Ziel der Veranstaltung: Austausch aller Protagonisten der Hagelszene zu den unterschiedlichsten Themen der Elementarschaden-Abwicklung – auf neutralem Terrain, wettbewerbsübergreifend und ohne Marktanteilsranking. Zusammen mit der SchadenBusiness-Redaktion unter Leitung von Walter K. Pfauntsch ging es in der ganztägigen Veranstaltung, die ausschließlich tatsächlichen Markt-Akteuren vorbehalten war, um "worst-case"-Szenarien ebenso wie um "best-practise"-Beispiele und mögliche Kompromiss-Lösungen.
Brennpunkt Hagel-Stationen
Der Tag sah darüber hinaus Dialogrunden sowie Workshops vor, aus denen heraus neue Ansätze für künftig noch reibungslosere Abläufe im Sinne bestmöglicher Kundenorientierung erörtert wurden. Erwartungsgemäß nahm dabei auch die Diskussion um die Besichtigungshallen (Hagelstationen) breiten Raum ein, nicht zuletzt, weil hier für Dienstleister hohe Kosten im Spiel und eine Menge Services auf unterschiedlichen Ebenen zu leisten sind. Art und Ausgestaltung der Services standen demgegenüber eher im Hintergrund, was in erster Linie daran liegt, dass die an dem Symposium Beteiligten allesamt Experten auf ihrem Gebiet waren, die ihr Geschäft seit vielen Jahren betreiben und en Detail kennen.
Meist kommt nicht ein regionaler Schaden alleine...
Bereits in der großen Auftaktrunde wurde ersichtlich, dass 2019 ein für alle Beteiligten herausforderndes Jahr war: Der Pfingstmontagshagel im Münchner Westen, den dort angrenzenden Landkreisen und eine Vielzahl weiterer, zeitlich paralleler bzw. zeitnaher Hagelereignisse, die obendrein noch deutschlandweit verteilt waren, forderten die Schadenverantwortlichen und Sachverständigen der Versicherungswelt. Gleiches galt für die SV großer Verbände und Organisationen. Nicht zu vergessen natürlich die Dellentechniker der unterschiedlichsten Hagelschaden-Dienstleister, die sich sowohl in der Metropolregion München, als gleichzeitig an zahlreichen anderen Orten bundesweit mit ihren Ausbeulteams aufstellen mussten.
Die weltweit agierenden Dienstleister
Welcher logistischen Gesamtleistung das Handling eines richtig schweren Hageljahres bedarf, wurde anhand derjenigen Unternehmen deutlich, die auch außerhalb Deutschlands in Europa oder gar auf anderen Kontinenten beschädigte Kraftfahrzeuge instandsetzen. In der aktuellen Runde beim 1. Münchner Hagel-Symposium waren dies beispielsweise Dent Wizard, die DRS Group, KhS Know-how Systems, das PDR-Team und CSI Catastrophe Solutions International. Zu ihren Einsatzgebieten als "Taskforce" und Reparateur über Wochen und sogar mehrere Monate hinweg zählten u.a. auch Frankreich, Australien und die USA.
Alle gefordert: Börsen, Aktionäre, Glaser, Fahrzeugverleiher
Bei gleichzeitig großen Schadenfällen in unterschiedlichen Regionen selbst hierzulande sind zudem die Restwertbörsen, Fahrzeug-Auktionäre und sogar die Autoglas-Dienstleister wie Carglass, junited AUTOGLAS oder Wintec stark gefordert. Auch für sie war München 2019 eine besondere Herausforderung. Ähnliches gilt für die Mietwagen-Unternehmen, was Sixt auf dem Hagel-Symposium besonders deutlich machen konnte. Die in Pullach bei München ansässige Firma besitzt mit ihrem Replacement-Management einen eigenen Geschäftsbereich, der speziell auf Ersatzwagen-Angebote für die Versicherungs- und Instandsetzungsbranche ausgerichtet ist.
Optimierungen sind möglich
Das Münchner Hagel-Symposium gestaltete sich für alle Teilnehmer höchst informativ, kurzweilig und brachte durchaus neue Erkenntnisse und Ansätze, wie ohne Einbußen an Service, Qualität oder Kundenzufriedenheit sogar Zeit- und Kostenaufwände weiter reduziert werden können. Digitalisierung, Einsatz von Hagelscannern, aber auch der hohe Wert der persönlichen Kundenbetreuung blieben in den Workshops nicht außen vor.
20.000 Kfz-Hagelschläge gehen nicht "en passant"
Dass sogar die Kfz-Assekuranz personell nicht einfach mal 20.000 regionale Hagelschäden "en passant" neben dem täglichen Unfallschadengeschäft wegstecken kann, wurde aus den Erläuterungen der Allianz deutlich. An Pfingsten und danach habe sich aber das zu Jahresbeginn neu eingeführte "funktionale Modell", bei dem Großereignisse bundesweit gesteuert und Schadenmitarbeiter aus ganz Deutschland rekrutiert werden können, bereits bestens bewährt. Der Toyota-eigene Versicherer Aioi machte deutlich, dass er mit der Schadenbearbeitung in seinen Händlerbetrieben gut zurecht kam und das Modell beibehalten werde.
... und auch keine mehr als 30.000 Gebäudeschäden
Neben rund 5.500 Kfz-Schäden war dagegen die Versicherungskammer Bayern mit einer hohen Zahl von über 30.000 Hagelschäden an Gebäuden extrem belastet. Sie bedient sich im Regulierungsgeschäft der Erfahrung zahlreicher freier Sachverständiger und SV-Organisationen, mit denen sie dem Vernehmen nach seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet.
"Wollen künftig zu klaren Resolutionen kommen"
"Wir begleiten von unserer Redaktion her seit über einem Vierteljahrhundert Ihr Geschäft, waren in den 1990er Jahren mit Ihnen und teils auch bereits Ihren Vorgängern in die Standardisierungsprozesse mit involviert und kennen Ihr Geschäft deshalb sehr präzise. Mit der heutigen Veranstaltung wollen wir erstmals wirklich alle Protagonisten der gesamten Szene zu einem fachübergreifenden Austausch zusammenbringen und damit einen aktiven Beitrag zu einem neuen Gesamtverständnis leisten. Wenn es uns gelingt, damit künftig Empfehlungen zu erarbeiten, wie idealerweise die nächstfolgende Hagelsaison noch besser gehandelt werden kann, hätten wir eine Menge erreicht", so Walter K. Pfauntsch, Gastgeber und Moderator des Münchner Hagel-Symposiums zusammenfassend.
Credo für eine Reparaturqualität made in Germany
Gemeinsam mit Michele Tancredi, dem Leiter Werkstattmanagement des Schadensteuerers Riparo, der kurzfristig am Besuch des Münchner Hagel-Symposiums verhindert war, forderte Pfauntsch auch ein klares Bekenntnis für "Reparaturqualität made in Germany" ein. Mit anderen Worten: Instandsetzungs-Komplettpauschalen von 300 Euro pro beschädigtem Fahrzeug inklusive Nachlackierung (!) können keine Blaupause für den deutschen Markt sein, da weder die Fahrzeughalter, noch die leistungspflichtigen Versicherer, noch die Dienstleister damit am Ende auch Freude hätten.
"70 Euro für ein anschließendes Schrottauto geht gar nicht"
Das Beispiel hatte einen konkreten Hintergrund, nämlich den Türkei-Hagel 2017 in Istanbul. Bei diesem wurden anschließend eine Vielzahl der Aufträge weitergegeben an Subunternehmer, die keiner der Symposiums-Teilnehmer in Deutschland sehen möchte: Sie hatten nämlich die ohnehin bereits zu niedrig taxierten 300-Euro-Aufträge am Ende für 70 Euro "erledigt" – und die Fahrzeuge damit gleich mit. "Wenn die Autos danach – von wem auch immer – zurückgekauft und meist direkt verschrottet werden müssen, hat das mit seriöser Handwerksarbeit und professioneller Schadensregulierung absolut nichts mehr zu tun, also Finger weg", warnte Walter K. Pfauntsch mit besonderem Nachdruck.
Mehr zu den Themen und Ergebnissen des 1. Münchner Hagel-Symposiums können Sie übrigens nachlesen in der Jahresschlussausgabe des AUTOHAUS-Magazins HagelBranche, das am 20. Dezember erscheinen wird. Es soll dem Markt auch eine aktuelle Orientierung sein, welche Versicherer und Dienstleister wie für die Hagelsaison 2020 aufgestellt sind. (oh)