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Kleinstwagen: Eine aussterbende Art

12.02.2021 13:37 Uhr
Das Angebot im Segment der Kleinstwagen ist zuletzt stark geschrumpft.
© Foto: Renault

Kleinstwagen mit einem Listenpreis unter 10.000 Euro sind mittlerweile selten. Abgas- und CO2-Auflagen machen die Mini-Mobile für Hersteller und Kunden zunehmend unattraktiv. Die beste Überlebenschance heißt E-Mobilität.

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von Holger Holzer/SP-X

Lange Jahre bildeten sie die Basis der deutschen Auto-Mobilität: die Kleinstwagen. Zuletzt sind Angebot und Nachfrage in dieser Klasse kräftig geschrumpft. Die einst üppige Auswahl beschränkt sich mittlerweile auf ein halbes Dutzend Modellfamilien. Die aber haben durchaus noch etwas zu bieten. Eine Übersicht.  

Knapp 145.000 Fahrzeuge der kleinsten Klasse sind 2020 neu zugelassen worden - fast 90.000 weniger als im Vorjahr. Die schwache Nachfrage hat auch mit der Corona-Pandemie zu tun, aber die eigentlichen Ursachen liegen tiefer: Für die Hersteller werden die renditeschwachen Mini-Modelle immer unattraktiver. Der eh schon geringe Erlös ist zuletzt vor allem durch die Verschärfung der Abgasnorm noch einmal unter Druck geraten. Die macht zusätzliche Technik nötig, für die jedoch die Zahlungsbereitschaft bei der preissensiblen Kundschaft fehlt.  

Paradoxerweise setzt außerdem der politische Druck zur CO2-Reduzierung den eigentlich ressourcen-schonenden Kleinstautos zu. Denn sie müssen rein rechnerisch relativ ambitionierte EU-Zielwerte erreichen. Auch beispielsweise im Vergleich zu SUV, die dank eines Gewichts-Bonus deutlich mehr Klimagas emittieren dürfen. Spritspartechnik wie sie ab der Kleinwagenklasse mittlerweile Standard ist, ist für die darunter angesiedelten Kleinstwagen jedoch zu teuer. In der Konsequenz drohen die Minis, ihren Herstellern die gute Klimabilanz zu vermasseln. Einige Marken haben daher ihre Einstiegsmodelle gleich komplett auf E-Antrieb umgestellt – der fließt in die CO2-Bilanz mit dem Wert null ein.  

Viele Kleinstwagen werden rein elektrisch

Die Elektro-Strategie hat vor allem der VW-Konzern gewählt, der das Trio VW Up, Seat Mii und Skoda Citigo mit E-Antrieb anbietet. Der in dem Trio verbaute Motor kommt auf 61 kW/82 PS und 210 Nm, die 32,2 kWh große Batterie ermöglicht Reichweiten bis 260 Kilometer. Das Portfolio unterscheidet sich allerdings im Detail: Während der Citigo nur elektrisch zu haben, aber aktuell nicht bestellbar ist, gibt es den Elektro-Mii zwar, aber lediglich in einer Variante mit Quasi-Vollausstattung (ab 24.650 Euro).

Der VW Up ist der einzige der drei, der außer mit E-Antrieb auch noch mit einem 48 kW/65 PS starken 1,0-Liter-Dreizylinderbenziner zu haben ist. Auch eine Erdgasvariante mit 50 kW/68 PS steht zur Verfügung. Die Preisliste startet bei 13.374 Euro, die E-Ausführung gibt es ab 21.980 Euro – ein Unterschied, der durch den Umweltbonus egalisiert wird. Im vergangenen Jahr wählte daher jeder vierte Kunde den Stromer – bei kürzeren Lieferzeiten oder besserer Verfügbarkeit wären es wohl noch mehr gewesen. Wie die Bestell- und Liefersituation dieses Jahr aussieht, bleibt abzuwarten.  

Ebenfalls konsequent auf Elektrifizierung setzt Smart. Die Daimler-Tochter hat die Verbrenner bereits 2019 gestrichen und bietet sowohl den zweisitzigen Fortwo als auch den Viersitzer Forfour nur noch elektrisch an. Als Antrieb fungiert ein 60 kW/82 PS starker E-Motor, die Reichweite fällt mit 153 Kilometern selbst für ein reines Stadtauto eher knapp aus. Der Preis im Gegenzug mit 21.940 Euro für den Zweisitzer vergleichsweise üppig.  

Etwas günstiger fallen die Kosten in Relation zur Fahrzeuggröße beim Viersitzer Forfour aus, der für mindestens 22.600 Euro angeboten wird. Dessen größte Konkurrenz ist jedoch der weitgehend baugleiche Renault Twingo Electric, der mit einem Startpreis von 21.790 Euro nicht nur günstiger ist, sondern auch noch die größere Batterie und damit die bessere Reichweite (190 Kilometer) bietet. Den kleinen Franzosen gibt es auch noch konventionell angetrieben, mit Leistungswerten zwischen 48 kW/65 PS und 68 kW/93 PS sowie Preisen ab 11.490 Euro.  


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Parallel zum bereits seit 2007 gebauten konventionellen Fiat 500 gibt es den Retro-Mini seit diesem Jahr auch als technisch und optisch eigenständiges E-Mobil, das aber mit gewohnt niedlichem Design aufwartet.
© Foto: Fiat

Fiat fährt beim 500 zweigleisig

Eine spezielle Kleinstwagen-Strategie fährt Fiat. Die Italiener spalten ihre 500er-Baureihe auf: Parallel zu dem bereits seit 2007 gebauten konventionellen Modell (ab rund 14.000 Euro) gibt es den Retro-Mini seit diesem Jahr auch als technisch und optisch eigenständiges E-Mobil, das aber mit gewohnt niedlichem Design aufwartet. Neben dem klassischen Dreitürer gibt es auch ein Modell mit einer zusätzlichen einzelnen Fondtür und neben der 70 kW/95 PS starken Basisvariante mit 180 Kilometern Reichweite ist alternativ das 87 kW/118 PS starke Standardmodell mit bis zu 480 Kilometern Reichweite zu haben. Entsprechend groß ist die Preisspanne – sie reicht von mindestens 23.560 Euro für die schwächere Variante bis zu mindestens 27.560 Euro für die stärkere.  

Der Kunde profitiert von den Elektrifizierungs-Strategien der Hersteller. Denn die neuen Antriebe heben die Kleinstautos spürbar auf ein neues Komfort-Niveau. Vor allem der leise und vibrationsarme Lauf steht in erfreulichem Kontrast zu den typisch rauen und schlecht gedämmten Dreizylindern in dieser Klasse. Dazu kommen das konzeptbedingt vorhandene Automatikgetriebe und die immense Antrittsschnelligkeit der kleinen Autos. Auf der Gegenseite finden sich die Kosten: Trotz Umweltbonus sind die lange Zeit im Mini-Segment nicht unüblichen Anschaffungspreise im vierstelligen Bereich nicht mehr machbar. 

Das gilt allerdings auch für die (noch) nicht elektrifizierten Modellreihen. Jüngster Vertreter dieser vom Aussterben bedrohten Klasse ist der Hyundai i10, der selbst in der günstigen Lock-Version mindestens 11.000 Euro kostet. Wer Klimaanlage und Radio will, zahlt bereits 13.400 Euro für 49 kW/67 PS. Das ist schon fast Kleinwagenniveau – welches der Koreaner beim Platzangebot im Innenraum allerdings auch fast schon erreicht. Das gilt in etwas abgeminderter Form auch für den entfernt verwandten Kia Picanto, der zudem mit identischen Antrieben daherkommt und mit einem Startpreis von 10.750 Euro aktuell zu den günstigsten Modellen auf dem deutschen Markt zählt. Unter die einst magische 10.000-Euro-Grenze kommt aber selbst die mager ausgestattet Picanto-Basis nicht.  

Kaum Modelle unter 10.000 Euro

Elegant unter der Hürde durch fährt aktuell der Mitsubishi Space Star – allerdings auch nur, weil der Importeur im Rahmen einer – bis auf weiteres laufenden - Sonderaktion 2.000 Euro vom 11.990 Euro hohen Listenpreis runtergeht. Da auch bei diesem Niedrigpreis die Ausstattung ordentlich ausfällt, ist der Japaner einer der letzten wirklichen Spar-Tipps in dieser Klasse.  

Für das franko-japanische Trio Toyota Aygo (ab 11.200 Euro), Peugeot 108 (ab 10.950 Euro) und Citroen C1 (ab 9.990 Euro) gilt das nur noch bedingt. Unter ihnen erreicht nur noch einer einen vierstelligen Wert, und das auch nur mit extremer Verzichts-Bereitschaft, was die Ausstattung angeht. Dazu kommt: Wie lange es das immerhin schon seit 2014 in der aktuellen Form gebaute Trio noch geben wird, ist unklar. Eine Neuauflage im Dreierbund wirkt aktuell eher unwahrscheinlich; zumindest der Toyota könnte über 2022 hinaus eine Zukunft haben, möglicherweise als Kooperationsprojekt mit Daihatsu und Suzuki. 

Ähnlich offen scheint die Zukunft des schon seit 2011 gebauten Fiat Panda, des praktischen und billigen Technikbruders des Fiat 500. Anders als dieser erhält der Hochdach-Mini zunächst keinen modischen E-Antrieb, verfügt seit kurzem aber immerhin über einen 51 kW/70 PS starken Mild-Hybrid-Benziner und Gas-Motoren – und als einziger im Segment über Allradantrieb. Die Italiener kaschieren zudem das fortgeschrittene Alter des Modells aktuell gekonnt mit Lifestyle-Chic im Crossover-Stil. Allerdings führt das Style- und Modernisierungsprogramm auch zu höheren Preisen: unter 11.700 Euro ist der Fünftürer, der noch vor wenigen Jahren um den Titel des günstigsten Autos in Deutschland kämpfte, nicht mehr zu haben.  

Wer einen echt günstigen Kleinstwagen sucht, sollte sich nicht mehr allzu viel Zeit mit dem Kauf lassen. Das Preisniveau dürfte künftig eher nach oben als nach unten gehen. Attraktive Modelle auf einem Level von rund 10.000 Euro sind zunehmend selten. 

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KOMMENTARE


Dominik Müller

15.02.2021 - 14:26 Uhr

Von wegen in Zukunft werden Kleinstwagen nicht mehr unter 10 000 Euro zu haben sein! Die Elektromobilität wird schon in wenigen Jahren dank seiner sehr einfachen Grundtechnik die Möglichkeit bieten, sehr günstige Kleinfahrzeuge zu produzieren. In China sind bereits Fahrzeuge unter 8 000 Euro erhältlich. Ich bin überzeugt, dass diese Fahrzeugklasse mit der nächsten Batteriegeneration wieder mächtig Fahrt aufnehmen wird.


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