Die vom Abgas-Skandal betroffenen VW-Kunden müssen aus Sicht von Bundesverbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) in Deutschland dieselben Hilfen vom Konzern bekommen wie in den USA. "Ich bin optimistisch, dass es kein Gefälle zwischen amerikanischen und deutschen Kunden geben wird", sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete drohte Strafen an, sollte der tatsächliche CO2-Ausstoß von Autos aus dem Volkswagen-Konzern über den zulässigen Grenzwerten gelegen haben.
In den Vereinigten Staaten hatten VW-Kunden, deren Dieselfahrzeuge von der Affäre um gefälschte Abgaswerte betroffen sind, Gutscheine im Wert von bis zu 1.000 US-Dollar erhalten. Markenchef Herbert Diess hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, es werde "für jeden Markt ein individuelles Maßnahmenpaket" sowie "speziell zugeschnittene Lösungen" geben. Es sei noch zu früh, um über Details zu sprechen.
Die Bundesregierung werde darauf hinwirken, dass VW die bestehenden Ansprüche von Fahrzeuginhabern erfüllt, sagte Maas. "Es wäre ein wichtiges Signal, auch um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, wenn VW die Rechte auf Gewährleistungen von Verbrauchern nicht allein mit dem Argument ad acta legt, es seien Fristen verstrichen."
Verbraucherschützer pochen darauf, dass VW alle Arten von Kosten übernimmt. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, rief Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, dies per Weisung ans Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in die Wege zu leiten. Es fehle weiter eine eindeutige Erklärung von VW zum Kostenthema, heißt es in einem Schreiben Müllers an Dobrindt, das der dpa vorliegt.
Zugesagt sei bisher nur, die vom KBA angeordnete Nachrüstung von 2,4 Millionen Dieselwagen zu tragen und höhere Zahlungen von Kfz-Steuern wegen falscher CO2-Werte zu übernehmen. Völlig im Unklaren gelassen würden die Autobesitzer jedoch über Nebenkosten des Rückrufs wie Verdienstausfall, Mietwagen und geringere Wiederverkaufswerte.
EU: Strafen möglich
Auch die EU-Kommission beobachtet die Ausweitung der Skandals von Stickoxid- auf CO2-Emissionen weiterhin mit Sorge. "Volkswagen muss innerhalb der zulässigen Spanne von zehn Prozent der Emissionsrichtwerte liegen. Wenn das trotz Korrekturen so bleibt, ist alles in Ordnung", sagte Cañete dem "Handelsblatt". Anderenfalls seien Sanktionen möglich: "Dann können wir Geldstrafen verhängen."
In der vorigen Woche hatte es aus Brüssel noch geheißen, VW könnte von EU-Bußen wegen falscher CO2-Daten verschont bleiben. "Derzeit können wir nicht darüber spekulieren (...), ob es eine Überschreitung der durchschnittlichen CO2-Zielwerte für die Flotte gegeben hat", sagte eine Kommissionssprecherin. VW habe in den vergangenen Jahren Werte des klimaschädlichen Gases gemeldet, die insgesamt um etwa 10 Prozent unter dem erlaubten Flottendurchschnitt des Konzerns lagen.
Seit 2012 gibt es für Autohersteller in der EU CO2-Grenzwerte, die sie im Durchschnitt der Neuwagen ihrer Flotte einhalten müssen. Wenn diese nicht erfüllt werden, können Strafzahlungen fällig werden.
Estland kann keine Entschädigung fordern
Estland hingegen kann dem deutschen Autobauer weder eine Strafe auferlegen noch Entschädigung fordern. Dafür gebe es keine steuerrechtliche Grundlage, sagten Sprecher des Finanz- und Wirtschaftsministeriums am Dienstag in der Hauptstadt Tallinn. Estland erhebe keine Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge. Daher seien keine direkten finanziellen Schäden entstanden, hieß es der Agentur BNS zufolge. Nach Angaben der Behörden gibt es in dem baltischen EU-Mitgliedsstaat rund 19.000 Fahrzeuge, die mit der manipulierten Software ausgestattet sind. Sie sollen Anfang nächsten Jahres zurückgerufen werden. (dpa)
Steffen