeme zu fordern."
Schadenkollektiv lieferte Datenbasis
Anlässlich des Allianz Autotags 2024 mit dem Thema “Groß gegen Klein” hat das AZT ein umfangreiches Forschungsprojekt zu Unfällen zwischen Nutzfahrzeugen und ungeschützten Verkehrsteilnehmern durchgeführt. Zur Ermittlung relevanter Unfallsituationen und Ableitung von Präventionsmaßnahmen wurden aus mehr als 7.000 Kfz-Haftpflichtschadenfällen von Lkw und Vans (Schadenjahre 2020 bis 2023) mit Personenschaden der Allianz Versicherungs-AG in Deutschland 700 Innerortsunfälle mit vulnerablen Unfallbeteiligten identifiziert und detailliert analysiert. Auf der Basis dieses Schadenkollektivs konnten für die Fahrzeugkategorien Vans (leichte Nutzfahrzeuge) sowie Lkw besonders häufige Konstellationen im Unfallgeschehen identifiziert und unter anderem die im Rahmen des 12. Allianz Autotag vorgestellten Unfallvermeidungsmaßnahmen abgeleitet werden.