Das Gebrauchtwagenbusiness ist aktuell geprägt von einer starken Nachfrage und wenig Ware. Die Verknappung des Angebots aufgrund der Lieferschwierigkeiten bei Neuwagen sorgt für gute Preise am Markt bei kürzeren Standtagen. Dadurch ergeben sich Chancen für die GW-Händler, die es zu nutzen gilt, um den Ertrag zu steigern. Eine Auswertung der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) zeigt beispielhaft: Ein typischer drei Jahre alter Benziner ist 30,1 Prozent teurer als ein vergleichbares Fahrzeug ein Jahr zuvor.
Dennoch ist der Handel mit Herausforderungen konfrontiert. Wer erfolgreich auf dem Markt agieren möchte, muss strategisch vorgehen. Denn nur wer das Remarketing beherrscht und die richtigen Zukaufquellen ausschöpft, erzielt noch bessere Erträge.
Lösungen für den Gebrauchtwagen-Handel
Durch die Hybridveranstaltung zum Thema Zu- und Verkauf von Gebrauchtwagen führte am Mittwoch AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel aus dem Verlagsstudio in München. Elf Branchenvertreter und -experten präsentierten den rund 150 interessierten Teilnehmern, wie erfolgreiche Konzepte und Lösungen für den GW-Handel aussehen können. Im Fokus standen vor allem digitale Plattformen und Lösungen.
AUTOHAUS Kongress - Gebrauchtwagen Zu- und Verkauf
BildergalerieDigitale Plattformen sind die Zukunft
Der erste Berührungspunkt mit Kunden findet inzwischen in den meisten Fällen über digitale Plattformen statt. Daher sind gut durchdachte Digitalstrategien, die einfache und unkomplizierte Abwicklungen ermögliche, für den Handel unerlässlich. In vier Vortägen wurden verschiedene digitale Lösungen vorgestellt:
Zwei digitale Lösungen – den BCA Personal Shopper sowie die B2B-Vermarktung PLUS –, die individuell auf die Kunden abgestimmt sind, stellte Andreas Bank, Director Sales bei BCA Autoauktionen, den Teilnehmern vor.
Oliver Kosan, Head of Account Management bei Auto1 empfahl den Teilnehmern aufgrund der dynamischen Marktentwicklungen ein zentralisiertes Team für den digitalen Zukauf aufstellen, sodass schnell mit Zu- und Verkäufen reagiert werden kann. "Die Preise sind auf beiden Seiten hoch", sagte Kosan. Den "großen Schnapper zu machen ist gerade schwer".
Vor dem Problem schnell und flexibel reagieren zu können, stand auch Frieder Bayer, kaufmännischer Leiter beim Autohaus Bayer. CarOnSale hat das Authohaus bei der Digitalisierung des Gebrauchtwagengeschäfts begleitet. Die Umstellung auf einen schlanken dynamischen Ablauf sowie digitale Preisverhandlungen habe gerade einmal acht Stunden gedauert, erklärte Maximilian Schilling, Chief Commercial Officer CarOnSale.
Laut Stefan J. Gaul, Digital Expert der Gaul Company, dürfen auf der digitalen Ankaufstrecke aber auch analoge Prozesse nicht vernachlässigt werden. Seine Erfahrung zeigt, dass Kunden ihre persönlichen Daten online nicht gerne preisgeben und ohne direkte Ansprache durch den Händler vor dem Verkauf wieder abspringen.
Auf den Prüfstand stellen
Tipps zur Bestandoptimierung von Gebrauchtwagen hatte Andreas Schur, Consultant/Trainer bei TÜV SÜD Auto Plus, im Gepäck. "Im Einkauf liegt der Gewinn. Und wer zu teuer einkauft, macht keinen Gewinn", so Schur. Neben guter Planung sei eine Analyse des eigenen Bestands, der Marktsituation und der Kundenwünsche die Grundlage für die Bestandsoptimierung.
Esther Unger, Head of Sales bei RMS Automotive und Manheim Express, bekräftigte die Worte von Schur. Es sei wichtig, Prozesse zu planen, sagte sie in ihrem Vortrag. Zudem betonte Unger, wie auch schon ihre Kollegen zuvor, die Wichtigkeit digitaler Vernetzung über Plattformen. Die B2B-Gebrauchtwagen-Vermarktung über Plattformen sei lukrativer, da mit einem großen Netzwerk mehr Menschen erreicht und so höhere Preise erzielt werden könnten.
Ertragreicher Ankauf durch digitale Strukturen
Den ersten öffentlichen Auftritt hatte das Start-up Sell-from-home. Tobias Schmitt, Leiter Organisation und Prozesse, erläuterte, wie Autohäuser mittels Softwaretechnologie erfolgreicher Fahrzeuge ankaufen. Die C2B-Beschaffung scheitere oft daran, dass es noch keine digitalen Prozesse gebe.
Peter Gawron, Head of Business Development Management bei Autorola, referierte darüber, wie sich mit Inzahlungnahmen gezielt Umsatz und Ertrag steigern lässt. Auch er kritsierte die fehlende Digitalsierung. Durch auf das Unternehmen abgestimmte Prozessmanagementsysteme könnten Händler hingegen nachhaltigen Erfolg erzielen.
Zum Abschluss stellten Marc Berger, Geschäftsführer, und Steffen Müller, Senior Key Account bei AUTOproff, ihr Geschäftsmodell in einem interessanten Interview mit Thomas Kummich, Geschäftsführender Gesellschafter des Autohauses Kummich, vor.
E-Gebrauchte sind die Zukunft
Ein Thema, das immer wieder am Rand aufkam und laut Kosan genug Stoff für eine eigene Veranstaltung bieten würde: Gebrauchtwagen mit hybridem oder rein elektrischem Antrieb. In skandinavischen Ländern sowie Portugal und Holland sind E-Gebrauchte durch politische Anreize schon stark gefragt. 85 Prozent der E-Gebrauchten werden zurzeit in diese Länder verkauft. Dadurch, dass die Politik in Deutschland nicht die richtigen Anreize setze und lediglich Neuwagen mit Batterie fördert, sei die Nachfrage hier kaum vorhanden, erklärte Andreas Bank. Bank und Kosan sehen den Trend in Zukunft jedoch auch in Deutschland. Bank rät: "Beschäftigen Sie sich mit dem Thema, seien Sie vorbereitet, wenn sich die Politik ändert."
Der AUTOHAUS Kongress – "Die erfolgreichsten Konzepte für den Gebrauchtwagen Zu- und Verkauf" wurde unterstützt von AUTOproff, Manheim Xpress, BCA, CarOnSale, Auto1.com, Autorola und SellFromHome. Mehr zum dem Online-Event lesen Sie in Ausgabe 13/2022. Die Aufzeichnungen aller Vorträge finden Sie zudem auf AUTOHAUS next.