Plug-in-Hybride gefährden die deutschen Klimaziele. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu), des Vereins Öko-Institut e.V. und der NGO "Transport & Environment" im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Die Forscher hatten untersucht, inwieweit und warum die CO2-Emissionen von Plug-in-Hybriden (PHEV) im realen Straßenverkehr von den Normwerten abweichen und Szenarien berechnet, wie sich das auf die Klimaziele im Verkehrssektor auswirkt.
Dabei zeigte sich: Plug-in-Hybride stoßen deutlich mehr CO2 aus, als für die Berechnungen der deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 angenommen wurde. "Unsere Berechnungen zeigen, dass wir angesichts der Marktprognosen von bis zu 4,3 Millionen Tonnen zusätzlichen CO2-Emissionen im Jahr 2030 für den Verkehrssektor durch Plug-in-Hybride ausgehen müssen", erklärte Ruth Blank, Senior Researcher am Öko-Institut. Grund für den Mehrausstoß sei, dass bei bisherigen Prognosen zur Entwicklung des CO2-Ausstoßes meist nur die Emissionen nach Typgenehmigung zur Berechnung herangezogen worden seien.
Zu häufig im Verbrenner-Modus
Die entsprächen allerdings nicht der Realität, weil die Fahrzeuge in der Praxis viel häufiger im Verbrennermodus gefahren werden als bei der Typgenehmigung angenommen. Bei PHEV-Dienstwagen mit einer elektrischen Reichweite von 50 km nach WLTP liegt der elektrische Fahranteil laut der Studie im Schnitt nur bei 15 Prozent. Bei privat genutzten Pkw liege der Wert bei 50 Prozent. Für WLTP allerdings werden 75 Prozent Elektro-Anteil angenommen.
Bleibt die gegenwärtige Nutzungsstruktur bis 2030 so erhalten, resultiert das laut der Studie bei einem erwarteten Bestand von 2,6 Millionen PHEV in einem Ausstoß von 6,7 Millionen Tonnen CO2. Laut Normverbrauch dürften es aber nur 2,4 Millionen sein. Der Mehrausstoß von 4,3 Millionen Tonnen CO2 stellt das Worst-Case-Szenario dar. Gelingt es, das tägliche Laden bis 2030 zum Standard zu machen, liegen die Mehremissionen gegenüber WLTP laut Studie aber immer noch bei 800.000 Tonnen CO2 und damit über dem Ziel.
Die Berechnungen zum realen Mehrverbrauch von PHEV in der Studie beruhen unter anderem auf Untersuchungen des Fraunhofer Institute for System and Innovation research ISI und des International Council of Clean Transportation ICCT.
Mehr Ladeanreize nötig
Ursache für den gegenwärtig geringen Elektro-Fahranteil bei PHEV ist nach Ansicht der Studienautoren oftmals die fehlende Ladeinfrastruktur – etwa am Arbeitsplatz oder zuhause. Zudem gebe es oft keinen Anreiz, das Fahrzeug zu laden, weil beispielsweise der Arbeitgeber die Spritkosten des Dienstwagens übernimmt. Hinzu komme, dass Dienstwagennutzer häufig lange Strecken fahren müssen, auf denen der Plug-in mit seiner begrenzten elektrischen Reichweite kaum zum Tragen komme.
Die Studienautoren kritisieren darüber hinaus, dass die reale elektrische Reichweite im Schnitt 30 Prozent unterhalb des WLTP-Werts liege. Daneben trage der E-Motor meist nur etwa 30 Prozent zur maximalen Systemleistung bei. Dadurch werde der Verbrenner bei der Wahl sportlicher Fahrprogramme oder in dynamischen Fahrsituationen - wenn der Fahrer zügig beschleunigt – hinzugezogen, obwohl das im Hinblick auf die Akkukapazität nicht nötig gewesen wäre.
Die Studienautoren sprechen sich auf Basis ihrer Studienergebnisse dafür aus, die Förderung von Hybriden zu überprüfen. „Vergünstigungen für Plug-in-Hybride sollten an harte Kriterien für die elektrische Reichweite, die elektrische Leistung und den Nachweis einer regelmäßigen Lademöglichkeit geknüpft sein“, forderte Studienleiter Julius Jöhrens vom ifeu.
Andere Studien sehen PHEV positiver
Weniger kritisch gegenüber Plug-in-Hybriden gibt sich die vom Bund mit initiierte Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM). "Unsere Untersuchungen, die von externen Gutachtern begleitet wurden, zeigen, dass PHEV im Sinn des Klimaschutzes zur CO2-Minderung beitragen können", erläutert Henning Kagermann, Vorsitzender des Lenkungskreises der NPM. Voraussetzung sei allerdings ein elektrischer Fahranteil von mindestens 50 Prozent. Laut NPM-Zahlen liege der elektrische Fahranteil derzeit bei Privat-Pkw bei 43 und bei Dienstwagen bei 18 Prozent.
Ebenso wie das Öko-Institut und das ifeu fordert daher auch die NPM mehr Lade-Anreize zu schaffen. Beispielsweise über eine Ladekarte für Dienstwagenfahrer, die Anpassung von Umweltbonus und Innovationsprämie sowie eine Dynamisierung der Dienstwagensteuer. Zudem sei der Ausbau der Ladeinfrastruktur nötig. Das fordert übrigens auch der Verband der Automobilindustrie (VDA): "Mit steigenden elektrischen Reichweiten und einer verbesserten Ladeinfrastruktur steigt auch der Fahranteil mit Elektroantrieb", ist VDA-Präsidentin Hildegard Müller überzeugt. (aw)
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