Fahrer von Elektroautos können mit einer längeren steuerlichen Förderung rechnen. Die Bundesregierung brachte am Mittwoch ein milliardenschweres Steuerpaket auf den Weg. Ziel ist es, die immer noch schwache Nachfrage nach Elektroautos anzukurbeln. Konkret geht es um eine Verlängerung eines Steuerprivilegs für Elektro-Dienstwagen sowie um Sonderabschreibungen für Elektro-Lieferfahrzeuge. Außerdem sind steuerliche Verbesserungen bei Job-Tickets geplant. Die Autolobby begrüßte die Maßnahmen, Umweltverbände äußerten Kritik.
"Wir müssen das Klima schützen", sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in einem Video auf Twitter. "Das geht nur, wenn unsere Fahrzeuge weniger CO2 ausstoßen." Die stärkere Förderung der E-Mobilität ist auch Teil der Anstrengungen der Bundesregierung für mehr Klimaschutz. Das Klimakabinett will am 20. September ein Maßnahmenpaket beschließen.
Das Ministerium rechnet dem Vernehmen nach über die nächsten zehn Jahre wegen der steuerlichen Förderungen der E-Mobilität mit Steuermindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden in Milliardenhöhe.
Zwar sind die Neuzulassungen von E-Autos zuletzt gestiegen, sie bewegen sich aber immer noch auf einem niedrigen Niveau. Haupthemmnisse sind der vergleichsweise hohe Preis, eine bisher nicht flächendeckende Ladeinfrastruktur und eine geringere Reichweite.
Massiv mehr E-Autos in den kommenden Jahren sind aber immens wichtig, damit Autobauer strengere Grenzwerte beim Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase (CO2) bis 2030 erreichen können. Die Autoindustrie steht derzeit in einem grundlegenden Umbruch. Außerdem geht es darum, deutsche Klimaziele zu erreichen.
Dienstwagen-Sonderregel soll bis 2030 gelten
Auch über den Hebel Dienstwagen soll nun der Absatz von E-Autos gesteigert werden. Seit Anfang 2019 gibt es für Arbeitnehmer, die ihr E-Auto als Firmenwagen privat nutzen, eine Sonderregelung. Statt monatlich ein Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil zu versteuern, gilt für Elektro- und Hybridfahrzeuge nur noch ein halbierter Satz von 0,5 Prozent. Diese Regelung aber läuft Ende 2021 aus. Die Dienstwagen-Sonderregel soll nun bis zum Jahr 2030 verlängert werden. Dies soll die Planungssicherheit erhöhen. Zugleich aber sollen die technischen Anforderungen bei der elektrischen Fahrleistung erhöht werden.
Bei E-Autos als Dienstwagen galt die Regelung vor Anfang 2019 wegen höherer Anschaffungskosten für die Elektrofahrzeuge finanziell als unattraktiv. Die steuerliche Förderung zeigt bereits Wirkung, wenn auch auf einem überschaubaren Niveau: Die Neuzulassungen von Dienstwagen mit Elektroantrieb stiegen nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) im ersten Halbjahr um 58 Prozent auf rund 16.900 Pkw. Beliebt als Dienstwagen sind trotz des Abgas-Skandals weiterhin vor allem Dieselfahrzeuge.
Nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens Dataforce gab es zum Jahresanfang in Deutschland rund vier Millionen Pkw, die als Firmenwagen zugelassen waren. Davon waren rund 52.000 vollelektrisch oder Plug-In Hybride. Dienstwagen spielten beim Hochlauf der Elektromobilität eine Vorreiterrolle, so der VDA. Sie kämen bereits nach zwei bis drei Jahren als Angebote auf den Gebrauchtwagenmarkt und würden dann meist von privaten Haltern erworben.
Sonderabschreibung für E-Lieferwagen geplant
Das Finanzministerium plant daneben weitere Maßnahmen. Für die Anschaffung neuer, rein elektrisch betriebener Lieferfahrzeuge soll es von 2020 bis 2030 eine Sonderabschreibung geben. Diese soll einmalig 50 Prozent der Anschaffungskosten betragen und damit die reguläre Abschreibungsmöglichkeit ergänzen. Ebenfalls verlängert werden sollen Steuervorteile von Diensträdern. Die kostenfreie Überlassung eines Dienstfahrrades auch für private Zwecke ist für den Beschäftigten seit 2019 steuerfrei. Dies ist bisher bis Ende 2021 befristet und soll bis Ende 2030 verlängert werden.
Damit Arbeitnehmer verstärkt öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen nutzen, soll es zudem steuerliche Verbesserungen beim Job-Ticket geben. Geplant ist eine neue Pauschalbesteuerung ohne Anrechnung auf die Entfernungspauschale. Durch die neue Möglichkeit soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben werden, die Akzeptanz von Job-Tickets zu erhöhen.
Kritik an den Steuerplänen der Regierung zur E-Mobilität kam vom Umweltverband BUND. Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sagte, die Bundesregierung unterstütze weiter Fehlentwicklungen der Autobranche. So werde auch weiterhin mit Steuergeld der Kauf großer, schwerer Plug-in-SUV gefördert. Diese verbrauchten im Realbetrieb aber oft ein Vielfaches der offiziellen Angaben. Stattdessen müsse vor allem die Entwicklung leichter und sparsamer E-Autos gefördert werden.
Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus sprach von einer "Sackgasse". Die Förderung von umweltschädlichen Hybrid-Dienstwagen solle weiterlaufen. "Das ist industriepolitischer Irrsinn." Angesichts der enormen Herausforderungen im Verkehrssektor im Bereich des Klimaschutzes sei eine radikale Kehrtwende notwendig mit einer grundlegenden ökologischen Reform der Dienstwagenbesteuerung. Nur komplett emissionsfreie Autos sollten in den Genuss der 0,5-Prozent-Regel kommen. Für alle anderen Fahrzeuge sollte die Besteuerung am CO2-Ausstoß ausgerichtet werden.
FDP-Fraktionsvize Christian Dürr sagte, Scholz liefere kein nachhaltiges Konzept: "Allein die benötigten Ladestationen sind in Deutschland nicht ansatzweise ausreichend und werden bei seinem Vorschlag nicht genügend berücksichtigt."
"Handlungsbedarf" bei Aufbau der Ladeinfrastruktur
Der Chef des Energieverbandes BDEW, Stefan Kapferer, sagte, es sei ein gutes Zeichen, dass die Bundesregierung den Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität auch durch steuerliche Anreize beschleunige. Es müssten aber endlich rechtliche Hürden abgebaut werden, um die Installation von Ladesäulen am Arbeitsplatz, in Gewerbegebieten und in Mehrfamilienhäusern überhaupt zu ermöglichen.
Auch die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen, Katherina Reiche, forderte Regelungen für den Aufbau privater Ladepunkte im Wohnungsbau sowie die Förderung privater Ladeinfrastruktur. "Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf." (dpa)
Carl Berg